Fußball

Statt Rangnick redete Gregoritsch über seinen Rückzug

Wer Montag zum Medientermin des dritten Perspektivlehrgangs in die Sportschule Lindabrunn fuhr, um den ersten öffentlichen Auftritt von Ralf Rangnick nach 27 Tagen und dem Ausscheiden bei der EM zu erleben, fühlte sich überrascht, als der Teamchef als Leiter dieses Lehrgangs es vorzog, nichts zu sagen. Was eigentlich nicht nachvollziehbar ist. Auch nicht daran liegen kann, dass sein Medienmann Thomas Trukesitz mit dem letzten EM-Spiel wie geplant seine Tätigkeit beim ÖFB beendete. Rangnick überließ es Sportchef Peter Schöttel und U 21-Teamchef Werner Gregoritsch, wie bisher immer beim Perspektivlehrgang dabei, vor Kameras und Mikrofone zu treten. Um etwas bekanntzugeben, das Insidern ohnehin schon seit einem Jahr bekannt war: Diese Qualifikation für die U 21-EM ist die letzte von Gregoritsch. Schafft er sie, dann endet seine Ära beim ÖFB erst 2025 nach der Europameisterschaft.  Kommt er nicht in die Play-offs, dann im Oktober nach 12 Jahren. Engagiert wurde er vom Vorgänger Schöttels, Willi Ruttensteiner. Jetzt bemühte er den berühmten Spruch von Giovanni Trappatoni aus dessen Bayern-Zeiten: „Ich habe fertig!“

Gregoritsch und Schöttel einigten sich bereits vor dem Start in die Qualifikation über den bevorstehenden Abschied, machten es aber nicht offiziell. Nun holten sie es nach. Wegen einer wirrer medialer Spekulation, Rangnick könnte die Trennung vom 66 jährigen Gregoritsch betreiben. Beide kennen sich seit 20 Jahren, als sie gemeinsam bei Arsenal und dem berühmten Arsene Wenger hospitierten. Rangnick verpflichtete später Gregoritsch-Sohn Michael für Hoffenheim, als der ein Kapfenberg-Talent war.  Nicht weniger als 23 Spieler von Rangnicks EM-Aufgebot waren zuvor bei Gregoritsch in der U 21. Schöttel behauptet mit der Erfahrung von sieben Jahren als Sportchef: „Sie gingen für ihn durch´s Feuer!“

Noch immer, obwohl diese Qualifikation bisher nicht nach Wunsch verlief. Anders als 2017/18, als sich Österreich für die Endrunde in Italien qualifizierte. Zwei Jahre zuvor scheiterte Österreich im Play-off an Spanien, ohne zu verlieren. Damals gab es noch die Auswärtstorregel.  Jetzt gibt der Kämpfer Gregoritsch, der mit 39 Jahren den Krebs besiegte, vor vier Jahren einen Herzinfarkt überstand, den er beim Tennis spielen mit Herbert Prohaska erlitt, und letzten September an Corona erkankte, daher den Qualifikations-Auftakt auf Zypern mit 40 Grad Fieber vor dem TV-Schirm im Hotelzimmer sah, nicht auf.  Vier Punkte Rückstand auf Slowenien will er in drei Partien im September und Oktober, in Bosnien, gegen Slowenien in Wr.Neustadt und in Frankreich, aufholen. Apropos Frankreich: Als Österreich im Oktober in Ried Frankreichs von Weltmeister Thierry Henry gecoachtes Starensemble überraschend 2:0 bezwang, bei dem unter anderem die Jungstars von Paris St, Germain(Brady Barcola, der auch bei der EM war), Adi Hütters AS Monaco (Magnes Akilouche) und Bayern (Mathys Tel) dabei waren, bekam Gregoritsch Glückwünsche von Wenger. Über den Nachfolger von Gregoritsch hat Schöttel zwar Vorstellungen, aber keine Verhandlungen geführt. Zwei Nachwuchsteamchefs machen sich Hoffnungen.

Rangnick redete nicht mit den Medien, aber mit den Sportchefs des Bundeligaklubs und Zweitligisten, die er erstmals einlud, sowie mit den Leitern von einigen Akademien. Dabei ging es sicher auch um Einsatzzeiten und Chancen für junge Österreicher. Lamina Yamal ist zwar diskussionslos eine Ausnahmeerscheinung, aber er ist mit 17 Stammspieler bei Barcelona und überdies Europameister. Im Perspektivkader Rangnicks stehen sieben vom Yamal-Jahrgang 2007. Weder die Legionäre bei Bayern und Stuttgart noch die jeweils zwei Talente von Sturm Graz, Red Bull Salzburg und Rapid, die alle im Mai bei der U17-EM auf Zypern waren,  haben derzeit Chancen, in der Bundesliga zum Zug zu kommen. Für das Sextett heißt es anstellen in der zweiten Mannschaft in der zweiten Liga. Ein Grund zum Nachdenken.

Foto: ÖFB/Patrick Vranovsky.

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