Fußball

Die Wahrheit über Rapid: Es wird sich nicht viel ändern

Salzburgs Trainer Oscar Garcia ließ  Xaver Schlager Sonntag beim 1:0 über Rapid 94 Minuten lang ran, obwohl er als Kapitän der U19 eigentlich Dienstag in Salzburg gegen Atletico Madrid um den Aufstieg ins Finalturnier der Youth League gegen die  Sieger aus CSKA Moskau-Benfica Lissabon, Barcelona-Porto und Real Madrid-Ajax Amsterdam spielen soll. Damit setzte der Spanier eindeutig Prioritäten. Das zeigt den Respekt vor Rapid, der bei der Konkurrenz noch immer  groß ist. Garcia änderte auch das System vom gewohnten 4-4-2 auf ein 4-2-3-1. Diese „Komplimente“ helfen aber Rapid in der angespannten, fast prekären  Lage nicht weiter. Die Sky-Analytiker Hans Krankl Sonntag als Rapid-Ikone kurz und prägnant skizzierte: „Bei Rapid gibt es nur gewinnen, gewinnen, gewinnen.“

In der grün-weißen Fußballwelt ist kein Platz für  Ruhe. Das hat der neue Sportchef Fredy Bickel spätestens nach drei Monaten erkannt, als er Sonntag vor den Sky-Kameras konstatierte, dass es ringsherum nicht so ruhig ist. Auch nicht im Verein selbst, weil ein Negativlauf eben Spuren hinterläßt. Der Schweizer weiß schon, was er in seinen interessanten Interviews sagt. Immer wieder  dezente Hinweise. Etwa, dass er es immer so gehalten habe, den Ausgleich zum jeweiligen Trainer darzustellen. Sonntag berichteten Augenzeugen hinter der Rapid-Bank von einem Ärger zwischen Trainer Damir Canadi und Arnor Traustason. Canadi soll nicht verstanden haben , dass sich  der Isländer wegen eines überdehnten Innenbands im rechten Knie austauschen ließ. Also hat Bickel wieder  „Ausgleichsbedarf“.

Was Bickel in seiner ehrlichen Offenheit   zu den Zukunftsplanungen sagte,  birgt schon Konfliktpotenzial in sich. Weil die Wahrheit   den Fans nicht gefallen wird, aber mit großer Wahrscheinlichkeit auch nicht Canadi. Große personelle Änderungen sind bei Rapid  im Sommer nicht möglich. Die Spielervermittler müssen sich darauf einstellen, keine so lukrativen  Geschäfte wie rund um die Eröffnung des Allianz-Stadion machen zu können, als das Geld in Hütteldorf abgeschafft zu sein schien.  Die Mannschaft, die Erfolgen vergeblich nachläuft, muss wohl eine neuen Anlauf nehmen. Im Klartext: Der zu große Kader von 29 Spielern wird  reduziert. Wenn es noch über den Cup gelingt, ins internationale Geschäft zu kommen, auf 25 Mann, ansonst auf 23. Samt den größten  Hoffnungen aus der zweiten Mannschaft.  Canadis Vorstellungen in Sachen neuen Spielern werden wohl unerfüllt bleiben. Es gibt kein Budget für spezielle  Trainerwünsche.

Vor Neuverpflichtungen müssen Abgänge kommen. Womit praktisch der Status wie in den Saisonen vor dem neuen Stadion herrscht, in denen kleinere Brötchen gebacken werden mussten, aber die Ergebnisse besser waren als nach den großen Investitionen mit dem teuersten Einkauf der Vereinsgeschichte (der derzeit verletzte Ivan Mocinic).Wie das Gesundschrumpfen gelingen soll, wo doch nur zwei Verträge vom aktuellen Kader auslaufen? Wohl nur, wenn es Bickel gelingt, einige zu überreden, aus laufenden Verträgen auszusteigen. Und das wird eine Kunst sein.

Das Rezept von Bickel: Den Spielern reinen Wein einschenken, sagen, was Sache ist. Weil sie seinen jahrzehntelangen Erfahrungen nach das am meisten schätzen. Die Frage ist nur, wie Canadi mit der  Situation umgehen wird.  Er wird es zwar nicht nach außen hin aussprechen, aber denken: Das hatte er sich wohl ganz anders vorgestellt, als er  für Rapid aus dem Vertrag in Altach ausstieg. Dort war er darauf eingestellt, dass  finanziell in Sachen Transfers keine großen Sprünge gemacht werden konnten, weil andere Dinge, sprich die Infrastruktur, Vorrang hatten. In Hütteldorf hätte die Welt eigentlich anders aussehen sollen. Um das zu schaffen, muss Canadi erst in der Saison 2017/18 mit diesen Spielern einen Titel holen. Das ist wohl die neue grün-weiße Wahrheit.

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