Montag Abend um 22.27 Uhr, knapp drei Stunden nach Beginn der ersten Rapid-Generalversammlung im neuen Allianz-Stadion, stand ein „nordkoreanisches Abstimmungsergebnis“ in Hütteldorf fest: Präsident Michael Krammer und sein Präsidium mit 95,76 Prozent der Stimmen der anwesenden 1600 Mitglieder gewählt. Eine höhere Zustimmung als beim Beginn seiner Ära vor drei Jahren. Und nur knapp zwei Prozent hinter der, die Uli Hoeneß drei Tage zuvor in München bei seinem Comeback als Bayern-Präsident bekommen hatte. Wirklich bemerkenswert. Wobei Krammer wieder eine seiner großen Stärken zeigte: Sich perfekt zu inszenieren.
Zuvor machte er auf der Pressekonferenz zur Einführung des „Rapid Mobil“ mitunter einen gereizten Eindruck. Als er die Devise „wir müssen nichts, wollen alles“ ausgab und meinte, die Wahrscheinlichkeit des sportlichen Erfolg sei bei höherem finanziellen Einsatz größer. Nicht bös sein, Herr Präsident: Aber die laufenden Saison in Grün-Weiß widerlegt diese Meinung eindeutig! Letzte Saison mit weniger Aufwand Gruppensieger in der Europa League, jetzt ausgeschieden. Letzte Saison nach 16 Runden trotz Umfaller in Wolfsberg und Grödig 28 Punkte, jetzt acht weniger. Mit entscheidend geringerem Millionenaufwand. Aber über die Fehler in der Chefetage, die dazu führten, von beim Fenster hinausgeworfenen Millionen, fiel in der Generalversammlung kein Wort. Da dominierte der Jubel über den wirtschaftlichen Rekordgewinn. Mit Zahlen jubelte Rapid das sportliche Tief einfach hinweg. Das schien für knapp vier Stunden, so lange dauerte die Generalversammlung, vergessen zu sein.
Ebenfalls noch herausragend so wie das Abstimmungsergebnis: Der neue Trainer Damir Canadi wurde gefeiert wie ein Messias. Standing Ovations nach drei Niederlagen in Serie, das muss ihm erst einmal einer nachmachen. Er wirkte auch authentisch, verkaufte sich sehr gut, in dem er versprach, alles zu tun, um Rapid wieder dorthin zu führen, wo Rapid in Österreich auch hingehört, nämlich an die Spitze. Aber das geht nicht von heute auf morgen. Ausser bei Jesus und den zwölf Aposteln, wie Krammer zuvor feststellte. Wenn alles Mittwoch Abend beim Letzten Mattersburg so perfekt läuft wie bei der Generalversammlung am Montag, dann steht der erste Sieg unter Canadi ausser Diskussion. Noch ein Blick zurück auf die vergangene Saison: Damals feierte Rapid im Burgenland einen 6:1 (5:0)-Kantersieg. Drei der vier Torschützen tragen allerdings nicht mehr den Rapid-Dress: Florian Kainz und Philipp Prosenik, die je zweimal trafen, sind bei Werder Bremen und Wolfsberg, Stefan Stangl wechselte nach Salzburg. Matej Jelic steht Canadi zur Verfügung. Er erzielte beim Schützenfest am 21. November 2015 den letzten Treffer.