Fußball

In 37 Jahren holte Uli Hoeneß sechs Österreicher: Die Abteilung Attacke bleibt auch nach Abtritt

Freitag ist es so weit. Da verlässt Uli Hoeneß nach 40 Jahren als Manager, Präsident und Aufsichtsratschef Bayern München. Geschätzte 15.000 Mitglieder werden ihn in der Olympiahalle gebührend mit  Standing Ovations verabschieden. Ein Knorpelschaden zwang ihn mit 27 seine erfolgreiche Karriere, in der er mit Bayern Europacupsieger, Meister und Pokalsieger war, mir Deutschland Welt.und Europameister, zu beenden. In seinen besten Zeiten war er bekannt dafür, 100 Meter in elf Sekunden zu laufen. Niemand hat einen Verein so geprägt wie er. 1979 war Bayern fast am Rande vom Konkurs, Hoeneß machte den Verein zu einem der erfolgreichsten Fußballunternehmen der Welt. Auch als Abteilung Attacke, wie er sich selbst bezeichnete, als Sturmgeschütz von Bayern, Insgesamt 36 Titel der deutsche Vorzeigeklub in seiner Ära als Manager und Präsident. Ohne den 987 Tagen zwischen 2014 und 2016, in denen er durch seine Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung kein Amt hatte, gewann Bayern in der Ära Hoeneß 20 Meistertitel, zwölfmal den Pokal, zweimal die Champions League, je einmal den UEFA-Cup und den Weltpokal.  Keiner der 197 Zugänge in 37 Jahren kam ohne sein Ja.

Sechs Österreicher waren dabei: 1992 als erster Harald Cerny, der aus dem Bayern-Nachwuchs, in dem er von der Admira kam, zu den  Profis hochgezogen wurde. Drei Jahre später kaufte Honeß Andi Herzog um 2,54 Millionen Euro von Werder Bremen. Herzog war die Saison davor Meister geworden, hatte bei Werder Siegen gegen Bayern in München und Bremen groß aufgespielt. Das erste Treffen fand in der Wohnung von Herzogs Eltern im zwölften Wiener Bezirk nach einem Länderspiel statt, Herzogs Mutter kredenzte Würsteln mit Saft. Bei Bayern lief es für Herzog nie so gut wie in Bremen, 1996 kehrte er im Tausch gegen Mario Basler zu Werder zurück. Dann war 15 Jahre Pause mit den Österreichern, ehe 2010 die Nachwuchshoffnung David Alaba mit 18 einen Profivertrag erhielt. Er ist noch neun Jahre später eine wichtige Stütze,. Das schafften zwei Tiroler, die sich via Bayerns Amateuren empfahlen,  Alessandro Schöpf (2013) und Marco Friedl (2017) nicht. Auch nicht der, 2014 von Ried geholte Torhüter Ivan Lucic, der jetzt bei der Wiener Austria spielt. 1996 ließ Hoeneß 770.000 Euro an Rapid überweisen: Für die deutsche Stürmerhoffnung Carsten Jancker, die sich als Kölner Leihspieler bei Grün-Weiß profiliert hatte.

Die Abteilung Attacke stand oft unter Volldampf. Etwa 1989 im ZDF-Sportstudio, als er Kölns Trainer Christoph Daum, der zuvor Bayern heftig attackierte, prophezeite: „Donnerstag ist Dein Weg zu Ende“. Tatsächlich gewann Bayern in Köln 3:1, wurde schließlich Meister. Als Daum 2000 Bundestrainer werden sollte, sagte Hoeneß: „Der DFB kann doch nicht die Aktion keine Macht den Drogen starten und Herr Daum hat vielleicht etwas damit zu tun!“ Daum wehrte sich, gab eine Haarprobe ab, Hoeneß bekam Morddrohungen. Die Haaranalyse wies einen Kokainkonsum von Daum nach, der prompt untertauchte, Mitunter lederte Hoeneß auch gegen die eigenen Fans los. Als einige Mitglieder gegen zu hohe Eintrittspreise in der neuen Allianz.Arena und schlechte Stimmung lästerten, platzte Hoeneß auf der Hauptversammlung der Kragen: „Eure Scheiß-Stimmung, da sei ihr doch dafür verantwortlich und nicht wir. Wer glaubt ihr eigentlich, wer das alles finanziert? Die Leute in den Logen, denen wir das Geld aus der Tasche ziehen.“ Bei Rapid traute sich noch kein Präsident, so klare Wort zu sprechen.

Hoeneß, der 1982 einen Flugzeugabsturz überlebte, traute sich jedes Amt zu. Auch das des Papstes, wie er versicherte. Gab aber zu, dass er alles, was jetzt ist, Bayern zu verdanken habe: „Als ich 1970 als Spieler gekommen bin, hatte ich nichts!“ Jetzt hat er unter anderem auch eine Wurstfabrik in Nürnberg die er seinen Kindern Sabine und Florian überschrieben hat, ein wunderschönes Anwesen oberhalb des Tegernsees. Das Büro im Bayern-Zentrum an der Säbener Straße wird Hoeneß komplett räumen, seine langjährige Sekretärin Elke Keller verwaltet künftig seinen Nachlass. Aber ganz loslassen wird Hoeneß nie können. Als einfaches Mitglied im Aufsichtsrat wird er  den Verein wie eine Glucke bewachen. Das zeigt er letzten Sonntag Vormittag, als er, wieder ganz Abteilung Attacke, live im Sport1-Doppelpass anrief, um Dampf abzulassen, weil die Diskussionsrunde seiner Ansicht nach zu despektierlich über Sportchef Hasan Salihamidzic sprach. Den er einen Tag später als einer seiner letzten Amtshandlungen zum Sportvorstand beförderte.

Trotz des immer gnadenloseren Millionengeschäfts Fußball vergaß Hoeneß als Mister Bayern nie auf die menschliche Komponente. Das gilt als eine seiner großen Stärken. Erschämt sich auch manchmal nicht seiner Tränen. Für ehemalige Bayern-Spieler hatte er stets ein offenes Ohr, half, wo er kann. Auch den großen Stars aus seiner aktiven Zeit, Franz Beckenbauer und Gerd Müller. Einmal nahm er Mehmet Scholl für mehrere Wochen bei sich daheim auf, weil er nach seiner Scheidung im schweren Tief war, Nicht ohne Grund antwortete Scholl auf die Frage, was er im nächste Leben sein möchte: „Hund bei Hoeneß!“ Einen wie ihn fand man in den letzten Jahrzehnten bei einem Klub in Österreich kaum. Da kommt nur der 1992 verstorbene Joschi Walter als „Mister Austria“ in Erinnerung. Oder Hannes Kartnig in den Zeiten, als er Sturm Graz zur Nummer eins in Österreich pushte.

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