Mit Transfereinnahmen um die vier Millionen Euro wie Günter Kreissl, sein Kollege bei Sturm Graz, kann Rapids neuer Sportchef Fredy Bickel nicht rechnen. Es ist auch ein Unterschied: Sturm wollte weder Umos Matic noch Bright Edomwonyi verkaufen, kommunizierte die Bereitschaft dazu zumindest nie nach aussen. Bickel hingegen hielt mit seinem Plan, den Kader auf 25 Mann verkleinern zu wollen, nicht zurück. Bis zum Abflug ins spanische Trainingslager Benidorm wollte er dies schaffen. Also hat der Schweizer für Transfer-Heldentaten nur noch neun Tage Zeit.
Es bedeutete sicher keine Überraschung, das der 19jährihe Stürmer Max Entrup im Frühjahr nicht mehr zum Kader zählt. Selbst wenn dank Tomis im N0belbezirk Döbling ansässigen Berateragentur Reza Sports Consulting der Wechsel des 32jährigen Spaniers zu Irans Tabellenführer Persepolis Teheran (übrigens der erste Klub, dem Zoran Barisic nach seiner Beurlaubung von Rapid absagte) klappt, ändert das nichts an der verzwickten Lage in Grün-Weiß. Dann ist der Kader noch immer um drei Mann zu groß. Die Offensivhoffnung Kelvin Arase, der Sonntag seinen 18. Geburtstag feiert, bleibt dabei, der 20jährige Mittelfeldspieler Osarenren Okungbowa, der beim 1:2 gegen Sturm Graz in der ersten Hälfte sein Bundesligadebüt feierte, dann nicht mehr zum Zug kam, ebenso. Auf den 22jährigen hält Trainer Damir Canadi zurecht große Stücke.
Guter Rat ist also teuer. Torhüter Jan Novota, dem man bereits im Herbst eröffnete, keine Perspektive mehr zu haben, besitzt einen Vertrag bis 2018, der kroatische Stürmer Matej Jelic, der sicher auch zu den Streichkandidaten zählt, noch ein Jahr länger. Selbst wenn MSK Zilina, der slowakische Klub, von dem Jelic nach Hütteldorf wechselte, bei dem er slowakischer Schützenkönig war, die Tore erzielte, die er in Österreich schuldig blieb, ihn auf Leihbasis übernehmen würde, müsste Rapid einen Teil des Jelic-Gehalts weiter zahlen. Das ist noch die kostengünstigere Variante. Ansonst bleibt Bickel nur die Alternative, beiden die Verträge auszuzahlen und die kostenlose Freigabe zu geben. Wobei er auch auf den Goodwill der Spieler angewiesen ist, dass die auf die Vertragsauflösung einsteigen. Canadi ist das bewusst.
Diskutieren kann man darüber, ob Rapid fünf Innenverteidiger braucht. Christopher Dibon steht noch bis Juni 2020 unter Vertrag, bei Canadi eine Schlüsselrolle, um sein einzig realistisches Saisonziel, Rapids ersten Cupsieg seit 1995, schaffen zu können. Mario Sonnleitner kam bei Canadi wieder zum Zug, Christoph Schößwendter wurde erst letzten Sommer verpflichtet. Sowohl bei Max Hofmann (23) als auch Max Wöber, der am 4. Februar erst 19 Jahre jung wird, läuft der Vertrag wie bei Sonnleitner und Schößwendter bis 2019. Hofmann und Wöber gehört die Zukunft – mit beiden könnte Rapid künftig noch gutes Geld verdienen. Linksfuss Wöber fiel schon einigen Scouts aus dem Ausland positiv auf. In dieser Wintertransferzeit kann Rapid aber nicht mit Transfererlösen rechnen. Im Gegensatz zu Sturm Graz wird man für die Verkleinerung des Kaders keine Millionen kassieren, sondern selbst Geld in die Hand nehmen müssen. Verkehrte Fußballwelt.