Fußball

Tottenhams Rekordkauf, Wimmer, Rapid und Wöber

Vor einem Jahr holte Ajax Amsterdam von Atletico Nacional aus Kolumbien für fünf Millionen Euro den hünenhaften Innenverteidier Davison Sanchez. Seit Freitag ist der Wechsel des 21jährigen in die Premier League offiziell.  Sanchez ist Tottenhams erste Neuerwerbung in diesem Sommer, mit 40 Millionen Ablöse zugleich der  Rekordkauf der Vereinsgeschichte. Für Ajax nach einer Saison mit Sanchez finanziell ein Riesengeschäft. Das auch für Österreich Auswirkungen haben dürfte.

Zunächst einmal für Kevin Wimmer. Der Kauf von Sanchez erleichtert seinen Wunsch, nach zwei Saisonen die White Hart Lane zu verlassen, weil er zu wenig Spielpraxis hat. Wenn ein Klub 15 Millionen zahlt, kann er den 23jhrigen Welser haben. Laut englischen Medien  hat West Bromwich Albion die besten Aussichten. Offenbar genügen Trainer Tony Pulis seine Innenverteidiger aus England (Craig Dawson), Ägypten (Ahmed Hegazy), Nordirland (Gareth McAuley) und Irland (Dave O´Shea) nicht. Beim Traditionsklub in Birmingham spielte bereits ein Österreicher: Paul Scharner von 2010 bis 2012.

Sanchez war bereits der fünfte Stammspieler, der Ajax in diesem Sommer verließ. Davor gingen Kapitän Dany Klassen (Everton), Bertrand Traore, Kenny Tete (beide zu Olympique Lyon), und Jairo Riedewald nach London zu Crystal Palace. Aber nicht nur deshalb hängt der Europa League-Finalist  schwer in den Seilen, wie das Scheitern in der Qualifikation zur Champions League gegen Nizza, die 1:2-Startniederlage in der Eredivisie bei Almelo sowie Donnerstag die 0:1-Heimniederlage im Play-off zur Europa League gegen Norwegens Meister Rosenborg Trondheim zeigen: Auch die Tragödie um den 20jährigen Abeldak Nouri, der am 8. Juni im Test gegen Werder Bremen im tirolerischen Fügen nach einem Herzstillstand wiederbelebt werden musste und schwere irreparable Hirnschäden erlitt, belastet noch alle.  Jetzt muss Sportchef Marc Overmars rasch einen Ersatz für Sanchez präsentieren.

Seine Wahl fiel auf einen 19jährigen Österreicher, der bisher 24 Pflichtspiele im Abwehrzentrum für Rapid bestritt: Max Wöber. Overmars bat Wöber bereits im Juni nach Amsterdam, Rapids Sportchef Fredy Bickel gestattete den Lokalaugenschein. Wöber war vom Ajax-Umfeld, von den Möglichkeiten beeindruckt, entschied sich trotzdem noch eine Saison in Grün-Weiß zu spielen. Weil ihm klar war, dass er anfangs zu wenig Einsätzen kommen wird, da Sanchez und der 18jährige Matthijs de Ligt, bereits holländischer Teamspieler, bei Trainer Marcus Keizer, dem Nachfolger des zu Borussia Dortmund gewechselten Peter Bosz, gesetzt sein werden. Aber jetzt ist die Situation eine ganz andere, kann Wöber damit rechnen, in Normalform zum Zug zu kommen. Gegen Trondheim  spielte der 28jährige Nick Viergever an der Seite von de Ligt.

Für Wöber, der gegen Sturm ein Cut erlitt, mit Turban zu Ende spielte, kam die jüngste Entwicklung nicht mehr ganz überraschend, er wusste um den sich anbahnenden Verkauf von Sanchez. Ebenso Bickel. Wöber wird, da er ein cleverer Bursche ist, seine Entscheidung über das neue Ajax-Werben bei sich behalten. Aber Bickel  erwischte das alles am falschen Fuss. Durch den Langzeitausfall von Christopher Dibon und den Verkauf von Christoph Schösswendter an Union Berlin hat Rapid  mit Wöber, Max Hofmann und Mario Sonnleitner derzeit nur drei bundesligataugliche Innenverteidiger. Aus sportlichen Gründen  dürfte er  Wöber nicht freigeben. Zudem es am österreichischen Markt kaum einen gleichwertigen Ersatz gibt, der für Rapid zu haben wäre. Ein Kandidat soll Altachs 26jährigen Brasilianer Lucas Galvao sein, derzeit als Linksverteidiger eingesetzt. Zuvor spielte er allerdings auch im Abwehrzentrum.

Aber es muss bei Rapid auch wirtschaftliche Überlegungen geben. Egal, ob Overmars wirklich behauptete, Ajax sei bereit, für Wöber eine zweistellige Millionensumme in die Hand zu nehmen, oder nicht: Es winkt Rapid auf jeden Fall ein Rekordverkauf, mehr als die 7,5 Millionen, die im August 2015 die Freigabe von Torjäger Robert Beric für St. Etienne brachte. Darf ein österreichischer Klub so eine Möglichkeit auf einen Millionenregen außer Acht lassen? Zumal die Summe für Wöber wohl künftig  nicht mehr lukriert werden kann. Sein Vertrag läuft bis 2019, daher wird im Sommer 2018 kein Klub für ihn bei allem Talent, das er hat, so tief in die Tasche greifen. Eine schwere  Entscheidung für Bickel, der Samstag auf „Sky“ wie erwartet ausweichende Antworten lieferte, aber auf turbulente 48 Stunden eingestellt ist.

Foto: © FOTObyHOFER/CHRISTIAN HOFER.

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