Fußball

Neymar hier, Neymar dort: Operation in Festung!

Ganz Brasilien spielt verrückt, wenn Topstar Neymar verletzt ausfällt.  Die Hysterie erlebte ich vor vier Jahren bei der  Weltmeisterschaft live mit, jetzt ist es nicht anders. Im Vergleich dazu hält sich die Aufregung bei Paris St.Germain  in Grenzen, obwohl Neymars Fehlen aktuell mehr weh tut als in Brasilien: Dienstag fehlt er im  Achtelfinal-Retourspiel der Champions League gegen Titelverteidiger Real Madrid, wenn es gilt, einen 1:3-Rückstand aufzuholen. Kein neues Gigantenduell zwischen Neymar und Ronaldo. Für Paris-Trainer Unai Emery ändert Neymars Rückfall nichts daran:  Wenn es nicht gelingt, aufzusteigen, ist seine Zeit in Paris am Saisonende vorbei. Dann holten die katarischen Geldgeber unter Präsident Nasser Al-Khelaifi einen neuen Trainer. Derzeit am öftesten genannt: Mauricio Pochettino von Tottenham.

Am 4. Juni 2014 war es in Fortaleza passiert, da Neymar drei Minuten vor Schluss im WM-Viertelfinale gegen Kolumbien weinend vom Platz getragen wurde. Als Folge einer Attacke von Juan Zuniga , für die es nicht einmal die gelbe Karte gab. Die Empörung über den spanischen Referee Jaire Velasco und  Zuniga drängte die Freude über das 2:1 total in den Hintergrund. Die vielen TV-Stationen und Radiosender brachten fast im Minutentakt angebliche exklusive  Neuigkeiten über Neymars Zustand, den Grad der Verletzung usw. Als er weinend in die Privatklinik Sao Carlos  eingeliefert wurde, filmte dies eine Krankenschwester auf ihrem Handy mit, stellte die Bilder Dritten zur Verfügung, weshalb sie fristlos entlassen wurde. Das Video schockte die ganze Nation, speziell als Teamarzt Rodrigo Lasmar mit Grabesstimme bekanntgab: Bruch des dritten Lendenwirbels, die Weltmeisterschaft für den damaligen Barcelona-Star dabei. In Schockstarre bezog Brasilien vier Tage später im Semifinale das historische 1:7-Debakel gegen Deutschland in Belo Horizonte. Auch 2018 blickt die ganze brasilianische Fußballnation in die Millionenstadt im Südosten des Landes und auf Lasmar.

Neymars Glanz in Paris erlitt beim 1:3 in Madrid durch die zwei Ronaldo-Tore einige Kratzer. Doch zehn Tage vor der möglichen Revanche passierte das Unheil: Letzten Sonntag beim 3:0 gegen Olympique Marseille musste Neymar zehn Minuten vor Schluss auf der Trage vom Platz getragen werden. Überknöchelt, Verstauchung im rechten Sprunggelenk, Haarriss im Mittelfuß. Das waren die ersten Mitteillungen. Einsatz gegen Real in Gefahr. Mit jedem Tag stellte sich heraus, dass die Verletzung doch schwerer ist. Neymars Vater sprach von sechs Wochen Pause, Lasmar jettete nach Paris, da wussten alle: Brasilien bangt für die WM um Neymar.  Lasmar meinte bald, eine Operation wäre alternativlos, setzte sich damit durch. Also flog Neymar Donnerstag mit Air France von Paris nach Rio de Janeiro, wo ihn bei der Ankunft sofort Bodyguards abschirmten, im Rollstuhl zu einem wartenden Privatjet brachten. Immer dabei Brasiliens Teamarzt Lasmar.  Auch im Privatjet nach Belo Horizonte, wo ihn Lasmar Samstag erfolgreich  operierte, eine Schraube in den rechten Fuß einsetzte.  Inzwischen hieß seine Diagnose:  Kein Haarriss, sondern ein Bruch. Keine einfache Fraktur eines wichtigen Knochens. Und darauf folgten widersprüchliche Prognosen, die auch in der Schweiz mit Interesse verfolgt wurden. Schließlich bestreitet Brasilien gegen Österreichs Nachbarn am 17, Juni in Rostow sein erstes WM-Spiel. Geht sich das für Neymar aus? Lasmar sprach von einem Wettlauf gegen die Zeit, andere glauben, dass er schon im Mai wieder für Paris St. Germain spielen kann.

Gerard Salliant, ein Vertrauensarzt der Franzosen, begleitete die Operation im Krankenhaus Mater Dei, das wegen Neymar und den Erfahrungen von 2014 zur Festung ausgebaut wurde. Neymar flog zur Operation mit einem Hubschrauber auf das Dach der Klinik. Ein ganzer Flügel des Spittals wurde für Neymar hermetisch abgesperrt, alle Angestellten wurden aufgefordert, ihre Handys abzuschalten, ja nicht zu versuchen, Fotos zu machen. Sonst drohe wie 2014 bei der Krankenschwester in Fortaleza die fristlose Entlassung. Ein Sprecher des brasilianichen VerbandsI informierte vor dem Spital die Medien über die Operation mit dem abschließenden beruhigenden Satz: „Neymar ist wieder auf seinem Zimmer.“ In sechs Wochen werde es erste Informationen zum Heilungsverlauf geben. In Paris nervt einstweilen einige Spieler das Getue um Neymars Ausfall. „Nur Neymar hier, Neymar dort, ansonst nichts. Das geht nicht. Ehrlich. ich weiß nicht mehr, was ich über ihn sagen soll“, regte sich Innenverteidiger Presnel Kimpembe auf. Die Möglichkeiten, Neymar zu ersetzen, sind mit dem deutschen Weltmeister Julian Draxler und Argentiniens Vizeweltmeister Angel di Maria nicht gerade schlecht.

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