Etwas besseres als Freitag um 17.21 Uhr hat Deutschlands Rekordspieler Lothar Matthäus für Österreichs Fußball noch nicht gemacht: Bei der Auslosung des Play-Offs um die letzten drei europäischen WM-Tickets in Zürich (Bild oben) zog „Loddar“ Österreich als Gegner von Wales in einen der machbaren zwei WM-Pfade, zum Glück nicht in den mit Europameister Italien und Portugal. Das heißt: Gewinnt Österreich am 24. März 2022 das Semifinale, ist fünf Tage später im Finale der Sieger aus Schottland-Ukraine der Gegner. Und da hätte Österreich sogar das Heimrecht, für das der „Glücksgriff“ von Frankreichs Ex-Star Christian Karembeu sorgte, würde im Wiener Happel-Stadion spielen. Der rot-weiß-rote Traum heißt: Im ausverkauften Happel-Stadion das erste WM-Ticket lösen. Da werden Erinnerungen an 1997 wach. Von ausverkauft darf man in Pandemie-Zeiten allerdings nicht ausgehen.
„Alles ist möglich“, meinte Teamchef Franco Foda, „wenn wir im März alle Mann am Bord haben, alle im Rhythmus und topfit sind!“ Derzeit sind Kapitän Julian Baumgartlinger und Xaver Schlager die Fragezeichen, Sasa Kalajdzic steht nach der Schulteroperation zumindest wieder im Lauftraining. Die Muskelverletzungen bei Marcel Sabitzer und Christoph Baumgartner sind nicht so schwer, dass man um sie fürchten muss. Auch Wales-Teamchef Rob Page Sorgen um seinen Kapitän: Gareth Bale absolvierte im November beim 5:1 gegen Belarus sein 100. Länderspiel, schied aber verletzt aus. Er kam in dieser Saison bisher nur auf sieben Spiele: Drei für Wales, vier für Real Madrid mit David Alaba. Die Weltmeisterschaft gilt als das letzte große Ziel in der Karriere des 32 jährigen. Wales wartet noch 40 Jahre länger als Österreich auf eine WM-Teilnahme. Die letzte war 1958 in Schweden. Sicher werden die Waliser ähnlich denken wie Österreich, eine große Chance sehen, bei der Wüsten-WM in Katar dabei zu sein.
Wales feierte in der Qualifikation im Cardiff City Stadium zwei Siege (1:0 gegen Tschechien durch ein Tor von Linksaußen Daniel James und 5:1 gegen Belarus), spielte gegen Estland (0:0) und Belgien (1:1) unentschieden. Belgien war allerdings im November bereits für die WM qualifiziert. Bei der Europameisterschaft im letzten Sommer kam Wales als Gruppenzweiter nach dem 1:1 gegen die Schweiz, dem 2:0 gegen die Türkei (jeweils in Baku) und dem 0:1 gegen Italien in Rom ins Achtelfinale, bezog in Amsterdam ein 0:4-Debakel gegen Dänemark. Die Mannschaft von Page, der Assistent der Waliser Ikone Ryan Giggs war, bevor der wegen des Vorwurfs der häuslichen Gewalt im November 2020 den Teamchefjob verlor, hat sich seither kaum verändert. Giggs ist gegen Kaution auf freiem Fuß, der Prozess gegen ihn beginnt im Jänner.
Die walisischen Teamspieler, die bei Klubs der Premier League unter Vertrag stehen, kommen dort selten zum Zug. Tormann Danny Ward kam bei Leicester diese Saison weder in der Premier noch in der Europa League zum Einsatz, Innenverteidiger Connors Roberts bei Burnley nur einmal. Der 20 jährige Verteidiger Neco Williams spielte bei Liverpool nur viermal (dabei nur sieben Minuten in der Premier League). Linksverteidiger Ben Davies bei Tottenham insgesamt achtmal in Premier und Conference League. Die Ausnahmen sind bei Leeds zu finden: James bestritt elf von bisher zwölf möglichen Spielen um Punkte, Stürmer Tyler Roberts alle zwölf. Die Legionäre? Der 30 jährige Aaron Ramsey wurde von Juventus-Trainer Massimiliano Allegri fünfmal eingesetzt, Chelsea-Leihgabe Ethan Ampadu bestritt sieben Serie A-Spiele für Aufsteiger Venezia. Als großes Offensiv-Talent gilt der 20 jährige Brennan Johnson, der bei Nottingham in der Championship zum Stammpersonal zählt.
Die Waliser werden sich garantiert gerne als die WM-Qualifikation für 2018 erinnern, als sie gegen Österreich im Happel-Stadion ein 2:2 schafften (Marko Arnautovic erzielte beide Tore für Österreich) und am 2. September 2017 in Cardiff durch einen Treffer des damals 17 jährigen Liverpool-Toptalents Ben Woodburn 1:0 gewannen, womit Österreich aus dem Rennen und die Ära von Fodas Vorgänger Marcel Koller praktisch beendet war. Woodburn spielt inzwischen in Schottland bei Hearts, ist derzeit für das Waliser Team kein Thema. Vom aktuellen Waliser Kader spielten 2017 Davies, Ramsey und Bale, bei Österreich Tormann Heinz Lindner, Stefan Lainer, Aleksandar Dragovic, Martin Hinteregger, Alaba, Marcel Sabitzer, Stefan Ilsanker, Arnautovic und Baumgartlinger. In Cardiff gewann Österreich zuletzt in der Ära von Hans Krankl 2005 durch Tore in den letzten acht Minuten von Ivo Vastic und Martin Stranzl 2:0. Reichte nicht, um 2006 bei der WM in Deutschland dabei zu sein.
Die möglichen Finalgegner? Gegen Schottland war Österreich in beiden Gruppenspielen auf Augenhöhe. Sowohl beim 2:2 im Hampden-Park von Glasgow, als Österreich durch zwei Kalajdzic-Tore zweimal führte als auch in Wien beim unnötigen 0:1 durch ein Elfmetertor. Gegen die Ukraine gelang Österreich im Juni bei der Europameisterschaft durch das 1:0 mit dem Goldtor von Baumgartner der Aufstieg ins Achtelfinale. Inzwischen hat die Ukraine, die als Gruppenzweiter hinter Frankreich ins Play-off kam, einen anderen Teamchef: Andrij Shevchenko trat nach der EM zurück, ist inzwischen beim FC Genoa in Italien. Sein bisher erfolgreicher Nachfolger Oleksandr Petrakov war zuvor U 21-Teamchef.
Das Play-offs-„Drama“: Italien oder Portugal fahren nicht zur WM. Im Semifinale empfängt Italien Nordmazedonien, Portugal die Türkei. Gewinnen beide, was zu erwarten ist, kommt es in Lissabon zum direkten Duell. Die anderen zwei Semifinalpartien: Schweden gegen Tschechien und Russland gegen Polen. Der Sieger von Russland-Polen hat im Finale Heimvorteil.
Foto: FIFA.