In Deutschland sucht „Bild“ fast schon verbissen nach Möglichkeiten, dass es nach dem 0:6 gegen Spanien doch zur Trennung von Teamchef Jogi Löw kommt. In Österreich beginn sich Kritik an Teamchef Franco Foda zu regen. In Gang gebracht Mittwoch Abend noch vor dem Anpfiff beim 1:1 gegen Norwegen aus dem ORF-Zentrum am Küniglberg von einem seiner Vorgänger, von Herbert Prohaska. Dem man wirklich nicht unterstellen kann, sich wie in Deutschland Lothar Matthäus als Sprücheklopfer zu profilieren. Es kommt nicht oft vor, dass Prohaska einem Trainer öffentlich Vorwürfe macht. Und wenn, begründet er sie durchaus sachlich. So wie Mittwoch Foda wegen der Aufstellung im gewohnten 4-2-3-1, die er als mutlos bezeichnete, als eine Formation, mit der man nicht konsequent auf Sieg spielt. Prohaska hätte sich von Beginn an Adrian Grbic als zweite Spitze gewünscht und nicht erst nach 65 Minuten, als der Teamchef durch Norwegens Führungstor handeln musste. Die Entwicklung gab Prohaska recht. Kein anderer Teamspieler erzielte in den acht Teamspielern dieses Jahr mehr Tore als Grbic, obwohl er in seinen sieben Spielen nur einmal begann. Dennoch kam er auf vier.
Am Donnerstag kritisierte auch die sonst Foda gegenüber sehr positiv eingestellte „Kleine Zeitung“ zu groß Sicherheitsdenken. Der Teamchef sieht das verständlicherweise anders, was sein gutes Recht ist, kündigte aber doch als Konsequenz für 2021 Veränderungen an. Generell muss man fairnesshalber feststellen, dass es derzeit wirklich nicht einfach ist, Topleistungen abzurufen. Mehr als eine Woche im Hotel auf einem Einzelzimmer, jeden dritten Tag einen PCR-Test, bewegen nur in der „Blase“, da fällt es nicht leicht, eine positive Atmosphäre aufzubauen. Es spricht für Disziplin von Spielern und Betreuern, dass es bei den sieben Spielen in diesem Jahr keinen einzigen positiven Covid 19-Fall gab.
Nur wird das Team mit dem derzeit geltenden Präventionskonzept weiter leben müssen, wenn es sich zum nächsten Mal in drei Monaten trifft. Bis dahin dürfte sich die Corona-Lage nicht entscheidend entspannt haben. Es soll aber noch andere „Stimmungstöter“ beim Nationalteam geben, wie manche hinter vorgehaltener Hand erzählen. Etwa, dass sich manche aus dem Betreuerteam von Foda links liegen gelassen fühlen, nicht im gleichen Maße geschätzt wie seine langjährigen Begleiter aus Sturm-Zeiten (Thomas Kristl, Imre Szabics) und Videoanalyst Stefan Oesen. Dass sich manche schwer mit einer Art Einsatzgarantie für einige Routiniers abfinden können. Muss sich also auch Foda also ändern, damit es 2021 beim Team durch die von ihm angekündigten Veränderungen besser wird?
Die Ergebnisse geben ja Foda recht. EM-Qualifikation geschafft, im zweiten Anlauf auch verdient den Aufstieg in die Nations League A. Deshalb wird er sein Fußballdenken nicht über Bord werfen, egal was alles auf den Tisch kommen sollte. Zu dem gehört eine geordnete Defensive. Die Vorwürfe heißen, er biete zu viele Defensivspieler auf. Gegen Norwegen waren es je nach Interpretation sechs oder sieben. Foda sieht aber in Reinhold Ranftl, David Alaba oder Xaver Schlager keine Defensivkünstler, sondern flexible Spieler. Die Vermutung, dass der Tanz auf drei Hochzeiten jetzt seine Spuren zeigte, mag bei Stefan Lainer, Andreas Ulmer, Kapitän Julian Baumgartlinger, Alaba, Ranftl und Marcel Sabitzer durchaus seine Berechtigung haben. Bei den anderen fünf der Startformation hingegen nicht. Vielleicht bringen die von Foda angedachten Veränderungen einfach mehr Rotation. Auch bei Qualifikationsspielen. Diesmal hatten zwölf in vier Tagen zwei Einsätze, über die volle Distanz außer Tormann Pavao Pervan noch Lainer, Martin Hinteregger, Marcel Sabitzer und Alaba. Grbic brauchte für seine zwei Tore gegen Nordirland und Norwegen zusammen 45 Minuten.
Schlager antwortete den Kritikern, in Norwegens sogenanntem Notteam hätten keine Fußballer aus der Regionalliga Ost gespielt, sondern fast nur Legionäre, die nicht zu verlieren hatten. Dennoch lag Baumgartlinger mit der Einschätzung, man müsse besser werden, richtig. Hat Foda dafür noch personelle Reserven? Da kommt sofort Youngster Christoph Baumgartner, dessen Schwung und Technik abgingen. Stefan Posch und Valentino Lazaro werden sicher ein Thema sein. Hoffentlich auch Konrad Laimer, dessen Dynamik merkbar fehlte. Doch von dem 23 jährigen Mittelfeldmotor (Bild oben), der heuer nie den Teamdress trug, kamen aus Leipzig schlechte Nachrichten: Er wird heuer nicht mehr spielen. Da weder die Operation des rechten Knies noch die Reha im Red Bull-Therapiezentrum in Thalgau dazu führte, dass es wieder hundertprozentig funktioniert, zog Leipzig-Trainer Julian Nagelsmann die Notbremse: „Ich will keinen Druck aufbauen!“ Wenn das dazu führt, dass Laimer im März wieder für Österreich spielen kann, verdient Nagelsmann Dank. Denn Laimer geht nicht nur Österreich, sondern auch den Bullen ab.