Fußball

Warum kam Mourinho zum zweiten Mal in acht Monaten zu Österreichs Team?

Sechster Sieg für Österreichs in Sere, was zuletzt vor 20 Jahren gelang, der vierte unter Franco Foda im vierten Spiel seiner Ära. Eine bessere Bilanz zu Beginn hatten nur Georg Schmidt und Felix Latzke mit fünf Siegen vor 36 Jahren. Aber alles fragte sich schon vor und auch noch nach dem dritten 1:0 (1:0) gegen Russland hintereinander: Warum kam Jose Mourinho zum zweiten Mal innerhalb von acht Monaten zu Österreichs Team? Den ersten Besuch gab es beim 3:2 gegen Serbien am 6. Oktober letzten Jahres im Wiener Happel-Stadion beim Auftakt der rot-weiß-roten Siegesserie noch unter Marcel Koller. Damals trug Mourinho eine graue Kappe, sollte der serbische Innenverteidiger Stefan Mitrovic unter seiner Beobachtung stehen.  Aber kein Spieler beider Mannschaften wechselte danach zu Manchester United. Mittwoch trug der „Special one“ eine dunkelblaue Kappe passend zum blauen T-Shirt. Vor dem Anpfiff gab es wahre Prozessionen zu seinem Sitzplatz. Der Portugiese  erfüllte geduldig alle Wünsche nach Fotos, verriet aber nicht den Grund seines Tirol-Trips. Am Tag, an dem „Sky Sport News“ in England meldete, West Ham fordere 57 Millionen Euro für den Wechsel von Arnautovic nach Old Trafford. Aber auch wenn Arnautovic als einzige österreichische Spitze nicht nur mit dem Assist zum Siegestor Werbung in eigener Sache machte, eigentlich braucht ihn Mourinho nicht mehr zu beobachten. Er kennt ihn aus der Premier League und  aus einer gemeinsamen Saison bei Inter Mailand einige Jahr davor. Kein Zweifel, einer mit Kreativität wie Arnautovic würde sogar auch dem englischen Vizemeister gut tun. Aber auffällig, dass Mourinho sofort nach dem Austausch des russischen Schützenkönigs Fedor Smolov den Tivoli verließ. Kurz nach ihm ging auch Urs Siegenthaler, der Schweizer Chefscout von Weltmeister-Teamchef Jogi Löw. Er spionierte vor dem Samstag-Duell in Klagenfurt. Dort wird sich wohl zeigen, wie viel die Siegesserie des Teams wert ist, ob der Satz von Alfred Tatar beim“Sky“-Stammgtisch in Wien nach dem Sieg über die Russen seine Berechtigung hat: „Österreich hat ein Team für die WM und würde dort auch gute Figur machen.“ Nach den Eindrücken von Mittwoch eine bessere als Veranstalter Russland. Das wird für Teamchef Stani Tschertschessow ein schwerer Job, ins Achtelfinale aufzusteigen.

Österreich blieb auch in seinem 12. Spiel in Innsbruck ungeschlagen. Dass dabei ein Tiroler, Alessandro Schöpf, für das entscheidende Tor zum achten rot-weiß-roten Sieg am Tivoli sorgte, passte zu dem gelungenen Abend, bei dem der ÖFB allerdings auch ein schweres, ausschlussreifes Foul an Tirolern beging, weil er  auf Einladungen für die verdienten Tiroler Teamspieler Kurt Jara und Roland Hattenberger vergaß. Das darf nicht passieren. Der letzte Teamchef aus Tirol, Didi Constantini, war nicht am Tivoli, sondern auf Urlaub in Ägypten. Zwei Spieler, die in seiner Ära debütiert hatten, waren neun Jahre später am Mittwoch erste Wahl: Kapitän Julian Baumgartlinger, damals 21, und Aleksandar Dragovic, damals 18.

Die von Foda angekündigten Überraschungen: Debüt von Peter Zulj, dem Spieler der Saison in der Bundesliga, Louis Schaub erstmals von Beginn an dabei. Der Teamchef entschied sich mit Dragovic, Sebastian Prödl und Martin Hinteregger für drei Innenverteidiger, die Schlüsselfiguren bei seiner Taktik waren aber  rechts Leo Lainer und links Schöpf: Bei Ballbesitz Mittelfeldspieler, in der Defensive hingegen Aussenverteidiger in einer Fünferabwehr. Sie erledigten das sehr gut, obwohl es für Schöpf doch eher eine ungewohnte Position war, die er zuvor nur zweimal bei Schalke spielte: „Hätte David Alaba nicht die Rückenprobleme, wäre ich wohl zu Beginn auf der Bank gesessen“, glaubte Schöpf in aller Bescheidenheit. So kam Alaba erst nach 58 Minuten für Schöpf, der zuvor sein drittes Tor für Österreich erzielte, das erste seit dem bitteren  Ausscheiden bei der Euro im Stade de France von Paris, seit dem 1:2 gegen Island. Das am Tivoli freute ihn sicher mehr.

Foda lobte nachher die Willensstärke seiner Mannschaft am Saisonende, die mitunter über ihre Grenzen ging, auch weil ihr die hohen Temperaturen zusetzten. Er macht das clever, ließ nur Tormann Heinz Lindner bei dessen Abschlägen mit dem rechten Fuß punkto Präzision noch viel Luft nach oben vorhanden ist, Lainer, Dragovic, Prödl (nach der Pause Kapitän) und Hinteregger durchspielen. Österreich ließ in der Defensive nur zwei Chancen der Russen zu,  hatte jedoch Chancen auf mehrere Tore. Was mitunter beim Umschalten auffällig gut gelang: Auch unter Druck gut und driekt herauszuspielen den Ball am Boden halten. Manche Stafetten, egal ob mit Baumgartlinger, Zulj, Schaub, Florian Kainz, Schöpf oder Arnautovic erinnerten an große Mannschaften. Auch das entscheidende Tor: Idealer Pass von Kainz zu Arnautovic, der trickste Russlands Innenverteidiger Vladimir Granat aus, spielten dann ideal zurück, wo Schöpf und Zulj heranbrausten. Zulj überließ Schöpf den Vortritt. Nachher forderte Arnautovic in der Mixed Zone von den Journalisten die Höchstnote für Neuling Zulj. Darüber konnte man reden. Aber wie gesagt: Wäre echt ein Schritt vorwärts, sollte auch Samstag in Klagenfurt nach dem Duell gegen Deutschland die Stimmung so positiv sein.

 

 

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