Fußball

Wo bleibt der Ajax-Mut in Österreich?

Real Madrid gegen Juventus wird am 3. Juni im Millenium-Stadion von Cardiff das Finale der Champions League heißen. Wer nach dem 2:0 von Juventus in Monaco noch dagegen wettet, der ist selbst schuld. Juventus ist daheim seit 49 Partien ungeschlagen, davon 18 in der Champions League, gab es  letztmals am 10. April 2013 gegen Bayern München im Viertelfinale (0:2) eine Niederlage. In dieser Saison verlor  Juventus sowie Real in der Königsklasse noch kein Spiel, gewann acht von elf. Torhüterlegende Gianluigi Buffon kassierte seit 621 Minuten kein Tor – was soll  nächsten  Dienstag in Turin  schief gehen?

Auch Ajax Amsterdam dürfte das große Ziel, erstmals seit 21 Jahren wieder ein Europacupendspiel zu erreichen, mit dem 4:1-Heimsieg gegen Olympique Lyon geschafft haben, am 23.  Mai in Stockholm das Finale der Europa League bestreiten.  Aller Voraussicht nach gegen Manchester United. Nach dem 1:0 (0:0) bei Celta Vigo spricht alles für die Mannschaft von Jose Mourinho. Ajax trumpfte mit einer „Bubi-Elf“ auf, die Respekt verdient. Der mutige Trainer Peter Bosz bot in der Startformation sieben Spieler auf, die jünger sind als 22. Extrem war es im Abwehrzentrum: Ein 19jähriger (Davinson Sanchez aus Kolumbien) und ein 17jähriger (Eigenbauspieler Matthijs DeLigt ) vor dem 21jährigen Kamerun-Torhüter Andre Onana, der vom FC Barcelona kam. Vorne traf der 19jährige Däne Kasper Dollberg ebenso  wie die Chelsea-Leihgabe aus Burkina Faso, Bertrand Traore (21), und der Deutsch-Libanese Amin Younes (23), der sich bei Kaiserslautern und Mönchengladbach nicht hatte durchsetzen können.  Eingewechselt wurden zwei 20jährige und mit Justin Kluivert der Sohn der ehemaligen Ajax-Legende  zwei Tage vor seinem 18. Geburtstag. Das Durchschnittsalter der Startelf betrug 21,1 Jahre, wobei der 30jährige Däne Lars Schöne den Schnitt nach unten drückte.

Mit dem Namen Kluivert schließt sich irgendwie der Kreis:  Vater Patrick erzielte 1995 im Wiener Happel-Stadion das Goldtor zum  letzten Europacuptriumph von Ajax, zum 1:0 im Endspiel der Champions League  gegen Milan. Ein Jahr später verlor Ajax in Rom das Finale gegen  Juventus nach Elfmeterschießen. Die Legenden aus der Wiener Siegermannschaft  wie Edgar Davids, Clarence Seedorf, Frank de Boer, sassen Mittwoch ebenso unter den 54.033 begeisterten Zuschauern in der Amsterdam-Arena wie ihr damaliger Trainer Louis van Gaal. Vater Kluivert  ist als Sportdirektor von Paris St. Germain derweilen mit  wichtigeren Aufgaben beschäftigt als dem Sohn zuzuschauen: Er lockt Dortmunds Torjäger Pieere Emerick Aubameyang mit einem Dreijahresvertrag, der ihm das doppelte Gehalt wie bei der Borussia garantiert. Gesamt 42 Millionen Euro. Dazu kommen noch 70 Millionen Ablöse.

Hinter der jungen Ajax-Welle steht einer, der auch 1995 in Wien gewann: Der damalige Flügelflitzer Marc Oveermars, jetzt Sportdirektor. Der seine Scouts schon nach neuen Talenten Auschau halten lässt, darunter auch weiterhin bei  Rapid, da er ein gutes Feedback bekam.  Von der Ajax-Mannschaft, die am 4. August 2015 daheim an Rapid in der Champions League -Qualifikation gescheitert war, spielten gegen Lyon nur die Abwehrspieler Tete und Riedewald, Kapitän Dany Klassen sowie Schöne, der damals nur vier Minuten zum Einsatz kam. Aus dem Desaster der Trainerära von DeBoer zog man die Konsequenzen. Jetzt kann man die berechtigte Frage stellen: Warum hat in Österreich niemand den Ajax-Mut, so konsequent auf den eigenen Nachwuchs zu setzen?

Das könnte daran liegen, dass es nicht gelingt, so gute Talente auszubilden.  Dagegen spricht Salzburgs Triumph in der Youth League. Würde Trainer Oscar Garcia dem Beispiel von Bosz folgen, müßten aus dieser Mannschaft drei fix spielen. Xaver Schlager schaffte dies bis zu seiner Verletzung ohnehin. Ein Ansatz ist auch der Stammplatz des ein Jahr älteren Konrad Laimer. Rapids entscheidende Tore erzielte vor eineinhalb Jahren in Amsterdam der damals 20jährige Louis  Schaub, der schon mit 17 in der  Bundesliga unter Peter Schöttel debütiert hatte, dann von Zoran Barisic  gefördert wurde. Rapid jetzt? Da gibt´s den 19jährigen Innenverteidiger Max Wöber, der  ein Jahr  mittrainierte und derzeit dabei ist, sich zu etablieren, kommen  mit Manuel Thurnwald, Philipp Malicsek und Tamas Szanto Spieler unter oder knapp über 20 zum Einsatz. Aber  zu Kelvin Arase, dessen Schnelligkeit Rapid gut tun würde, fehlt seit Mike Büskens nicht mehr Trainer ist, das Vertrauen. Austria? Mit Osman Hadzikic spielte durch Robert Almers Verletzungspech ein 21jähriger Keeper, aber ansonst? Dem 19jährigen Mittelfeldspieler Dominik Prikop bescheinigen alle ein großes Potenzial, dazu spielte er aber zu wenig. Etwa mehr Ajax-Mut könnte in der Bundesliga nicht schaden. Ganz im Gegenteil, nur gut tun.  Zumal in Österreichs Meisterschaft das Niveau nicht annähernd so hoch ist wie im Semifinale der Europa League!

 

 

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