Statt mit der Austria um den Aufstieg im Cup, den Einzug in die Meisterrunde und vielleicht einen Europacupplatz zu spielen, kämpft Matthias Braunöder künftig mit Como vorerst auf Leihbasis um den Aufstieg in die italienische Serie A. Ein überraschender und unverständlicher Wechsel des Kapitäns von Österreichs U 23 nach 75 Spielen, drei Toren und elf Assists für Violett. Der für Austria eine „Niederlage“ bedeutet, weil es ihr nicht gelang, ihre wertvollste Aktie weiterzuentwickeln. Es mag schon sein, dass der Mittelfeldspieler zu sehr gehypt wurde, als der Austria-Trainer noch Manfred Schmid hieß. Weil genaugenommen Braunöder zwar durch ein großes Laufpensum und viele Ballgewinne auffiel, aber mit wenigen Ausnahmen nie spielentscheidend war. Dazu fehlt ihm eine „Waffe“, die entscheidende Idee. Aber trotzdem: Unter Schmids Nachfolger Michael Wimmer sank Braunöders Marktwert entscheidend. Im November 2022 betrug er 3,5 Millionen Euro, aktuell nur noch 1,3. Ein „Verlust“ von 2,2 Millionen.
Im Herbst 2022 stand Braunöder unter Schmid in den 16 Ligarunden stets in der Startelf, wurde sechsmal zwischen der 73. und 89. Minute ausgetauscht. Bei Wimmer begann er in 16 Runden nur elfmal, spielte nur viermal durch. Viermal wurde er eingetauscht, einmal durfte er nur aufwärmen. Die Bilanz im Herbst 2023: Achtmal unter den ersten elf, achtmal eingetauscht, einmal gesperrt. Im Trainingslager auf Malta gab es keine Anzeichen für den Neubeginn: Beim 0:0 im ersten Spiel des Tipsport-Turniers am Sprunggelenk verletzt, danach nicht mehr voll belastbar. Jetzt wäre er es wieder. Aber das wird bei Como. Und das kann nicht der richtige Schritt des Burgenländers für ein Durchstarten sein. Deshalb muss auch Braunöders Berater hinterfragt werden. Das ist der 50 jährige Christian Nerlinger, der Spieler bei Kaiserslautern, den Glasgow Rangers, Borussia Dortmund und Bayern war, sechsmal den deutschen Teamdress trug, ab 2009 Sportchef bei Bayern war, ehe er im Sommer 2012 nach Bayerns bisher letzter titellosen Saison im Schatten von Borussia Dortmund und ihrem damaligen Trainer Jürgen Klopp gehen musste und durch Matthias Sammer ersetzt wurde. Zu den Klienten von „CN Sports“, wie Nerlingers Agentur heißt, gehört auch der Ex-Rapider Nicolas Kühn. Como bemühte sich auch um ihn, doch das Angebot von Celtic Glasgow war dann sowohl für Kühn als auch für Rapid attraktiver. Als „Folge“ daraus brachte Nerlinger Braunöder nach Como.
Zuvor versuchte Schmid ihn nach Wolfsberg zu locken. Dazu hätte Austrias Sportvorstand Jürgen Werner sicher keine Zustimmung gegeben. Dem Wechsel nach Como stimmte er erst zu, als Braunöder seinen Vertrag um ein Jahr bis 2026 verlängerte. Damit verbesserte sich Austrias Position, falls es im Sommer um einen endgültigen Kauf gehen sollte. Die Leihgebühr bis Sommer wird die violetten Finanzen nicht entscheidend aufbessern. Como liegt nach 21 von 38 Runden der Serie B sechs Punkte hinter Parma auf Rang zwei, der zum Aufstieg reichen würde. Der Vorsprung auf Cremonese und Venezia beträgt nur je einen Punkt. Den bekanntesten Namen rund um Comos Mannschaft hat der spanische Assistent des walisischen Trainers Osian Roberts: Cesc Fabregas gelang eine glanzvolle Karriere als Mittelfeldstar bei Arsenal, Barcelona, Chelsea und Monaco, in der er Meister in England und Spanien wurde. Letzte Saison bestritt er noch 17 Partien für Como, ehe er in den Trainerstaff kam. In seinen 110 Länderspielen wurde Fabregas einmal Weltmeister und zweimal Europameister, erstmals 2008 in Wien. Comos Stürmer Patrick Curtone begann seine Karriere bei Milan. Seit 2019 spielte er bei Wolverhampton, Fiorentina, Valencia und Empoli.
Eine große Bühne wird Braunöder im nur 50 Kilometer von Mailand entfernten Como nicht haben. Zu den Heimspielen im Stadio Giuseppe Sinigaglia kommen rund um 5000 Zuschauer. Punkto Kulisse hat es sich Braunöder verschlechtert. Ob er es sich sportlich in der zweiten Liga wirklich verbessert, der Marktwert wieder steigt? Die Austria wird auf den Abgang von zwei österreichischen Mittelfeldspielern (Braunöder und Aleksandar Jukic) vermutlich nicht reagieren. Eine österreichische Alternative, die am Markt zu haben ist, wäre der beim LASK nicht mehr gefragte Peter Michorl. Bisher bezweifelte Werner, dass der 29 jährige Violett helfen kann. Mit Genugtuung vermeldete die Austria, dass ihr Gästesektor sowohl beim Viertelfinale des Uniqa-Cups am 2. Februar in Graz gegen Sturm als auch im Wiener Derby bei Rapid am 25. Februar im Hütteldorfer Allianz-Stadion restlos ausverkauft ist.
Beim 3:1 (1:0) der Austria im 4 x 30 Minuten-Test gegen den Favoritner AC, den Drittletzten der Regionalliga Ost, fielen die Tore zum 2:1 und 3:1 erst in der 101. und 113. Minute durch Muharem Huskovic und Innenverteidiger Tin Plavotic. Auf Braunöders Position im zentralen Mittelfeld spielten 90 Minuten Marvin Potzmann und Oldie James Holland, danach Kapitän Manfred Fischer und Talent Moritz Wels. In der letzten halben Stunde durfte sich auch der 18 jährige Offensivspieler Sanel Saljic von den Violet Juniors zeigen.
Foto: Gepa/Admiral.