Seit Dienstag Abend ist Österreichs Meister eine Ausnahme in Europa. Mit dem Schlusspfiff im Bernabeu-Stadion, mit dem unglücklichen Scheitern von Bayern in der Champions League, ist Red Bull Salzburg jetzt die einzige Mannschaft, die in dieser Saison ein Triple, also drei Titel gewinnen kann. Den Meistertitel haben die Bullen so gut wie verteidigt, Cupsieger können sie am kommenden Mittwoch in Klagenfurt gegen Sturm Graz werden. Das Europa League-Schicksal entscheide sich schon heute und wenn das positiv ausgeht, es gelingt, das 0:2 von Marseille aufzuholen, dann am 16. Mai in Lyon im Endspiel gegen den Sieger aus Atletico Madrid gegen Arsenal. Alleine diese Ausgangsposition übertrifft alle Erwartungen. Wer jetzt behauptet, er habe es immer schon für möglich gehalten, der spricht nicht die Wahrheit.
Wenn sich die Triplehoffnung erfüllt, käme Salzburg auf 63 Pflichtspiele in dieser Saison. Das zweite Semifinale gegen Marseille ist das 57. Daheim sind die Himmelstürmer seit 38 Pflichtspielen unbesiegt, haben davon 30 gewonnen. In diesem Jahr neun von zehn. Nur gegen Borussia Dortmund gab es ein Unentschieden, mit dem der Aufstieg unter die letzten acht fixiert wurde. Dortmunds Trainer aus Wien, Peter Stöger, wird sich daheim Köln das Match vor dem TV nicht entgehen lassen: „Ich weiß keinen Grund, warum man Salzburg den Aufstieg nicht zutrauen sollte“, verteilte er Komplimente an seine Bezwinger. Er hatte beim Hinspiel ähnliche Eindrücke wie sein Kollege Marco Rose: „Salzburg ist physisch stärker, kann mehr zusetzen.“
Rose weiß die Mannschaft komplett hinter sich. Sein Assistent Alexander Zickler, der mit Bayern München 2001 in Mailand gegen Valencia im Elferkrimi die Champions League gewonnen hatte, nannte letzten Montag im „Talk aus Hangar 7“ bei Servus-TV den einfachen Grund: „Weil er allen ihre Spielzeiten gegeben hat. Das machte in Salzburg kein Trainer vor ihm.“ Also darf man sich auf das vierte Spiel des Jahres in Wals-Siezenhem freuen. Nach dem 2:1 gegen Real Sociedad aus Spanien, dem 0:0 gegen Dortmund und dem 4:1 gegen Lazio Rom mit den vier Minuten für die Ewigkeit von 1:1 auf 4:1. Bisher verdiente Salzburg allein an den Aufstiegsprämien 9,23 Millionen Euro. Die Zuschauerbilanz ist schon endgültig: 154.382 Fans kamen zu den Heimspielen, macht einen Schnitt von 15.438. Für Rose fühlt sich der Höhenflug aber noch unvollendet an.
Ein Glatzkopf muss auch als gutes Omen herhalten: Der russische Referee Sergei Karasev, der 2016 bei der EURO und Olympia im Einsatz war, ein Jahr darauf bei der U 20-Weltmeisterschaft. Er pfiff schon das 2:1 im ersten Spiel des Jahres gegen Real Sociedad, damals am 22. Februar noch vor nur 13.912 Zuschauern. Übersah zum Unterschied vom Schotten William Collum letzte Woche, keinen Elfmeter, sondern pfiff einen, den Valon Berisha zum Aufstieg verwandelte. Donnerstag Abend sind es 29.500 Fans. Da wird es wie schon gegen Dortmund und Lazio viel lauter als vor zweieinhalb Monaten, wird die Mannschaft noch mehr nach vorne gepusht wie damals. Puls 4 rechnet mit neuen Rekordquoten, hat wie immer Johnny Ertl, den ehemaligen England-Legionär aus der Steiermark, als Experten vor Ort. Bei „Sky“ sind es Heribert Weber und Andi Herzog, Weber sozusagen als lebende Erinnerung an Salzburgs letzten Aufstieg in ein Europacupfinale. 1994 war er der Kapitän und Abwehrchef von Austria Salzburg, rechts verteidigte Leo Lainer. Sein Sohn Stefan, in der deutschen Bundesliga von Hoffenheim bis Mönchengladbach ein Thema, kann es dem Herrn Papa gleich machen. Herzog konstatierte schon letzte Woche beim Hinspiel im April, dass die Marseille-Spieler im Finish mit Krämpfen wie die Maifliegen umflogen. Hoffentlich bleibt´s im Mai so, zeigt sich das dann auch im Resultat. Die tipp 3-Quoten sehen Salzburg noch als Aussenseiter: Wer zehn Euro auf Salzburg als ersten österreichischen Sieger eines europäischen Bewerbs setzt, würde 150 zurückbekommen. Wer auf Marseille wettet, kassiert nur 35.