Vizemeister Sturm Graz und die Wiener Austria verkündeten am Montag unpopuläre Entscheidungen. Warum ging bei Sturm die Ankündigung, den Vertrag mit dem 32 jährigen Kapitän und soliden Torhüter, Jörg Siebenhandl (Bild oben) nach fünf Jahren im Sommer nicht mehr zu verlängern, ganz ruhig über die Bühne und führte bei Austria die sofortige Trennung von Trainer Manfred Schmid für die erwartete Aufregung und Proteste der Fans? Die Winterpause wird daran nichts ändern. Beim nächsten Heimspiel gegen Austria Klagenfurt am 12. Februar muss die Chefetage auch mit einer anfangs leeren Fantribüne zum Zeichen des Ärgers, mit Transparenten etc. rechnen. Das wird in Kauf genommen, um ein Zeichen zu setzen, sich von den Wünschen der Anhänger nicht beeinflussen zu lassen, sondern das zu tun, was man für richtig hält. Eine seltene Konsequenz in Zeiten wie diese. Vor allem, wenn man an Austrias Erzrivalen im Westen von Wien denkt. Wobei es dort sicher keinen Spieler im Kader gibt, der alles, was der Trainer macht, verlässlich an Sportchef und Investor weiter gibt.
Schmid bekam das bald mit, was für einigen Ärger sorgte. Am Ende wollte sich Schmid das offenbar nicht mehr antun. Sicher kein Zufall, dass sein Name in Zusammenhang mit Klub aus der zweiten deutschen Liga, die einen Trainer suchen, in den letzten Wochen fiel. Trotzdem: Die Austria machte mit der Trennung von Schmid einen Fehler. Die größten, so sagt man, begeht man im Erfolg, den es mit Schmid sicher gab. Sonst hätte die Austria im Herbst nicht in der Conference League gespielt. Und wenn man die Flops bei den Sommerkäufen, mit denen der Trainer nichts zu tun hat, das Pech mit Miralem Huskovic und Ziad el Sheiwi sowie die gestiegene Belastung im Herbst ins Kalkül zieht, war die Bilanz im Herbst eigentlich nicht schlechter als die im Frühjahr.
Beging auch Sturms Sportchef Andreas Schicker einen Fehler, Siebenhandl die bevorstehende Trennung im Sommer mitzuteilen? Er spielte mit offenen Karten. Das muss man ihm zugutehalten. Zudem hat sich Schicker in seinen zwei Jahren bei Sturm mit seiner ehrlichen und erfolgreichen Art in der Fanszene ein Standing erarbeitet, dass sein Austria-Kollege Manuel Ortlechner nicht hat. Darum nimmt man Schicker die Begründung, warum Siebenhandl, der im Herbst 73,2 Prozent der Schüsse auf sein Tor abwehrte und damit die Nummer zwei in der Rangliste der Bundesliga-Torhüter hinter Salzburgs Philipp Köhn.(77,5 Prozent) war, vielleicht schon im Winter eine neue Nummer eins aus dem Ausland vor die Nase gesetzt bekommt, ab. Aus den Analysen der internationalen Spiele kam Sturms Trainerteam um Christian Ilzer mit Tormannspezialist Stefan Loch zur Erkenntnis, man brauche einen größeren Keeper. Die 1,84 Meter von Siebenhandl genügen demnach nicht. Nicht leicht für Schicker, das einem zu sagen, mit dem er von 2010 bis 2012 bei Wr. Neustadt zusammengespielt hatte. Als er im Mai 2020 Sportchef wurde, war der erste Vertrag, den er verlängerte, der mit Kapitän Siebenhandl.
Der gehörte zu den acht Stammspielern, die am Montag im Traningslager Marbella beim 1:2 (0:1) gegen Empoli fehlten. Weil so viele angeschlagen oder kränklich sind, sagte Sturm das für Mittwoch geplante Spiel gegen OGC Nizza ab. Schicker fuhr Dienstag mit dem Zug nach Madrid, um Champions League-Sieger Real einen Besuch abzustatten. Der hat aber keinen Zusammenhang mit der Tormannfrage. Siebenhandls Bruder gehörte bei Austria zum Staff von Schmid. Auch er steht jetzt wohl vor einer ungewissen Zukunft.
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