22 Torschüsse von Rapid beim 2:1 im 343. Wiener Derby, nur elf von Austria, jeweils 50 Prozent Zweikampfquote. Aber gesprochen wird nicht über Fußball, sondern über andere Vorkommnisse. Es liegt schon längere Zeit zurück, dass dies nicht passierte. 577 Anzeigen, zehn Verletzte – so lautet die schlimme Bilanz der Wiener Polizei nach den Ausschreitungen, die in Hütteldorf auf den Schlusspfiff folgten. Wie erwartet wies die Polizei Vorwürfe zurück, zu spät eingeschritten zu sein. Warum der im Stadion anwesende Einsatzleiter überhaupt nicht reagierte, als nach der Pause im Austria-Fansektor Böller gezündet wurden, warum er danach nicht einige der insgesamt 300 Polizisten, die im Einsatz waren, dort platzierte, bleibt sein nicht nachvollziehbares Geheimnis. Denn wirklich deeskalierend kann es auch nicht sein, wenn keine Exekutive dort zu sehen ist. Dann wird wie Sonntag munter weiter gemacht, bis es zur Eskalation kommt.
Montag waren alle Beteiligten damit beschäftigt, Material zu sichten, via Videos doch einige Platzstürmer zu identifizieren. Sollte das gelingen, muss als Konsequenz gegen die ein bundesweites Stadionverbot ausgesprochen werden. Die Bundesliga, die Rapid und Austria Montag zum ersten runden Tisch in Sachen Derby bat, wird noch Tage brauchen, eine Anzeige konkret zu formulieren, die frühestens nächste Woche vom Strafsenat behandelt wird. Da geht es einmal um die Frage, ob der nach dem letzten Derby im Februar bedingt ausgesprochene Punktabzug gegen Rapid sozusagen schlagend wird. Falls ja, dann gilt er erst für die kommende Saison. Bei den neuen Strafen kann es keinen Punktabzug wegen schwer wiegenden Fan-Fehlverhaltens geben. Darauf einigten sich die Vereine bei der letzten Hauptversammlung der Liga im Juni. Die Bandbreite jetzt geht von Geldstrafen, Sektorensperre bis zu Geisterspielen.
Es ist aber geradezu Pflicht für Austria und Rapid, selbst Konsequenzen zu ziehen, nicht auf die Urteile der Liga zu warten. Endlich Zeichen zu setzen, die das Ziel haben, den Fußball von diesen Chaoten zu befreien. Es ist nicht nur für Rapids Geschäftsführer Steffen Hofmann und Sportchef Markus Katzer unverständlich, warum ein sogenannter Fan Leuchtkörper in den Familiensektor schmeißt. Ex-Austrianer Markus Suttner sagte im „Talk & Tore“ von Sky, dass es auf beiden Seiten Massen gibt, die nur ins Stadion gehen, um Krawall zu machen. Damit hatte er recht. Ebenso wie Austrias Trainer Stephan Helm, der von einer Plattform für Dinge sprach, die überhaupt nichts im Fußball verloren haben.
Austria-Wirtschaftsvorstand Harald Zagiczek wird Dienstag beim Medientermin zum Nachtragsspiel gegen Meister Sturm Graz Stellung zum Derbyeklat beziehen. An Sturm sollten sich beide Wiener Klubs ein Beispiel nehmen. Den trotz Protesten seiner Fans verzichtete Sturm auf sein laut Ligaregeln zustehendes Kartenkontingent für das nächste Grazer Derby gegen den GAK. Das sind rund 1500 Tickets. Das war die Konsequenz nach den Vorkommnissen rund um das letzte Duell zwischen Schwarz und Rot in Graz letzte Saison im Achtelfinale des Uniqa-Cups. Diese Tat müssten auch Rapid und Austria setzen und für die weiteren drei Wiener Derbys auf den Gästesektor verzichten. Den Ärger der sogenannten Fanbasis muss man in Kauf nehmen. Zum Wohle der Zuschauer, die ein normales Auftreten haben.
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