Fußball

Ein Unentschieden zählt schon wie ein Sieg: Deutschland atmet auf

„Rettungs-Sonntag“ für das deutschen Team: Zu Mittag schlug Costa Rica mit seinem bisher einzigen Torschuss bei der Weltmeisterschaft überraschend Japan 1:0 (0:0), am Abend gelang es selbst, gegen Spanien einen Rückstand aufzuholen, ein 1:1 (0:0) zu retten. Daher kann der Aufstieg ins WM-Achtelfinale noch gelingen. Wenn Donnerstag ein Sieg gegen Costa Rica gelingt und Japan gegen Spanien nicht gewinnt. Das Unentschieden zählte fast wie ein Sieg. Aber das zeigt zugleich, dass Deutschland  seine Ansprüche selbst reduzierten. Die Bilanz bei großen Turnieren seit 2018 kann nicht die einer Spitzennation sein, sondern sieht nach einer kleinen aus: Von neun Spielen nur zwei gewonnen, aber fünf verloren! Darf man da so zufrieden sein nach dem Punkt gegen Spanien? Die positiven Reaktionen über einen Punkt aus zwei Partien wirken ebenso überzogen wie die Weltuntergangs-Kommentare nach der Pleite gegen Japan.

Teamchef Hansi Flick stellte zweimal um:  Innenverteidiger Nico Schlotterbeck und Stürmer Kai Havertz mussten auf die Bank, hinein kamen Rechtsverteidiger Thilo Kehrer, wodurch Niklas Süle ins Abwehrzentrum rückte, und Mittelfeldspieler Leon Goretzka. Denn Flick wollte gegen die spanischen Passmaschinen das Zentrum dichtmachen. Ilkay Gündogan sollte vor allem darauf achten, dass Spaniens Kapitön Sergi Busquets nicht an den Ball kam, die Passwege zustellen, wie es heißt.  Aber es fehlte nicht viel und Deutschland wäre nach sieben Minuten in Rückstand gelegen:  Manuel Neuer konnte einen Schuss von Leipzig-Legionär Dani Olmo gerade noch an die Latte lenken. Beide Mannschaften versuchten es ohne echte Nummer neun, Deutschland bis zur Pause ohne Torchance.

Spaniens Teamchef Luis Enrique reagierte schneller als Flick, brachte nach 54 Minuten als erster mit Alvaro Morata einen echten Mittelstürmer. Der traf bereits acht Minuten später zur Führung, als Süle den berühmten Schritt zu spät kam, was man von ihm gewohnt ist. Also musste auch Flick wechseln. Acht Monate nach Spaniens Führung brachte er positionsgetreu einen neuer Rechtsverteidiger, dazu mit Leroy Sane einen schnellen Stürmer statt Mittelfeldspieler Gündogan und dazu mit Niclas Füllkrug den echten bulligen Mittelstürmer statt Thomas Müller. Der 1,89 Meter große Füllkrug brauchte fünf Minuten länger als Morata für sein Jokertor, dann traf er wuchtig unter die Latte (Bild oben).  Zuvor wirkte es, als würde er Jamal Musiala den Ball wegnehmen. Vor einem Jahr spielte der 29 jährige mit Werder Bremen in der zweiten Liga. „Bild“ titelte prompt: „Volle Pulle, Fülle“.

Dem späten Ausgleich hätte in der Nachspielzeit noch der Siegestreffer folgen können. Doch die Chance ließ Sane aus. Trotzdem erwachte mit dem Füllkrug-Tor in Deutschland erstmals so etwas Ähnliches wie eine WM-Stimmung. Das bemerkte man sowohl im ZDF-Studio beim Lob über ein richtig geiles Spiel, das Spaß machte und für die diesmal richtigen Auswechslungen von Flick, sowie an den Interviews im Al Bayt-Stadium. „Das war volle Pulle, eine Energieleistung“, behauptete Füllkrug, „diesen Willen nehmen wir jetzt gegen Costa Rica mit“. Flick sah einen tollen Fight, bei dem jeder auf seine Kosten kam: „Aber das war nur der erste Schritt, der zweite muss folgen. Wir werden Costa Rica nicht unterschätzen!“ Man kann Wetten darauf abschließen, dass von Flick bis Donnerstag täglich mehrmals  aufgefordert werden wird, Füllkrug von Beginn an spielen zu lassen.

 

 

Foto: FIFA.

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