Sonntag beginnt um 16.15 Uhr im Nou Camp von Barcelona eine neue Zeitrechnung des „El Clasico“: Der erste seit 23. Dezember 2007, das sind 3962 Tage in elf Jahren, ohne Lionel Messi und Cristiano Ronaldo. Messi sitzt im gebrochenem rechten Arm auf der Tribüne, Ronaldo macht seit Juli in Italien die Juventus-Fans glücklich. Am 23. Dezember 2007 hatte Real Madrid unter seinem deutschen Trainer Bernd Schuster in Madrid 1:0 gewonnen, damit Platz eins verteidigt, in Folge die Saison als überlegener Meister beendet. Das scheint es aktuell nicht mehr zu spielen. Nur Platz sieben nach neun Runden mit vier Punkten Rückstand auf Tabellenführer Barcelona, der auch ohne Messi Mittwoch in der Champions League beim 2:0-Heimsieg gegen Inter Mailand gut zurecht gekommen war.
Ohne Ronaldo und Zinedine Zidane auf der Trainerbank, der sich nach drei Triumphen in der Champions League verabschiedete, läuft es beim weißen Ballett nicht mehr. Daher steht Zidanes Nachfolger Julen Lopetegui (Bild oben) schwer unter Druck und bei einer Niederlage möglicherweise vor dem Aus. Die renommierte Sportzeitung „Marca“ stellte den Clasico unter eine neue Devise: „Operation rettet Lopetegui.“ Das magere 2:1 in der Champions League gegen Viktoria Pilsen am Dienstag im Bernabeu half ihm nur wenige Tage: „Ich bin überzeugt, das ich Trainer bleibe“, behauptet der 52jährige Lopetegui. Und wenn er damit falsch liegt, dann wartet auf ihm ein goldener Rauswurf.
Denn sein bis 2021 laufender Vertrag garantiert ihm im Falle der vorzeitigen Trennung stolze 18 Millionen Abfindung. Bei durchschnittlich nur 1,54 Punkten pro Spiel, dem schwächsten Real-Schnitt seit 1994 unter Vicente del Bosque läuft die Job-Garantie für Lopetegui mit dem Clasico aus. Die Spekulationen über einen Nachfolger sind bereits im Gange: Als Favorit gilt Antonio Conte, Chelseas letzter Meistertrainer aus Italien, genannt wurden der bei Monaco gefeuerte und durch Thierry Henry ersetzte Portugiese Leonardo Jardim oder Belgiens Teamchef Roberto Martinez. Selbst die Rückkehr von Jose Mourinho gilt als mögliche Variante. Trotz dessen aktuellen Tiefs bei Manchester United, trotz seiner verhältnismäßig schwachen Bilanz bei Real Madrid mit nur einem Meistertitel zwischen 2010 und 2013.
Bedeutet der Clasico das Aus für Lopetegui, wäre es sein zweiter Rauswurf innerhalb von fünf Monaten. Bis vor der Weltmeisterschaft war er Spaniens Nationaltrainer, verlängerte kurz vorher bis 2020. Kurz danach sagte er dennoch Real Madrid zu. Darauf warf der Verband den gebürtigen Basken nur einen Tag vor dem ersten WM-Spiel raus. Die Entlassung bei Real Madrid wäre finanziell für Lopetegui weit lukrativer