Fußball

Nach Rapid hat Bickel „Lust“ am Himmelfahrtskommando Hannover

Zweieinhalb Jahre Rapid waren schon aufreibend genug. Aber Sportchef Fredy Bickel kann von solchen Jobs, die extrem herausfordernd und aufreibend sind, alles pulverisieren, wie er es zum Abschied aus Hütteldorf meinte, offenbar gar nicht genug kriegen. Er dürfte zu einem Absteiger in die zweite Liga wechseln, der in Trümmern liegt. Nicht in seine Heimat Schweiz zu Grasshoppers Zürich, sondern nach Deutschland zu Hannover 96.  Ein Klub, der dazu noch intern total zerstritten ist. In Niedersachens Hauptstadt etwas nachhaltiges aufzubauen, wird Bickel noch schwer fallen als im Westen Wiens. Die Unruhe, die Bickel als größten Hemmschuh für Rapid-Erfolge bezeichnete, würde auch in Hannover garantiert sein ständiger Begleiter sein.

Bis Ende dieser Woche will Martin Kind, der 75jährige Boss von Hannovers Profiabteilung, den neuen Sportchef präsentieren. Seit 1997 ist er im Amt, auch ein großer, wenn nicht sogar der größte Grund für die Unruhe, die Bickel zu spüren bekommen würde, sollte er den Zuschlag bekommen: Bis März war der Besitzer eines Hotels und eines Hörgeräte-Unternehmens nicht nur Chef der in eine Kapitalgesellschaft ausgegliederten Profiabteilung, sondern auch Präsident des Stammvereins. Stellte bei der deutschen Liga den Antrag auf eine Ausnahme in der sogenannten 50+1-Regel. Die besagt, das Kapitaleinzahler wie Kind, der viel, viele Millionen in den Verein pumpte, nicht die Stimmenmehrheit bei der Kapitalgesellschaft haben dürfen, in die der Stammverein seine Profiabteilung ausgliederte. Der Aufsichtsratschef der Kapitalgesellschaft ist der ehemalige deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder. Die Liga lehnte den Antrag ab, Kind rief das Schiedsgericht an. Sehr zum Ärger seiner Gegner im Verein und vieler Fans. Mit dem früheren Fanbeauftragten Sebastian Kramer als neuen Präsidenten kamen Kinds Kritiker von der Opposition „pro Verein 1896“ ans Ruder. Die Konstellation verspricht viel Streit für die Zukunft, in dem der Sportchef automatisch sehr unruhige Zeiten haben muss.

Kind entließ im Laufe der Saison zunächst im Jänner Trainer Andre Breitenreiter und vor sechs Wochen auch Horst Heldt, den ehemaligen Legionär von Sturm Graz als Sportchef. Er machte beide für die Zusammenstellung des Abstiegs-Kaders verantwortlich. Typisch für Kinds herrische Art, dass er als eine Art „Zusatzwatschen“ für Heldt dessen Kärntner Assistenten und besten Freund, Gerhard Zuber, weiter werken ließ. Seit letzten Samstag ist trotz 3:0 gegen Freiburg der Abstieg  zwei Jahre nach dem Aufstieg perfekt. Ob der im Winter geholt deutsche Ex-Teamspieler Thomas Doll Trainer bleiben darf, seht in den Sternen. Einen Vertrag bis 2020, der auch für zweite Liga gilt, hätte er. Wolfsberg-Trainer Christian Ilzer wurde auch in Hannover angeboten. Es gibt nicht einmal den Ansatz zu einer konkurrenzfähigen Mannschaft. Fix ist, dass alle Teamspieler gehen müssen, auch der Österreicher Kevin Wimmer. Mit Niclas Füllkrug ist der beste Stürmer bereis zu Werder Bremen gewechselt, Togos Flügelflitzer Ihlas Bebou wird nächste Saison in Mönchengladbach unter Noch-Salzburg-Trainer Marco Rose spielen, mit Innenverteidiger Waldemar Anton und Ex-Sturm-Keeper Michael Esser wollen sich zwei weitere Stützen verabschieden. Angebote hätten sie.

Und dieses Himelfahrtskommando will sich Bickel antun. Aber es gibt noch Konkurrenz. Die ehemaligen Hannover-Kapitäne Altin  Lala aus Albanien, derzeit Spielerberater, sowie der Amerikaner Steven Cherundulo, zuletzt Co-Trainer beim VfB Stuttgart, sind als Duo im Gespräch. Ihr Konzept gefiel Kind durchaus. Nachtrauern müsste Bickel dem Hannover-Himmelfahrtskommando nicht, sollte die Wahl nicht auf ihn fallen.

Meist gelesen

Nach oben