Noch in der Nacht auf Mittwoch, nach dem Sieg im Semifinale flog Italiens Tross nach Florenz zurück. Bereitete sich dort bis Samstag im Trainingszentrum Coverciano auf das Duell gegen England vor. Für den Teamchef Robert Mancini und Delegationschef Gianluca Vialli wird es ihr zweites Endspiel in Wembley sein. Das erste verloren sie als Stürmerduo von Sampdoria Genua 1992 in der Champions League gegen den FC Barcelona 0:1. Daher haben sie mit Wembley noch eine Rechnung hoffen, die sie Sonntag begleichen wollen. Der Siege gegen Österreich und Spanien in Wembley hatten nicht die Dimension wie einer im Endspiel. Das wäre das 34. Spiel der Squadra Azzura hintereinander ohne Niederlage. Wer hätte das Mancini zugetraut, als er 2018 den Job übernahm? Im Jahr, als Italien bei der Weltmeisterschaft fehlte?
Mancini scharte nur ehemalige Stars um sich in seinen Staff. Als Assistenten Alberto Evani, früher Stammspieler bei Milan und WM-Finalist 1994. Oder Gabriele Oriali, Weltmeister von 1982, Mitspieler von Herbert Prohaska bei Inter Mailand, bis heute mit ihm befreundet. In der zweiten Reihe der Assistenten ist mit dem ehemaligen Flügelflitzer Attilio Lombardo noch einer mit Sampdoria-Vergangenheit. Fausto Salsano spielte 16 Jahre bei Juventus. Der jüngste ist die 37-jährige AS Roma-Ikone Daniele de Rossi, Weltmeister von 2006, 117 facher Teamspieler. 2019 kam Vialli nach neunmonatiger Chempotherapie gegen ein Bauchspeicheldrüsen-Karzinom dazu. Heute gilt Vialli als tumorfrei. Auf jeden Fall hat Italien das bestangezogene Trainerteam der Europameisterschaft, das an eine italienische Fashion-Week erinnert: Helles Sakko von Armani, weißes Hemd, dunkle Krawatte, dunkelblaue Hose, lackierte Lackschuhe. Am Bild oben getragen von Vialli (mit Kappe), Mancini und Oriali.
So wie in England ist auch in Italien die Euphorie groß. Es ist eine Art eigene Auferstehung nach all den Entbehrungen und Problemen im Zuge der Pandemie. „Wir treten über den Haupteingang ins Paradies ein“, prophezeite die Corriere della Sera“. Die rosa Fußballbibel, die „Gazzetta“ beschwor Trainer und Spieler sowie wie bisher auch gegen England „senza paura“, also ohne Angst zu agieren. Denn Mancinis Mannschaf kann beides: Offensiv glänzen oder noch immer mit Catenaccio Beton anrühren. Und es wäre nicht Italien, gäbe es nicht auch wüste Verschwörungstheorien. Auch für die war die „Gazzetta“ zuständig. Der UEFA wäre mehr an England als an Italien als Europameister interessiert. Weil Briten-Premier Boris Johnson mitgeholfen habe, die auch aus Italien, von Juventus-Boss Andrea Agnelli mitinitiierte Europa League, zu verhindern. Als Dankeschön soll es von der UEFA den EM-Titel geben.
Foto: Federazione Italiana.