Fußball

„Ein Finale spielt man, um es zu gewinnen!“

Wenig überraschend lobte FIFA-Präsident Gianni Infantino die erste WM seiner Ära als die bisher beste der Geschichte. Lobeshymnen für Veranstalter Russland und die Premiere des Videobeweises. Der Zuschauerschnitt war vor dem Endspiel vor vier Jahen in Brasilien mit 53.592 allerdings höher als in Russland (46 602), wo es eine 98prozentige Auslastung der Spiele gab.Sonntag ab 17 Uhr wird in dem für 445 Millionen Euro umgebauten Moskauer Luschniki-Stadion entschieden, wer der Nachfolger von Deutschland als Weltmeister wird: Frankreich 20 Jahre nach dem Triumph im eigenen Land oder erstmals Kroatien als WM-Team mit der größten Leidenschaft und Gier  als Krönung des Sensationslaufs. Ein Land, das mit 56,594 Quadratmeter um 26.785 kleiner als Österreich ist, mit 4,19 Millionen Einwohnern 4,65 Millionen weniger als Österreich hat. Und trotzdem so viel besser ist.

Man kann dem Geburtsland der Krawatte mit seiner uralten Wein-Tradition durchaus zutrauen, den Franzosen ihren geplanten Party-Sonntag zu zerstören. Diesmal wieder in ihren rot-weißen Karo-Dressen statt der schwarzen, die sie bisher in der K.o.-Phase trugen. 90.000 Fans sind  allein zum Public Viewing am Pariser Eiffelturm angesagt. Kroatiens Teamchef Zlatko Dedic ist der einzige bei der Weltmeister, der in seiner Hosentasche einen Rosenkranz trägt  Wenn er merkt, dass es schwierig wird, steckt er die Hand in die Tasche, hält sich am Rosenkranz fest: „Dann empfinde ich auf einmal alles leichter.“ Vielleicht sogar das Finale, das der argentinische Gymnastiklehrer Nestor Pitana leitet. Viele sehen den Kampf um den  Pokal aus 18-karätigem Gold mit einem Materialwert von 125.000 Euro, den vor dem Anpfiff Deutschlands Weltmeisterkapitän Philipp Lahm auf den Rasen tragen wird, als das große Duell zwischen Frankreichs 19jährigem Jungstar Kylian Mbappe ud Kroatiens Mittelfeldlenker Luka Modric, für den es das 56. Spiel in dieser Saison wird, ohne den die Kroaten wie Cevapcici ohne Fleisch wären.

Da die Sturmrakete Mbappe, wenn Frankreich auf Vollgas-Offensive schaltet, da der Abräumer und Antreiber Modric, der sich nach vier Champions League-Triumphen mit Real Madrid als Weltmeister krönen kann, ankündigte: „Ein Finale spielt man, um es zu gewinnen. Wir werden 22 Krieger sein. Ich bin jetzt zwölf Jahre im Team, so eine Gemeinschaft gab es noch nie!“Kroatien hatte in seinen bisher sechs Spielen 54,3 Prozent Ballbesitz, Frankreich 51,2.  Kroatien Fehlpassquote liegt bei 16 %, die der Franzosen bei nur 13%. Die gewannen mit 52,5 % ihrer Zweikämpfe um drei Prozent mehr als di Kroaten, die mit 90 Fouls bisher 14 mehr als ihr Finalgegner begingen.

Aber es gibt bei beiden Finalisten noch andere herausragende Könner: Bei Frankreich den perfekten „Balldieb“ N´Golo Kante, große Kämpfer als Abwehrchefs. Bei Frankreich Raphael Varane mit 74% gewonnen Zweikämpfen und einer Fehlpassquote von nur 7%, bei Kroatien Dejan Lovren, der 67% seiner Zweikämpfe gewann, 91% seiner Passes zum eigenen Mann brachte. Der französische Superstar Antoine Griezmann mit fünf Scorerpunkten (drei Tore, zwei Assists),, davon vier in den k.o.-Spielen. Auf ihn kann man sich verlassen, wenn es darauf ankommt. Siehe Endspiel mit Atletico Madrid zum Europa League-Triumph. Oder das kroatische Mentalitätsmonster Mario Mandzukic, dem kein Zweikampf zu viel ist, der 47 % davon gewann. Er hat fünf Torbeteiligungen, versprach: „Wir werden so wie zuletzt auch im Finale wie die Löwen spielen und kämpfen.“ Da spielt es keine Rolle, dass Kroatien durch die drei Verlängerungen in der K.o.-Phase 90 Minuten länger als die Franzosen spielen musste, also ein ganzes Spie1l! Zudem hat Kroatien noch Ivan Rakitic, den Mann mit den eisernen Nerven.

Bei allen Finalspielen seit 1982 sind Spieler von Bayern München und Inter Mailand dabei. Diesmal von Bayern der Franzose Corentin Tolisso, von Inter Ivan Perisic und Marcelo Brozovic. Für Östereichs Bundesliga ist dieses WM-Finale ein historisches: Das erste, bei dem ein Legionär aus der Alpenrepublik dabei ist. Duje Caleta-Car, der 21jährige Innenverteidiger von Meister Red Bull Salzburg (Bild unten) bei den Kroaten. Wenn auch nur auf der Bank, aber das ist sicher eine Auszeichnung. Für die Liga, noch mehr für den Klub. 2014 kam er mit 17 von Pasching zu Liefering, ein halbes Jahr später übernahm ihn bereits der damalige Salzburg-Trainer Adi Hütter. Sein Teamdebüt feierten Caleta Car erst beim WM-Test gegen Brasilien in Liverpool, bei der  WM kam er beim 2:1 gegen Island im letzten Gruppenspiel zum Zug. Die WM steigerte seinen Marktwert. Und so könnte es passieren, dass er nicht mehr den Salzburger Dress tragen wird. Dem FC Sevilla soll er als Nachfolger für den nach Barcelona gewechselten Franzosen Clement Lenglet  15 Millionen Euro wert sein, laut Frankreichs Sportbibel „L´Équipe“ Olympique Marseille, Salzburgs Bezwinger im Semifinale der Europa League,sogar 20.

.Frankreichs Regierungschef Emmanuel Macron wird wie im Semifinale auf der Tribüne sitzen, Kroatiens Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic zum vierten Mal hintereinander. Russlands Präsident Wladimir Putin kommt einen Tag vor dem Gipfel mit US-Präsident Donald Trump in Helsinki wie zur Eröffnung. Mit einem persönlichen Gast: Putin lud Russlands Teamchef Stanislaw Tschertschessow ein. „Stani“ war bereits in seiner zweiten Tiroler Heimat, flog aber wegen der großen Ehre Samstag wieder nach Moskau. Dienstag macht er in Kitzbühel beim von seinem Freund Ralph Schader organisierten Test zwischen Watford und dem 1.FC Köln bei Sebastian Prödl und Louis Schaub den Ankick, Donnerstag ist er wieder bei Putin, um die Zukunft zu besprechen. „Stanis“ Vertrag läuft mit Monatsende ab.

 

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