Letzten Freitag bejubelte die Fußballwelt Brasiliens Nationalheld Pele zu dessen 80. Geburtstag. Als größten Weltmeister aller Zeiten. Dreimal holte er mit der „Selecao“ den Titel (1958 in Schweden als 18jähriger, 1962 und 1970), das schaffte außer ihm als Spieler keiner. Über 1000 Treffer schoss er für den FC Santos, das letzte seiner 77 Tore für Brasilien in 92 Länderspielen erzielte er am 11. Juli 1971 beim 1:1 (1:0) gegen Österreich. Der damals 20 jährige Kurt Jara schaffte den Ausgleich.
Eine Woche später feiert Argentiniens Idol Diego Maradona seinen 60. Geburtstag. Eine Legende zwischen Genie und Wahnsinn mit gelegentlichen Kontakten zu Österreich. Am 21. Mai 1980 erzielte er drei Tore im Wiener Praterstadion für den damals regierenden Weltmeister beim 5:1 (3:1) im Abschiedsspiel für Österreichs Teamkapitän Robert Sara. Für Rot-weiß-Rot traf wie neun Jahre zuvor in Sao Paulo wieder Jara. Im März 1983 schied Maradona als neuer Star des FC Barcelona in Nou Camp gegen die Wiener Austria im Viertelfinale des Europacup der Cupsieger aus. Das Auswärtstor von Gerhard Steinkogler entschied für Violett, beim 0.0 in Wien spielte Maradona nicht. Sieben Jahre später kam Diego mit Weltmeister Argentinien in einem Test ein Monat vor der WM in Italien gegen Österreich im Prater nur zu einem 1:1 (1:1). „Eisenfuß“ Robert Pecl montierte ihn gnadenlos ab. Keine Gnade für Maradona, damals zweifacher italienischer Meister und UEFA-Cup-Sieger mit Napoli. In Neapel schaltete bei der WM 1990 Italien im Semifinale aus, evrlor das Endspiel in Rom gegen Deutschland 0:1.
37 Jahre nach dem Scheitern gegen die Austria mit Friedl Koncilia im Tor, Sara, Erich Obermayer, Franz Zore, Josef Degeorgi, Felix Gasselich, Dzemal Mustedanagic, Ernst Baumeister, Istvan Magyar und Toni Polster verbringt Maradona den Sechziger in Plata, in der Nähe des argentinischen Hauptstadt Buenos Aires. Dort trainiert er den Erstligisten Gimnasia. Corona-bedingt war er viele Wochen vor dem Geburtstag in Quarantäne. Maradona ist mit seiner Vergangenheit mehrfacher Risiko-Patient. Daher ging er nicht mehr raus, zog in ein geräumiges Haus mit Garten und Fitnessstudio. Dort bringt er sich wieder in Form. In den letzten Jahren gab es ohnehin nur Negativ-Schlagzeilen: Übergewicht, Probleme beim Laufen, wirres Gerede wie bei der WM 2018 in Russland. Dass mitunter alle über ihn schlecht reden, motiviert ihn. Er war schon immer dagegen. Jetzt ist er ein Rebell mit 60 .
Es tut ihm gut, endlich wieder einen argentinischen Klub zu trainieren. Um auf der Betreuerbank sitzen zu können (Bild oben), machte er eine Diät, läßt sich täglich von seinem Leibarzt Leopoldo Luque und einem Personal Trainer betreuen. Als er im Dezember 2019 beim Gimnasia anfing, wirkte Maradonas Zustand wirklich besorgniserregend. Auch für Luque, der aber glaubt: „Wir kriegen ihn wieder hin!“ Mit einem Fitnessprogramm. Zehn Kilo hat er schon verloren. Ein argentinisches Sprichwort sagt, dass eine Katze sieben Leben hat. Bei Maradona, der seit langem Antidepressiva braucht, zählt keiner mehr.
1991 von der FIFA gen Kokain-Missbrauchs für 15 Monate gesperrt, bei der WM 1994 flog er wegen Dopings raus, 2000 hatte er einen Herzinfarkt, angeblich wegen einer Überdosis Kokain. Auf den folgten sechs Monate Entzug auf Kuba. 2004 musste er mit einer Lungenentzündung ins Spital, drei Jahre später wegen Alkoholmissbrauchs und Gelbsucht. Darauf folgte der Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik. Unglaublich, dass so einer bei dem Leben, das er geführt hat, 60 Jahre alt wird.
Sein Biograf Sergio Levinsky glaubt, es sei unmöglich, sich in Maradona hineinzuversetzen, weil der nur das extreme liebt und lebt, in einem Tag mehr durchmacht als viele in ihrem ganzen Leben. In seinem war er Weltmeister, Hand Gottes, gedopter Spieler und Trainer, gescheiterter Teamchef Argentiniens bei der WM 2010 in Südafrika (0:4 im Viertelfinale gegen Deutschland), achtfacher Vater. Als er im Juli 2018 Vorstandsboss beim weißrussischen Erstligisten Dynamo Brest war, fuhr er im Panzerwagen vor. Einen Monat zuvor währende der WM in Russland wurde er nicht zum ersten Mal für tot erklärt. Da musste er quasi per Selfie beweisen, dass er noch lebte.
Trotz aller Widersprüche, trotz allem Wahnsinn oder vielleicht sogar deshalb: Maradona ist weiterhin der Nationalheld Argentiniens. Noch vor Lionel Messi. Weil Diego bei seinen 90 Länderspielen zwei fundamentale Dinge erreichte: Er gewann 1986 in Mexiko als Kapitän mit Argentinien die Weltmeisterschaft und erzielte dabei zwei historische Tore gegen England mitten im Falkland-Krieg. Eines mit der Hand Gottes. Dazu spielte Maradona in Argentinien bei zwei Vereinen (Boca Juniors, Newell´s). Messi wechselte schon mit 13 von Rosario nach Barcelona, gilt als ruhig und schüchtern. Der extrovertierte Maradona redet viel, ist weit näher am durchschnittlichen Argentinier als Messi. Ein Geschenk für Diego zum Sechziger: An diesem Wochenende beginnt Argentiniens erste Liga nach der Corona-Pause wieder.