ServusTV feierte Toni Polster im Hangar 7 letzten Montag (Bild), der ORF mit der Dokumentation „Abseits des Strafraums“ zwei Tage später, sozusagen als Konkurrenz zur Champions League. Eine Geschichte blieb rund um den 60. Geburtstag der Legende Toni Polster am Sonntag noch unerwähnt: Dass seinetwegen zum ersten und bisher einzigen Mal in der Geschichte der La Liga und des FC Sevilla ein Spiel auf Sonntagvormittag verlegt wurde. Passierte in Polsters erster Saison beim FC Sevilla am 16. Oktober 1988 drei Tage vor dem ersten Qualifikationsspiel Österreichs zur WM 1990 gegen den damaligen Vize-Europameister UdSSR in Kiew. Österreichs Teamchef Josef Hickersberger bestand darauf, dass der damals einzige Legionär am Sonntagabend beim Treffpunkt in Wien sein muss. Damit hätte er bei Sevillas Heimspiel gegen Elche gefehlt. Das wollte aber Sevillas Trainer Javier Azcargorta unter keinen Umständen zulassen. Er wollte seinen torgefährlichsten Stürmer nicht vorgeben Blieb als einzige Möglichkeit, Sevillas Heimspiel zu verlegen. Auf einen Termin, den es zuvor und danach in spanischen Meisterschaftsspielen nie mehr gab.
Wer damals vor Ort war, erlebte im Estadio Sanchez Piz Juan, das 43 833 Sitzplätze hat, eine eigenartige Stimmung. Von ausverkauft konnte keine Rede sein. Einerseits war Elche kein attraktiver Gegner, andererseits wollte wahrscheinlich einige Sevilla-Fans auf den gewohnten Kirchgang am Sonntagvormittag nicht verzichten. Anpfiff war vor rund 30.000 Zuschauern um elf Uhr, Sevilla gewann 4:1 (2:1), Polster erzielte das 1:0 und weckte damit die bis dahin ruhigen Fans, die vielleicht noch „verschlafen“ waren, auf. Nach dem Spiel kaum Interviews, er musste rasch zum Flughafen, um die Linienmaschine nach Paris zu erreichen. Von Orly ging es dann weiter nach Wien. Da die Maschine Verspätung hatte, musste er nach der Landung auf den Besuch bei seiner Mutter und den Genuss ihrer von ihm so geschätzten Leberknödelsuppe verzichten. Da kannte Hickersberger keine „Gnade“.
Das Spiel in Kiew ging Polster 0:2 verloren. Er konnte sich wenig in Szene setzen. Ähnlich wie im Herbst 1989 beim 0:0 gegen die UdSSR in Wien oder beim 0:3 gegen die Türkei in Istanbul. Aber es folgte das bekannte Happy End am 15. November 1989. Vor dem Anpfiff wurde Europas bester Torschütze der Saison 1986/87, der zuvor in sechs Gruppenspielen zwei Tore erzielte, von 45.000 Zuschauern gnadenlos ausgepfiffen, eineinhalb Stunden später war der Prügelknabe nach dem Hattrick zum entscheidenden 3:0 gegen die DDR und zum WM-Ticket der Held der Nation. Das blieb er bis heute. 44 Tore in 95 Länderspielen sind ein Rekord für die Ewigkeit, den wird kein Österreicher mehr schaffen. In diesem Sinne alles Gute zum 60. Geburtstag und vor allem Gesundheit.
Foto: ServusTV/Johannes Jank.