Viele Sportchefs halten vom Transferfenster im Winter gar nicht viel. Weil in der Überzahl nur Spieler auf den Markt kommen, bei denen es zuvor nicht so richtig klappte. Ausnahmen bestätigen die Regel. Sonst wären in der deutschen Bundesliga nicht rund 100 Millionen Euro in 34 neue Spieler investiert worden. Für 14 bekamen Österreichs Teamkapitän Julian Baumgartlinger, Aleksandar Dragovic und Rambo Özcan bei Bayer Leverkusen einen neuen Mitspieler: Leon Bailey, 19jähriger trickreicher, schneller Stürmer. So viel musste Leverkusen auf den Tisch legen, um Konkurrenten aus Italien (AS Roma) und England (Everton) auszustechen. Seine Klasse zeigte Bailey letzten Herbst auch im neuen Allianz-Stadion von Rapid, als er in der Europa League bei Genks 2:3 beide Treffer erzielte. 2011 kam Bailey auf Einladung von Red Bull Salzburg im Winter nach Österreich, wurde dort aber nicht für gut genug befunden. Auch im Rapid-Nachwuchs kam er nicht unter. Sein erster Klub in Europa hieß USV Anif. Seine 75 Tore in 16 Spielen der U 15 sind bis heute unerreicht.
Bailey hat allein mehr Marktwert als alle 15 Winterkäufe in Österreichs Liga zusammen, die in Summe nicht viel mehr als zehn Prozent der Bailey- Ablöse kosteten. Mehr als 15 Neue engagierten die zehn Bundesligisten streng genommen nicht. Denn wenn Salzburg von Altach den oben abgebildeten Dimitri Oberlin zurückbeordert, von der Erste Liga-Filiale Liefering die talentierten Stürmer Mergim Berisha und Samuel Tetteh, derzeit im Aufgebot von Ghana beim Afrika-Cup, in den Kader holt, sind das keine Neueinkäufe. Interessant wird sein, welcher der 15 Neuen beim Saisonstart, der elf Tage auf das Ende der Transferzeit folgt, in der Startformation steht. Da liegt der Fokus speziell auf zwei Partien: Salzburg – St.Pölten und Mattersburg – Sturm Graz. Salzburg wird die Antwort darauf liefern, ob Oberlin jetzt bei Trainer Oscar Garcia wirklich so hoch im Kurs steht, wie es Sportchef Christoph Freund ankündigte. An Kapitän Soriano wird er nicht vorbei kommen, wenn der Spanier fit ist. Blieben vier Konkurrenten um den zweiten Platz im Angriff des Meisters: Der Südkoreaner Hee-Chan Hwang, der Japaner Minamino, der Norweger Gulbrandssen sowie der Israeli Dabbur. Bei St.Pölten kann Trainer Jochen Fallmann unter sechs Neuen wählen: Diallo sollte die Abwehr stabilisieren, wenn Korkmaz im Saft ist, müsste er gesetzt sein. Und hat der Montag geholte Guinea-Stürmer Doumbouya, der angeblich seit Monaten am Radar des Aufsteigers steht, wirklich die Qualitäten, über die Sportdirektor Frankie Schinkels jubelte, dürfte es auch bei ihm keine Diskussionen geben. Dann kann man sich nur nicht erklären, warum Inverness im schottischen Abstiegskampf auf diese Qualitäten des 26jährigen verzichtete.
Bei Mattersburg-Sturm können Gerald Baumgartner und Franco Foda zwischen drei Neuen wählen: Cesar Ortiz, Atanga und „Major“ Maierhofer, wer kann das Schlusslicht nach vorne pushen? Mit zwei Mittelstürmern, mit Maierhofer und Bürger, werden die Burgenländer wohl nicht beginnen. Allen drei Winterkäufe fehlte im Herbst die nötige Spielpraxis. Trifft bei Sturm auf Chabbi und Hoffenheim-Leihgabe Atik zu, nicht auf den Norweger Ovenstad. Bei den Grazern wären durch die Abgänge von Matic und Edomwonyi Plätze Ovenstadt und Chabbi frei. Sportchef Günter Kreissl findet es aber nicht maßgeblich, ob die drei Neuen auf Anhieb zu den ersten elf zähle. Sein nachvollziehbares Argument: „Man holt ja Spieler nicht für ein Match,sondern, weil sie auf Dauer etwas bringen sollen.“
Keine Neuen werden sicher Winterkönig Altach, Austria, Rapid und Ried aufbieten. Bei den Wiener Klubs und im Innviertel gibt es keine. Sehr wohl hätte Heimo Pfeifenberger bei Wolfsbergs Start gegen Ried die Möglichkeit, auf Winterkäufe zu setzen. Abwarten, wie hoch bei ihm Mario Leitgeb, den er noch von Grödig kennt, sowie Jamaika-Stürmer Orgill im Kurs stehen. Apropos Jamaika: Bailey hätte Pfeifenberger allein schon von der Qualität her sicher lieber, als Orgill. Da gäbe es keine Diskussion, ist aber Utopie. Denn der Unterschied im Preis sind wohl mindestens zwei Jahresbudgets der Kärntner. Und Österreich wäre für einen, der in Belgien spielte, ein Schritt zurück. Bailey wollte einen nach vorne machen.