Fußball

Ein Steuerberater als blaues Gold: Supersechser N´Golo Kante

Vor sieben Monaten verlor Chelsea beim ersten Spiel in der Ära von Trainer Antonio Conte  zur Eröffnung des Allianz-Stadions gegen Rapid 0:2. Das ärgerte zwar den Italiener, aber dennoch hatte er nachher im Presseraum leuchtende Augen, als er die erste Neuverpflichtung bekannt gab: N´Golo Kante von Meister Leicester, um das zentrale  Mittelfeld zu stabilisieren und verbessern. Samstag Mittag empfängt Chelsea als Tabellenführer mit neun Punkten Vorsprung Arsenal zum Spitzenspiel. Fast alle sehen in NGolo Kante´ einen der wichtigsten Faktoren für Chelseas  markanten Aufschwung nach Platz zehn in der verpatzten letzten Saison, den entscheidenden für Leicesters schlimme Talfahrt als Titelverteidiger auf Rang 16 in Abstiegsgefahr. Auch Österreichs Ex-Teamkapitän Christian Fuchs ist überzeugt, dass Leicester mit dem Franzosen viel besser da stehen würde: „Er  ist wie eine Maschine, war unser Laufwunder. Es gibt keinen anderen, der die Bälle des Gegners so magnetisch anzieht.“ N´Golo Kane antizipiert nicht nur hervorragend, sondern schaltet auch schnell und präzise um, hat eine überragende Ausdauer. Daher gibt es kaum Widerpruch für das Prädikat Supersechser des Premier League.

 

Im 3-4-3 von Conte  besetzt er mit dem Serben Nemanja Matic das defensive Mittelfeld perfekt. Der in Paris geborene Konte mit Wurzeln in Mali hatte keinerlei Anpassungsschwierigkeiten, funktionierte sofort. Er hängt wie eine Klette am Gegner, kein noch so großer Name hält ihn davon ab. 34mal foulte er bisher, das ist Chelseas Höchstwert. Ebenso die  sechs gelben Karten. Aber nur mit legalen Mitteln geht es in dieser wichtigen Rolle nicht ab. Eigentlich wollte der schweigsame Kante Rugbyspieler werden. Aber andererseits bedeuten die 34 Fouls nur einen Durchschnittswert von 1,5 pro Spiel. Der als Kreativspieler geltende Kante-Landsmann Paul Pogba foulte bei Manchester United für ebenfalls sechs gelbe Karten bei 22 Einsätzen sogar 45mal.

Der nur 1,69 Meter große Kante kam über Frankreichs dritte Liga (Bolougne) mit Caen hinauf in die erste, fiel im Frühjahr 2015 den Leicester-Scouts auf: Für neun Millionen Euro wechselte das Energiebündel auf die Insel: Erstes Trainingslager mit Fuchs und Leicester im steirischen Bad Radkersburg.  Via Leicester  kam er auch in Frankreichs Nationalteam, bei der EURO letztes Jahr im eigenen Land kosteten sowohl eine Gelbsperre als auch die Systemumstellung von  Teamchef Didier Deschamps  ihm den Stammplatz. Aber viele behaupten noch heute, Frankreich wäre Europameister, hätte Deschamps im Finale gegen Portugal nicht auf ihn verzichtet. Trotzdem kaufte ihn danach Chelsea. Um 36 Millionen Euro. Elf mehr, als es in der Ausstiegsklausel seines Vertrags vereinbart war. Aber das war eine gute Investition der „Blues“. Sie bekamen dafür sozusagen blaues Gold.

„Mit Kante waren wir immer zwölf Spieler auf dem Platz“, behauptet Leicester-Trainer Claudio Ranieri im Blick zurück. Jetzt setzt Conte auf seine bescheidene Rückennummer  sieben, die auch dadurch auffällt, weiter einen Mini zu fahren. Die Rarität inmitten der protzigen Autos seiner Mitspieler. Am 25. September verlor Chelsea  im Emirates-Stadium  gegen Arsenal 0:3, darauf folgten auch dank Kante 13 Siege in Serie. Er ist ein ausgebildeter Steuerberater. Darin sah er seine Zukunft, ehe er im Profifußball eine große Nummer wurde. Jetzt steht er knapp davor, sich in die Geschichtsbücher einzutragen: Als erster Spieler der Premier League  in seinen ersten zwei Saisonen zweimal Meister. Und das mit verschiedenen Klubs. Leicester ist hingegen vor dem Sonntag-Spiel gegen Manchester United der nach 23 Runden am schlechtesten platzierte Meister auf der Insel, den es jemals gab.

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