Das vierte Balkan-Kapitel von Peter Pacult dauerte am längsten und war das erfolgreichste. Dennoch endete es für Rapids bisher letzten Meistertrainer abrupt und ohne verloren zu haben. Aber damit muss man rechnen, wenn man sich darauf einlässt, in Albanien einen Vertrag zu unterschreiben. Samstag war Pacult schon damit beschäftigt, noch einen Platz in der AUA-Maschine von Tirana nach Wien zu bekommen, die Zelte abzubrechen. Aber das Kapitel NK Kukesi hat sicher noch ein wahrscheinlich unangenehmes Nachspiel
Anfang Jänner stieg Pacult beim Meister NK Kukesi ein, der zu diesem Zeitpunkt auf Platz vier lag. Pacult führt ihn im Frühjahr auf Platz zwei, was die Qualifikation zur Champions League bedeutete, da Meister Skenderbeu wegen Spielmanipulationen von der UEFA aus dem Europacup-Verkehr gezogen wurde. Präsident Safet Gjici (Bild oben rechts von Pacult) schwoll der Kamm. Das Unheil nahte, als Gjici im Rahmen eines 18-tägigen Trainingslagers in der slowenischen Einöde nahe der Grenze zur Steiermark die Qualifikation zur Gruppenphase der Champions League in einem Größenwahn-Anfall als Befehl und Ziel ausgab. Der Erstrundengegner FC La Valletta aus Malta dürfte laut Einschätzung des Präsidenten kein Problem sein. Auch wenn er seinen besten Stürmer Sindri Guri nach Belgien an KV Oostende für 700.000 Euro Ablöse verkauft hatte.
Jetzt gab es Mittwoch im Heimspiel in Shkodra nur ein 0:0. Alle andere albanischen Mannschaften in der Qualifikation für die Europa League verloren, Kukesi war die Ausnahme. Schon im Vorfeld war es zu Differenzen zwischen Präsident und Trainer gekommen, weil Pacult bemerkte, dass Maltas Meister Kukesi internationale Erfahrung voraushabe, eine eingespielte Mannschaft sei. Vor dem Match nahm Gjici noch die Spieler ins Gebet, nur in den Strafraum zu gehen, Körperkontakt zu suchen, der Referee würde schon Elfmeter pfeifen. Aber es pfiff kein Schiedsrichter aus Albanien, sondern ein internationaler aus Island.
Das 0:0 ließ zwar noch Chancen auf den Aufstieg beim Rückspiel auf der Mittelmeerinsel, aber Gjici warf Pacult vor, Schuld an der Nullnummer zu sein. Weil er keinen zweiten Stürmer von Beginn an spielen ließ, auch keinen einwechselte. Ein Wort gab das andere, Pacult gab halt, wie es seine direkte Art ist, kontra. Und schon war er am Freitag Geschichte, engagierte Gjici für das Retourspiel einen albanischen Trainer aus Shkodra. Ein schmutziger Abschied an einem schwarzen Freitag. Nicht anders als Pacult erging es einem prominenteren Trainer mit klingendem Namen, nämlich dem Italiener Antonio Conte bei Chelsea.
Seine Ära bei den „Blues“ hatte 2016 nach dem Kapitel als Italiens Teamchef bei der Europameisterschaft in Wien begonnen, mit einem 0:2 bei Rapid zur Eröffnung des neuen Allianz-Stadions. 2017 wurde er mit Chelsea Meister, 2018 Cupsieger. Aber in der Premier League reichte es nur zu Platz fünf, damit nicht zur Champions League-Teilnahme. Für die Ansprüche des russischen Besitzers Roman Abramowitsch viel, viel zu wenig. Conte machte dafür mangelnde Chelsea-Einkaufsaktivitäten verantwortlich, ließ es auf eine Kraftprobe mit der Chefetage ankommen, musste daher gehen. Sein Nachfolger kommt auch aus Italien: Maurizio Sarri von Vizemeister Napoli, wo auf ihn Carlo Ancelotti folgte. Sarri ist Kettenraucher. Das könnte problematisch werden: Denn Chelseas berühmtes Heimstadion an der Stamford Bridge ist eine Nichtraucher-Arena.
Conte bekommt als „Schmerzensgeld“ für den schmutzigen Abschied zehn Millionen Euro Abfertigung. Um die muss er sich keine Sorgen machen. Und das ist, abgesehen von der Höhe, noch ein gravierender Unterschied zu Pacult. Der wird wohl dem Geld, das ihm aus dem bis Juni 2019 laufenden Vertrag zusteht, wohl nachlaufen müssen. Und das wird für einen Österreicher in Albanien gar nicht so einfach sein. Also tat er gut daran, gegenüber den albanischen Journalisten, die sich überrascht bei ihm meldeten, kein Wort zu sagen.