Hatte Gernot Mittendorfer, seit vier Jahren Präsident von Österreichs Eishockeyverband, nicht damit gerechnet, am 27.Juni bei der Generalversammlung in Villach einen Gegenkandidaten zu bekommen? Montag machte er es offiziell, sich mit dem bisherigen Präsidium, den Vizepräsidenten Philipp Hofer und Alexander Gruber sowie dem Tiroler „Neuzugang“ Rainer Partl, der seinen Landmann Peter Schramm folgt, da sich der nach 31 Jahren im Verband als Wettspielreferent und Vizepräsident zurückzieht, der Wiederwahl zu stellen. Stellte dabei fest, es habe mit Roger Bader als Sportchef in den letzten zwei, drei Jahren ein Hoch gegeben, man habe neue Wege eingeschlagen, es warte noch viel Arbeit, um das Ziel, unter die Top 12-Nationen zu kommen, zu erreichen. Kein Wort zu der vom Kärntner Landesverband eingebrachten Liste um dessen Vizepräsidenten Klaus Hartmann. So will es Mittendorfer auch in den nächsten Tagen bis zur Wahl halten.
Hartmann gehört zum „Umfeld“ des Villacher SV. Einige behaupten, man kenne ihn und seinen Kärntner Mitstreiter Günther Ropatsch nicht einmal in Klagenfurt. Hartmann soll auch nur deshalb Spitzenkandidat sein,weil der von Niederösterreichs Verbandschef Peter Andrecs vorgesehene Nicolaus Stockhammer erkannte, dass ihm sein Beruf als Politikwissenschaftler und Terrorexperte nicht genug Zeit lasse, Verbandschef zu werden. Für den Vizepräsidenten soll sie aber reichen. Die Opposition gibt sich nach ihrem Wahlkampf hinter den Kulissen um die 253 Stimmen ziemlich siegessicher. Für Hartmann agiert im Hintergrund auch der ehemalige Damen-Referent des Verbands Martin Kogler, der sich letztes Jahr mit Mittendorfer nicht auf eine Fortsetzung seiner 18jährigen Ära einigen konnte. Seither betreibt er Fundamental-Opposition. Kein Zufall, dass auf Hartmanns Liste mit Yasmin Stepina erstmals eine Frau, eine ehemalige Nationalspielern, steht.
Hartmann und sein Team kündigten an, mit einer Neuausrichtung verkrustete Strukturen aufzubrechen, werfen Mittendorfer vor, keinen Reformwillen gezeigt zu haben. Die Reformen der Opposition heißen in Wahrheit zurück in alte, erfolglose Zeiten. Die Geschäftsstelle der Verbands soll aufgelöst (!) werden, Sportchef Bader muss weg, statt ihm soll eine Expertenkomission für sportlichen Richtlinien sorgen. Die frei werdenden Gelder sollen zur Förderung des Damen-Eishockeys verwendet werden, zudem versprachen die Wahlkämpfer aus den Landesverbänden von Vorarlberg, Salzburg, Niederösterreich, Wien und Kärnten den Klubs unterer Ligen Finanzhilfe. Expertenkomission bedeutet nichts anders, als dass die Präsidenten der Landesverbände mitbestimmen wollen. Wenn man das alles hört, lässt das nur einen Schluss zu. Wenn das Konzept von Mittendorfer etwas wert ist, dann dürfte diese Opposition nicht den Hauch einer Chance haben, zum Zug zu kommen. Der Ruf nach mehr Chancen für österreichische Spieler und Trainer hat seine Berechtigung. Aber wie glaubhaft ist es, wenn Hartmanns Team mit Bader ausgerechnet den Mann, der wie kein anderer in den letzten Jahren für junge Österreicher redete und handelte, sich damit in der Liga einige Feinde schuf, entfernen zu wollen? Dass es diese Opposition überhaupt geben kann, spricht im Prinzip nicht für Mittendorfer.
Bader macht das klügste in dieser Situation: Er hält sich raus, beschäftigt sich mit anderen Dingen. Am letzten Wochenende mit dem von traditionellen Bader High Level Skills Camp in Romanshorn am Bodensee. Keine unerlaubte „Nebenbeschäftigung“, dieses eine Camp hat er sich in seinem Vertrag zusichern lassen. In das kamen außer vielen Talenten Österreichs drei Kandidaten für den NHL-Draft, der vermutlich erst im September stattfinden wird. Nämlich Benjamin Baumgartner, Thimo Nickl und Marco Rossi (Bild oben von links), die in den nächsten Jahren zu den Eckpfeilern des Nationalteams gehören werden. Rossi wird beim Draft sicher zu den Top Ten gehören und in der ersten Runde gezogen, Baumgartner wurde nach seiner Supersaison bei Davos und herausragenden Leistungen zu Österreichs Aufstieg bei der U 20-WM in Minsk von 20 NHL-Klubs kontaktiert.
Baumgartner spielte bei Davos letzte Saison mit Baders Sohn Thierry zusammen. Der wechselte zum SC Bern, hat dort mit Florence Schelling eine weibliche Sportchefin und künftig einen Trainer mit österreichischem Pass: Den in Vorarlberg aufgewachsenen Don Nachbaur, in den 90er Jahren herausragender Legionär in Graz bei den „Elefanten“ der Präsidentenära von Hannes Kartnig. Da kam Nachbaur in 234 Spielen auf 489 Strafminuten. Nachbaur arbeitete in kanadischen Nachwuchsligen, trainiert bei Spokane auch Österreichs Teamspieler Dominic Zwerger, war Assistant-Coach bei den Los Angeles Kings und zuletzt in der Slowakei bei Zvolen. Der Schweizer „Blick“ schrieb kritisch zum Nachbaur-Engagement: „Warum ein No-Name, warum kein junger Schweizer?“ Das könnte man sich auch bei nordamerikanischen Trainern, die österreichische Klubs engagieren, fragen.