Wie soll Bayern München in den nächsten zwei Wochen Englands Meister Manchester City mit Stars wie Kevin de Bruyne, oder Erling Haaland im Viertelfinale der Champions League bezwingen, wenn daheim im Pokalviertelfinale nicht einmal ein Sieg gegen den SC Freiburg, den Vierten der Bundesliga, gelingt, was Kapitän Joshua Kimmich „brutal ankotzte“, wie er nachher verlauten ließ? Die Frage hat seit Dienstagabend seine Berechtigung, weil der „Tuchel-Effekt“ im zweiten Spiel unter dem neuen Trainer nicht mehr zu sehen war Daher jubelte Freiburg am Ende nach 23 Niederlagen und einem Unentschieden in München gegen Bayern über einen sensationellen 2:1-Sieg. Und mitten drin ein Österreicher: Für Michael Gregoritsch war sein 21. Sieg im 35. Pflichtspiel mit den Freiburgern sicher ein historischer, ein Highlight seiner elfjährigen Karriere in Deutschland. Mit dem siebenten Klub nach Hoffenheim, St. Pauli, Bochum, dem Hamburger SV, Augsburg und Schalke hat der 29 jährige Grazer sein großes Glück gefunden. Die Jubelszenen nach dem Abpfiff vor den Freiburger Fans (Bild oben) werden ihm immer unvergesslich bleiben.
Er hat ja schon andere in der Allianz-Arena erlebt. Zuletzt am 16. Oktober ein 0:5-Debakel gegen Bayer, als dort Julian Nagelsmann der Trainer war. Marcel Sabitzer erzielte damals den fünften Bayern-Treffer. Dienstag lief alles anders: „Wir waren kompakt“ freute sich Gregoritsch, der sich trotz des vergebenen Elfmeters bei Österreichs 2:1 gegen Estland durchaus zugetraut hätte, den Elfmeter gegen Bayerns Torhüter Yann Sommer in der Nachspielzeit zu verwandeln. Er war bereit, zu schießen. Doch sein Mitspieler Lucas Höler schnappe sich entschlossen den Ball. Und nach einem kurzen Blickkontakt mit Höler ließ Gregoritsch ihm den Vortritt. Er musste es nicht bereuen.
Wie schafft es Freiburg mit seinen im Vergleich zu Bayern geringen Möglichkeiten so viel zu erreichen? Letztes Saison Pokalfinale gegen RB Leipzig erst im Elferschießen verloren, in dieser die Gruppenphase der Europa League souverän überstanden, dann erst an Juventus gescheitert, in der Bundesliga als Vierter auf einem Champions League-Platz und jetzt Bayern-Bezwinger? „Bei uns weiß jeder, dass er immer an sein Maximum gehen muss. Nur so schaffen wir die mannschaftliche Geschlossenheit, die zu unseren Stärken zählt!“ Von keinem Freiburg-Spieler hört man Ansagen in der Öffentlichkeit, sie reden alle lieber auf dem Platz: „Wenn uns nicht der Mut fehlt, können wir jedem Gegner wehtun!“
Samstag zur Neuauflage des Duells gegen Bayern kommt auch Gregoritsch-Vater Werner, Österreichs U 21-Teamchef, nach Freiburg. Als er Kapfenberg-Trainer war, erzielte Michael mit 15 Jahren und 361 Tagen sein erster Tor in der Bundesliga. Bis heute wird er damit als jüngster Schütze in den Rekordbüchern geführt. Dienstag jubelte der Vater in Graz vor dem TV-Schirm. Samstag winkt Freiburg in Person von Philipp Lienhart, der in München fehlte, Verstärkung: Freiburgs bester Abwehrspieler dürfte einsatzfähig sein. Die nächsten Wochen werden entscheidend sein: „Wir haben zwei große Ziele“, erklärt Gregoritsch. Den Champions League-Platz halten (Freiburg spielt noch gegen die Konkurrenten Leipzig, Union Berlin und Eintracht Frankfurt), wieder nach Berlin ins Pokalfinale kommen. Was ihn zuversichtlich stimmt: Freiburg hat alles in eigener Hand. Ein Österreicher-Duell im Pokalfinale am 3.Juni in Berlin ist möglich: Denn Konrad Laimer eliminierte mit Titelverteidiger RB Leipzig Borussia Dortmund. Leizig war beim 1:0 (1:0) die klar bessere Mannschaft, sicher eine Genugtuung für Marco Rose, Leipzigs Trainer mit Salzburg-Vergangenheit, seinen Ex-Klub Dortmund zum zweiten Mal in drei Duellen besiegt zu haben. Als klar bessere Mannschaft.
In Spanien triumphierte Österreichs Teamkapitän David Alaba mit Real Madrid im Semifinal-Retourspiel der Copa del Rey gegen den FC Barcelona. Auf das 0:1 ohne Alaba im Heimspiel folge ein 4:0 (1:0) im Nou Camp, bei dem der überlegene Tabellenführer Barcelona die erste Hälfte dominierte, Real aber in der Nachspielzeit durch den Brasilianer Vinicius Junior in Führung ging. Nach der Pause gelang Reals Torjäger Karim Benzema zwischen der 50. und 80. Minute der Hattrick. Eine Demütigung für Barcelona. Finalgegner von Real Madrid ist am 6. Mai in Sevilla Osasuna. Alaba steht vor dem 33. Titel seiner Superkarriere.
Foto: SC Freiburg.