Winterkönig zu sein, das gilt bei den Ansprüchen bei Red Bull Salzburg fast schon als Selbstverständlichkeit. Vier Tage nach dem vielen Applaus beim Scheitern in der Champions League gegen den FC Liverpool fehlte aber nicht viel zur ersten Niederlage in dieser Bundesligasaison, mit der Salzburg vermutlich auch nicht Winterkönig geworden wäre. Patson Daka rettete knapp vor Schluss, in der 85.Minute, mit dem Ausgleich zum 2:2 (1:1) bei Hartberg einen Punkt, der reichte, um bis Februar Erster zu bleiben- Aber wirklich freuen konnte sich bei Salzburg niemand darüber. Der Ärger war größer, auch wenn Trainer Jesse Marsch nachher meinte: „Wir haben den Punkt, den wir brauchten. Und das ist okay.“ 18 Runden ohne Niederlage, das kann sich sehen lassen.
Der Ärger lag in erster Linie an der roten Karte, die Referee Manuel Schüttengruber nach 16 Minuten Majeed Ashimeru für ein Allerweltsfoul an Rajko Rep zeigt. Da hätte es Gelb sicher getan. So musste der Tabellenführer 78 Minuten lang in Unterzahl spielen. Schüttengruber ist dafür bekannt, man könnte fast sagen berüchtigt, bei jedem Spiel, das er pfeift, Entscheidungen zu fällen, die für Kopfschütteln sorgen. Salzburgs Sportchef Christoph Freund nannte es höflich sehr, sehr eigenartig, was Schüttengruber „veranstaltete“. Hartbergs Trainer Markus Schopp lehnte es vor den „Sky“-Kameras ab, sich mit Schüttengrubers Entscheidungn zu beschäftigen. Marsch fand dies nachahmenswert, machte es Schopp nach.
Schüttengruber schied noch vor der Pause mit einer Wadenverletzung aus, für ihn übernahm der vierte Mann, Markus Hameter. Auch der nervte die Salzburger Bank, ohne schwere Fehler zu begehen. Hameter zeigte Marsch und Assistent Fränky Schiemer für ihre Aktionen die gelbe Karte. Möglicherweise nervte beide die Tore, die Salzburg kassierte, mehr. Dabei machten es der Meister den Steirern durch Eigenfehler viel zu leicht. Zunächst einmal der für den Dänen Rasmus Kristensen als Rechtsverteidiger aufgebotene Albert Vallci mit zwei in einer Aktion. Das nutzte Rep zum 1:0. Nach der Pause patzte auch Max Wöber mit einem Fehlpass, auf den ein Foul von ihm im Strafraum an Lukas Ried folgte. Dario Tadic nützte die Elferchance zum 2:1. Aber zweimal gelang Salzburg der Ausgleich: Zunächst durch einen Freistoß von Zlatko Junuzovic, dann durch Daka. Es war Schadenbegrenzung bei ständiger optischer Überlegenheit in Unterzahl.
Marsch, der nach der Pause Dominik Szoboszlai und Enock Mwepu von der Bank brachte, hatte nur noch 16 Spieler zur Verfügung. Erling Haaland fiel verletzt aus, auch Takumi MInamino und Hee Chan Hwang fehlten. Ein Vorgriff auf das Frühjahr, wenn man den vielen Transfergerüchten glauben darf? Den Abgang von Minamino nach fünf Jahren in Salzburg zum FC Liverpool, der Samstag den Letzten Watford an der Anfield Road durch einen Doppelpack von Mo Salah 2:0 bezwang, kündigte Freund in Hartberg fast an, bezeichnete es als herausragende Geschichte und Auszeichnung, wenn der Champions League-Sieger und Tabellenführer der Premier League einen Spieler von Salzburg holt. Das kann man durchaus so sehen. Bei Haaland glaubt er weiter daran, dass er auch im Frühjahr für Salzburg auf Torjagd geht. Aber so richtig überzeugend klang das nicht mehr. Darum kam zum Ärger auch etwas Wehmut. Keine guten Aussichten für das Frühjahr, wenn man bedenkt, dass der Sieg in der Europa League seit Dienstag als neues, großes Saisonziel gilt.
Mehr zum Jubeln hatte verständlicherweise Hartberg. Präsidentin Brigitte Annerl war nach Schlusspfiff kaum zu bremsen. Schopp sah es etwas differenzierter: „Sicher ist es für Hartberg hervorragend, einen Punkt gegen Salzburg zu holen. Aber wenn wir besser verteidigen, wäre sogar mehr möglich gewesen.“