Fußball

Deutschland hat seinen Sündenbock und hofft auf „erfolglose“ Nachfolger

Vier Tage nach dem blamablen Scheitern Deutschland in der WM-Vorrunde zog einer, der deshalb schwer in der Kritik stand, die Konsequenzen: Oliver Bierhoff löste nach der Kampagne von „Bild“ gegen ihn und weiteren teilweise unsachlichen Vorwürfen den bis zur Heim-EM 2024 laufenden Vertrag mit dem DFB, machte  Platz für neue Weichenstellungen. Das verdient Respekt. Bierhoff war 1990/91 im Dress von Austria Salzburg Torschützenkönig in Österreich (23 Tore in 32 Spielen), sicherte Deutschland 1996 als Joker, der im EM-Finale gegen Tschechien im Wembley-Stadion bei 0:1 eingewechselt wurde, mit Ausgleich und „Golden Goal“ in der Verlängerung den Titel, wurde 1999 mit Milan Meister in Italien, bestritt 2002 im WM-Finale gegen Brasilien das letzte seiner 70 Länderspiele. Erfahrung hatte er genug, als er 2004 mit Beginn der Teamchefära von Jürgen Klinsmann Teammanager wurde.  Zwölf Jahre stellten sich auch Erfolge ein. Mit dem WM-Titel 2014 als Höhepunkt. Seit 2018 war Bierhoff offiziell Geschäftsführer der Nationalmannschaft. Musste mit dem Vorwurf leben, arrogant zu sein. „Bild“ machte den 54 jährigen für drei Turnier-Enttäuschungen in Serie verantwortlich, bekam das „gewünschte Opfer.“ Der Machtbeweis des Massenblatts.

Teamchef Hansi Flick gefiel Bierhoffs Rückzug hingegen gar nicht. Er bezeichnete ihn einer bemerkenswerten Feststellung als Freund und Partner beim Projekt Heim-EM: „Meinem Trainerteam und mir fällt es schwer, zu glauben, dass die durch seinen Rpcktritt entstande Lücke menschlich und fachlich geschlossen werden kann!“Damit begannen Spekulationen, auch Flicks könnte sich zurückziehen. So wie vor zwei Jahren, als ihm bei Bayern München die Arbeitsbedingungen nicht passten, es Dauerstreit mit Sportvorstand Hassan Salihamidzic gab. Auch wegen der Personalie David Alaba, den Flick nicht verlieren wollte. „Bild“ forderte deshalb forsch von Flick vor dem deutschen Krisengipfel am Mittwoch in der Frankfurter DFB-Zentrale:  Entweder zupacken oder einpacken. Die Frage ist, ob Flick mit der Lösung, die sich ohne Bierhoff abzeichnet, leben kann. Denn es sollen Dortmund-Boss Hans Joachim Watzke und sein externer Berater enger an die Nationalmannschaft heranrücken. Watzke ist als Aufsichtsratschef der Deutschen Liga auch Vizepräsident des DFB. Sammer, der als Dortmund-Spieler fast alles gewann, was man nur gewinnen konnte (Europameister, Weltpokal, Champions League, drei Meistertitel) war bereits einmal für den DFB tätig: Von 2006 bis 2012 als Sportmanager. Dann wechselte er zu Bayern München.  Ein Jahr später gelang das Triple. Ob das auch ihm zu verdanken war, ob der damalige Trainer Jupp Heynckes wirklich den „Antreiber“ Sammer wirklich nötig hatte?

Fakt ist, dass Sammer bei Dortmund und Watzke vor vier Jahren als externer Berater einstieg, einen Vertrag bis 2025 hat. Bisher gelang es dem Duo trotz großem Aufwand in jeder Hinsicht nicht, eine Gefahr für Bayerns Titelsolo zu sein. Der Gewinn des DFB-Pokals vor einem Jahr ist der doch recht schwache Trost. Ob das Duo, das Bierhof kritisch gegenüberstand, das deutsche Team wieder auf Erfolgskurs bringen kann? Flick traut sich das offenbar ohne Dortmunder Hilfe auch zu. Watzke hat Mittwoch in seiner Funktion bei der Liga noch einen ganz heißen Termin: Es bahnt sich die Abberufung der Ligachefin Donata Hopfen nach nur einem Jahr an. Wahrscheinlich scheiterte die erste Frau in dieser Spitzenfunktion auch am fehlenden Stallgeruch.

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