Slapstick pur in Köln! So heißt das vernichtende Urteil von „Bild“ über die Sonntag Mittag offiziell gewordene Trennung von Trainer Peter Stöger, auf die man sich bereits Freitag, unabhängig vom Ausgang des Spiels bei Schalke, am Samstag geeinigt hatte. Als Antwort auf Stögers Forderungen auf Klarheit: Entweder weiter das Vertrauen aussprechen oder seine Tätigkeit beenden. Sieben Stunden vor dem Anpfiff vor 61.000 Zuschauern plauderte bereits der zuvor beim Zweitligisten Fürth entlassene U19-Trainer Stephan Ruthenbeck aus, ab Sonntag die Profis zu trainieren. Wovon der Kölner „Express“ Wind bekam, daher das Ende des Wiener Trainerduos, von Stöger und Assistent Manfred Schmid nach 1636 Tagen meldete. Die schafften mit dem letzten Aufgebot dann noch einen Punkt bei Schalke, was keiner erwarten durfte. Wobei ausgerechnet ein Landsmann beim 2:2 große Probleme bereitete: Guido Burgstaller traf zunächst die Latte, erzielte dann mit seinem siebenten Saisontor das 1:0, bereitete das 2:1 vor. Aber dann half Köln erstmals in der Saison der Videobeweis zu einem Elfmeter, damit zum verdienten Ausgleich. Trotzdem 14 Runden ohne Sieg, nur drei Punkte, Torverhältnis 6:24, elf Punkte Abstand zum rettenden 15. Platz.
Eine Stunde nach Anpfiff absolvierte Stöger souverän sein Interview für das Sportstudio des ZDF, tat so, als sei noch keine Entscheidung gefallen. In Wahrheit hatten sich Stöger und Vorstand Alexander Wehrle Freitag darauf geeinigt, das Ende der Kölner Institution nach vier Jahren fünf Monate, drei Wochen und einem Tag erst nach dem letzten Spiel offiziell zu machen. Im ZDF-Interview meinte Stöger zur Frage, warum nach vier Jahren, in denen es nur bergauf ging, gar nichts mehr klappte, dass im Sommer zu viele Dinge nicht optimal liefen, zu viel passierte, was der Mannschaft schadete. Ins Detail ging er nicht. Er wird nie in der Öffentlichkeit Schmutzwäsche waschen, sagen, dass er in Wahrheit mit seinen Personalplanungen beim im Oktober zurückgetretenen Sportvorstand Jörg Schmadtke, und Sportdirektor Jörg Jakobs keine offenen Ohren fand. Vor allem, wenn es Österreicher betraf. In erster Linie Michael Gregoritsch. Der Steirer erzielte bisher allein sieben Tore, eines mehr als der 1. FC Köln. Der um 17 Millionen aus Mainz geholte Kolumbianer Jhon Cordoba traf in der Bundesliga noch nie. Nicht einmal im Ansatz ein Nachfolger für den um 35 Millionen nach China verkauften Erfolgsgaranten Anthony Modeste. Schmadtke und Jakobs folgen den Empfehlungen der Scouting-Abteilung um Schmadtkes Sohn Nils. Die waren nicht die besten. Stöger schluckte den Ärger runter, schwieg und litt.
Samstag erzielte Gregoritsch am Nachmittag bei Augsburgs 3:1 in Mainz das 1:0, holt den Elfer zum 2:0 heraus. Er und der isländische Teamstürmer Alfred Finnbogason sind eines der besten Stürmerduos der Liga, erzielten zusammen 15 der 21 Tore von Augsburg. Aber Schmadtke waren die geforderten 5,5 Millionen Ablöse für Österreichs Teamspieler zu viel. Der liegt mit Augsburg nur zwei Punkte hinter einem Champions League-Platz, was er als „ganz cool“ empfindet.
Das ZDF-Sportstudio schaltete 30 Minuten vor Mitternacht live zum Kölner Geißbockheim, zeigte die Ankunft des Mannschaftsbusses aus Gelsenkirchen, wie Stöger zunächst die Mannschaft aussteigen ließ, sich dann besonders herzlich vom Busfahrer verabschiedete, ehe er mit Schmid in sein Trainerbüro ging. Die Verschiebung des Sonntagtrainings von 10 auf 13 Uhr war dann ein weiteres Indiz für den Abschied. Als Sonntag um 12 Uhr Präsident Werner Spinner und Wehrle verkündeten, wie schwer es gefallen sei, sich nach viereinhalb Jahren von Stöger und Schmid zu trennten, aber trotz des positiven Eindrucks vom Schalke-Spiel der Glaube, mit ihnen noch die Wende zu schaffen, nicht ausgeprägt genug mehr sei, daher es unabdingbar sei, beim Trainer ein Signal zu setzen, verabschiedeten sich Stöger und Schmid im Kellergeschoss sehr emotional von ihren Spielern in der Kabine. Ruthenbeck, der mehr als Stöger den Ballbesitz in den Mittelpunkt stellen will, ist bis Weihnachten Interimstrainer für das Europa League-Entscheidungsspiel bei Roter Stern Belgrad, in der Bundesliga gegen Freiburg, Bayern und Wolfsburg sowie im Pokal bei Schalke. Am Ende musste auch Spinner zugeben, dass dies bereits vor dem 2:2 in Gelsenkirchen feststand.
Am 21. Jänner 2016 hatte Köln den Vertrag mit Stöger vorzeitig bis 2020 verlängert. Schmadtke bekam nach seinem Rücktritt kolportierte drei Millionen als Abfindung, Stögers soll sich laut „Bild“ mit 750.000 zufrieden geben. Mit ihm und Schmid kehrte Köln in die erste Liga zurück, 2016/17 in der besten Kölner Saison seit 25 Jahren auch in den Europacup. Stöger ist der Kölner Rekordtrainer, in dessen Ära Köln alle Schulden abbaute, sich finanziell sanieren konnte. 150 Bundesligaspiele hintereinander auf der Bank schaffte noch keiner. Nicht einmal der legendäre Hennes Weisweiler (130).
Wäre die Trennung fünf Wochen früher erfolgt, hieße dann Österreichs Teamchef jetzt nicht Franco Foda, sondern Stöger? Eher nicht. Denn Stögers Zukunft liegt weiter in der deutschen Bundesliga. Dort hat er sich so einen guten Namen gemacht, auch mit einem starken Abgang, dass er sich um die Zukunft keine Sorgen machen muss. Durchaus möglich, dass er noch in dieser Saison einen neuen Klub hat, wenn er es darauf anlegt.