Das gab es in der Geschichte des österreichischen Fußballbundes zuvor noch nie, dass ein Präsident einen Tag vor einer von ihm einberufenen außerordentlichen Präsidiumssitzung zu Personalfragen zurücktritt, weil er erkennt, für seine Pläne keine Mehrheit zu finden. Für diese Premiere sorgte Donnerstag kurz vor 18 Uhr Klaus Mitterdorfer. Zuvor kündigte er Generalsekretär Thomas Hollerer und Geschäftsführer Bernhard Neuhold, die beide eine einvernehmliche Lösung ihres Vertrags ablehnten. Beide haben eine sechsmonatige Kündigungszeit, arbeiten bis Mai 2025 „normal“ weiter, weil sie nicht dienstfrei gestellt wurden. Seit dem Ende der Ära von Leo Windtner vor drei Jahren verbrauchte der ÖFB drei Präsidenten: Nachfolger Gerhard Milletich von September 2021 bis Juni 2023, danach als Interimslösung Vizepräsident Josef Gartner, ab August 2023 Mitterdorfer. Nach 15 Monaten hörte er auf, Milletich erst nach 21.
„Die Mehrheit im Präsidium für eine neue hauptamtliche Führung mit fundierten Managementqualitäten ist in den letzten Tagen leider geschwunden“, begründete Mitterdorfer seinen Rückzug, erwähnt mit keinem Wort die „Eiszeit“ zwischen Teamchef Ralf Rangnick und ihm. Die von Mitterdorfer vorgeschlagene ehemalige ÖBB-Vorständin Silvia Kaupa Götzl hätte nicht die erforderlichen sieben von 13 Stimmen bekommen, um CEO in einer neuen Geschäftsführung zu werden. Eine Position, die es laut Statuten noch gar nicht gibt. Für die Ablehnung gab es verschiedene Motive. Einige forderten eine professionelle Ausschreibung. „Ich habe immer versucht, das große Ganze zu seen, konstruktiv im Sinne des Fußballs zu agieren und verbindend zu wirken. Letzteres ist nicht mehr gelungen und daher ist der Zeitpunkt gekommen, die Konsequenzen zu ziehen!“, klagte Mitterdorfer auch über persönliche Diffamierungen vor und besonders hinter den Kulissen!“ Er hoffte, einiges hinterlassen zu haben, was den Fußball in Österreich positiv verändert. Sein Name wird sicher mit dem größten Projekt des ÖFB, des Campus in Aspern, in Zusammenhang stehen, dessen Bau er in seiner Ära fixieren konnte.
Fakt bleibt, dass sich Mitterdorfer, der viel Zeit investierte, immer mehr in eine Sackgasse manövrierte, weil er aus seinen Erkenntnissen zu Differenzen zwischen Generalsekretär und Geschäftsführer, die er vor 13 Monaten in einem Brief festhielt, keine Konsequenzen zog. Als dieser Brief im Herbst an die Öffentlichkeit gespielt wurde, begannen die großen Schwierigkeiten, die ihn zu Fall brachten. Wie es weiter geht? Eine der vier Vizepräsidenten wird interimsmäßig auf Mitterdorfer folgen, ein Wahlkomitee muss sich konstituieren. Irgendwann im Frühjahr wird es eine außerordentliche Generalversammlung geben, wenn man nicht auf die ordentliche im Mai 2025 in Bregenz wartet. Zurück bleiben nur Verlierer, ein Scherbenhaufen. Die Rufe nach einem „externen Macher“, der eine neue Ära einleiten soll, gibt es seit Jahren. Aber welche Persönlichkeit wird sich speziell nach den Vorkommnissen der letzten Wochen dieses „Haifischbecken“ antun? Eigentlich keine. Außer der große Wunsch, Präsident zu werden, verdrängt die Vernunft.
Mitterdorfers Rücktritt war nicht der einzige am Donnerstag. Auch ein anderer aus dem Präsidium, Burgenlands Landespräsident Georg Pangl hörte nach einer Vorstandssitzung in Eisenstadt aus persönlichen Gründen auf, womit er aus dem ÖFB-Präsidiums ausscheidet. Etwas komisch, er war erst seit März im Amt, präsentierte unlängst mit „Rewe“ einen neuen Verbandssponsor. Außerdem zeigte der ehemalige Ligavorstand großes Interesse, im Zuge der „Mitterdorfer-Reform“ CEO des ÖFB zu werden. Ehe er letzte Woche von Mitterdorfer erfuhr, dass ihm Frau Kaupa-Götzl vorgezogen wurde. Aber das war sicher eine Woche später nicht der Grund für Pangls Rückzug.
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