Vier Punkte mehr als Titelverteidiger Red Bull Salzburg vor den letzten zwei Runden, da kann sich Cupsieger Sturm Graz am Weg zum ersten Double seit 25 Jahren eigentlich nur noch selbst stoppen. Salzburg müsste vier Punkte mehr machen, um nicht nach zehnjähriger Regentschaft entthront und als Meister abgelöst zu werden. Bedeutet, dass Sturm weder Sonntag beim LASK noch in der letzten Runde daheim gegen Klagenfurt gewinnen darf, Salzburg in Hartberg und dann daheim gegen den LASK gewinnt. Völlig unrealistisch, daran zu glauben. Die Frage ist nur, wann sich Sturm krönt. Im neuen Linzer Stadion, das ausverkauft sein wird, haben die Grazer noch nicht gewonnen. Und zudem wird mit Kapitän Ion Gorenc Stankovic einer der wichtigsten Sturm-Spieler nach seiner roten Karte beim 1:1 im Derby gegen Hartberg fehlen.
Da wird es noch mehr als sonst auf den Schweizer Abwehrchef Gregory Wüthrich ankommen. Sowie Trainer Christian Ilzer (Bild) kam er vor vier Jahren zu Sturm. Ilzer von der Wiener Austria, Wüthrich von Perth aus Australien. Einer der „Glücksgriffe“ von Sportchef Andreas Schicker am Weg nach oben. Sein Höhenflug in der Steiermark blieb auch in der Schweizer Heimat nucht verborgen. Der „Blick“ entdeckte ihn wieder. Wüthrich weiß aus seiner Zeit bei Young Boys Bern, wie schön und emotionell Meisterfeiern sein können. So wie 2018 unter Adi Hütter oder ein Jahr später. Aber damals war Wüthrich nicht der Abwehrchef, sondern eher ein „Mitläufer“. Daher fühlt es sich für ihn besonders an. Auch weil er vor einem Jahr knapp vor dem Wechsel in die deutsche Bundesliga stand. Augsburg hatte jedoch Bedenken wegen seines Knies. Bei Sturm absolvierte der 29 jährige in dieser Saison 40 Spiele, verpasste nur sechs.
„Wir wurden von Jahr zu Jahr besser“, behauptet Wüthrich. Darum werden die Grazer entweder Sonntag oder eine Woche später die Nummer eins in Österreich. Ilzer spürt eine richtig gute Balance, eine „richtig breite Brust“, wie er es ausdrückte, vor dem Duell der derzeit formstärksten Mannschaften der Bundesliga, hat als neue Option Manprit Sarkaria nur zwei Monate nach einem Knöchelbruch wieder zur Verfügung. Auch die medizinische Abteilung bringt Topleistungen. Der LASK gewann unter Trainer Thomas Darazs vier der letzten fünf Partien, möchte verhindern, dass Sturm im Linzer Stadion feiern kann und spekuliert noch damit, Salzburg zu überholen und von Platz zwei zu verdrängen. Dazu braucht es zwei Siege.
Salzburg? Da haben viele Fans schon die Hoffnung aufgegeben, den elften Titel in Serie feiern zu können. Sind auch dementsprechend verärgert. Geben auch Ex-Trainer Thomas Jaissle die Schuld, weil er sich wenige Tage vor Saisonbeginn nach Saudiarabien verabschiedete. Aber kann man einem böse sein, wenn er mit einem Vertrag für sein Leben aussorgen kann? Das glückliche 2:0 bei Benfica Lissabon zum Start der Champion League war das letzte Highlight. Derzeit macht es den Eindruck, als gäbe es zwei Gruppen unter den Legionären. Eine mit Balkan-Wurzeln, eine mit Frankreich-Bezug. Salzburg also in Einzelspieler zerbröckelt, Sturm hingegen eine Einheit. Selbst als es Anfang April nach der 0:1-Heimniederlage gegen den Meister fünf Punkte Rückstand gab. Und deshalb unterwegs zur Krönung.
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