Fußball

Die grösste Frauen-EM aller Zeiten: Jeder Punkt ist bei Premiere Erfolg

Spielgelsaal der Präsidentschaftskanzlei in der Hofburg: Einen prominenteren, attraktiveren Platz hätte es für die Verabschiedung  von Österreichs Fussballdamen nicht geben können. Bundespräsident Alexander van der Bellen, Bundeskanzler Christian Kern, die Nationalratspräsidentin Doris Bures und Sportminister Hans Peter Doskozil wünschten Ihnen vor ihrer ersten Teilnahme an einer Endrunde der Europameisterschaft alles Gute und viel Erfolg. Austria-Anhänger Christian Kern verkniff sich nicht einen kleinen Seitenhieb auf die letztes Jahr in Frankreich gescheiterten Herren: Auch die Damen bestreiten ihr letztes Gruppenspiel, in dem es möglicherweise um den Aufstieg geht, gegen Island. Sie können es besser machen als Marcel Kollers Team beim 1:2 von Paris.

Bei der Eurpameisterschaft in Holland, die Sonntag mit Holland-Norwegen beginnt, handelt es sich um die  grösste aller Zeiten. Erstmals 16 Teams statt zwölf. Am klaren Favorit hat sich aber nichts geändert: Deutschland ist mit seiner neuen Teamchefin Steffi Jones, der Nachfolgerin von Silvia Neid, nach sechs Titel in Serie Topfavorit. Österreich ist in seiner Gruppe die in der Weltrangliste am schlechtesten platzierte Mannschaft: Frankreich steht auf Platz drei, die Schweiz, Dienstag in Deventer der Startgegner, auf Rang 17, Island, schon dreimal Viertelfinalist, ist als 19. noch fünf Plätze vor Österreich. Nur zur Erinnerung:  Christian Fuchs, David Alaba, Marco Arnautovic & Co lagen vor einem Jahr auf Rang zehn der Weltrangliste, da waren die Erwartungen schon um einiges größer als bei den Frauen.

Für die es schon einen Quantensprung bedeutet, erstmals dabei zu sein. Hinter dem ein Mann steht: Der 46jährige Teamchef Dominik Thalhammer. Mit 33 war er  bei der Admira der jüngste Trainer, der jemals in Österreichs höchster Spielklasse arbeitete. Dann folgten Stationen beim Wiener Sportklub, dem LASK und FAC, ehe er vor sechs Jahren das nationale Frauen-Leistungszentrum in St. Pölten übernahm, kurz danach auch das Nationalteam. So begann der unübersehbare Aufschwung. Jetzt  überträgt der ORF 65 Stunden lang aus Holland, davon alle drei Gruppenspiele Österreichs  live auf ORF 1, die letzten zwei gegen Frankreich am Freitag in Utrecht sowie am 26. Juli in Rotterdam gegen Island zur Primetime.

„Jeder Punkt ist ein Erfolg“ heißt die realistische Devise von Sportchef Willi Ruttensteiner und  Thalhammer. Er hat in seinem Aufgebot 15 Legionärinnen, davon 14 aus Deutschland, eine von der University of Kansas aus den USA, die Abwehrspielerin Sophie Maierhofer. Drei kommen von Bayern München, Torfrau Manula Zinsberger, die Kapitänin Viktoria Schnaderbeck, die Cousine von Sebastian Prödl, der sicher Dienstag ab 18 Uhr im Watford-Trainingslager beim Stanglwirt in Going interessiert das Startspiel gegen die Schweiz am TV-Schirm verfolgen wird, und Innenverteidigerin Carina Wenninger. Wegen einer Knieverletzung ist Prödls Cousine, das attraktive Gesicht von Österreichs Frauenfußball, für Dienstag fraglich. Drei spielen beim SC Sand in Baden-Württemberg.  Die Torjägerin Nina Burger ebenso wie Laura Feiersinger, die Tochter des Klasseliberos aus Salzburg. Der Papa war bei der WM 1998, die inzwischen 24jährige Tochter gilt 19 Jahre später als eine der Hoffnungen bei der Europameisterschaft.

Der letzte Test, das 4:2 gegen Dänemark am Donnerstag in Wr.Neustadt, mit je einem Doppelpack von Nicola Billa (Hoffenheim) und Sarah Zadrazil (Turbine Potsdam), konnte sich sehen lassen. Immerhin standen die besiegten Däninnen, in der Weltrangliste auf Platz 15,  im Semifinale der letzten Europameisterschaft. Einiges traut ihren Nachfolgerinnen die ehemalige Vorzeigespielerin Nina Aigner zu, die vor sechs Jahren ihre Karriere beendete: „Sie sind viel besser als zu meinen Zeiten und gut genug für das Viertelfinale“ prophezeite Aigner, die seit Jahren in der Presseabteilung von Bayern München jobbt. Und deshalb während der Europameisterschaft den  deutschen Meister auf seiner China-Tour begleiten muss. Auch Thalhammer ist im EM-Quartier in Wageningen zuversichtlich: „Wenn man in die Gesichter der Spielerinnen schaut, dann sieht man viel Optimismus.“ Ruttensteiner sagte sogar in die ORF-Kameras: „Die Frauen scheinen mir mental und physisch stärker als die Männer vor einem Jahr, weil wir mehr Zeit für die Vorbereitung hatten.“

 

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