Wenn sich eine Mannschaft auf ein Großereignis in Lindabrunn vorbereitet, dann werden Erinnerungen an die Weltmeisterschaft 1978 in Argentinien wach. Als in rund 40 Kilometer Entfernung von Wien die Basis für die Siege von Buenos Aires und Cordoba über Spanien, Schweden und Deutschland, Platz sieben in der Endabrechung gelegt wurde. Als es in der Sportschule beim Prämienpoker fast zum großen Krach und Eklat gekommen wäre. Als der damalige ÖFB-Boss Karl Sekanina nach Lindabrunn kam, um Friedl Koncilia, Robert Sara, Erich Obermayer, Bruno Pezzey, Kurt Jara Herbert Prohaska, Willi Kreuz und Hans Krankl usw. die Daumenschrauben anzusetzen, sass die Mannschaft geschlossen beim Heurigen zur Jause.
Bis Mittwoch bereitete sich Österreichs Unter 17 unter ihrem Teamchef Manfred Zsak in Lindabrunn auf die Europameisterschaft in Irland vor, die für sie Samstag gegen Spanien im Carlisle Grounds von Wicklow beginnt, Dienstag gegen Italien und Freitag gegen Deutschland weiter geht: „Wir haben drei Gegner, die das Potenzial zum neuen Europameister haben“, wusste Zsak. Da wäre es eine ähnliche Sensation wie beim Nationalteam 1978, die Gruppe zu überstehen und aufzusteigen. Gar eines der fünf Tickets für die Weltmeisterschaft in Brasilien zu erobern, klingt derzeit unvorstellbar. Zumal es bei der Eliterunde vor zwei Monaten in der Türkei ein 1:4-Debakel gegen die Italiener gegeben hatte: „Das war damals so, als hätten Buam gegen Väter gespielt“, erinnert sich Zsak. Ab Samstag warten noch zwei Gegner solchen Kalibers. Da bliebt nur die bekannte Devise, die heißt, du hast keine Chance, also nütze sie. Zsak drückte die Visionen für diese Europameisterschaft anders aus: „Wir haben nichts zu verlieren oder verschenken. Sie müssen mit der pfeif mi nix-Mentalität locker an die Sache ran gehen. Zeigen, was sie drauf haben, dürfen keinesfalls in Ehrfurcht sterben.“
Von der besten Truppe, die er in seinen zwölf Jahren als Nachwuchsteamchef unter seinen Fittichen hatte, redet er nicht. Dafür hält er die mit Louis Schaub, Marcel Sabitzer, Alessandro Schöpf und Thoms Murg, die vor sechs Jahren in Traiskirchen an Frankreich in der Qualifikation zur U 19-Europameisterschaft gescheitert war. 2015 war Zsak erstmals bei einer U 17-EM. In Bulgarien mit Spielen, die vier Jahre später bereits im Nationalteam spielten. Wie Max Wöber oder Kevin Danso. Und jetzt? „Keine herausragende Einzelspieler, aber ein sehr gutes Kollektiv, wenn alle hundert Prozent bringen. Anders haben wir keine Chance auf Überraschungen, die wir liefern wollen.“ Auch 2015 hieß der Gegner zum Start Spanien. Auf ein 1:1 folgten ein 0:1 gegen Kroatien und ein 1:1 gegen Bulgarien.
Zu Zsaks Trainerteam gehört außer dem langjährigen Assistenten Hans Füzi auch der Vater von Austria-Tormann Patrick Pentz, der für die Keeper Nikolas Polster von Rapid und Philipp Jorganovic von Werder Bremen zuständig ist, und der Vater von Austria-Spieler Dominik Prokop als Mentalcoach. Alles muss in Irland funktionieren und zusammenpassen. Der zweite Legionär kommt von Chelsea. Thierno Ballo eilten vor Jahren wahre, wahrscheinlich übertriebene Lobeshymnen vom Jahrhunderttalent voraus, die er noch nicht in dieser herausragender Form bestätigen konnte. Jetzt wäre Rapids Yusuf Demir ein Ausnahmetalent. Der aber zum Bedauern Zsaks nach einer Meniskusoperation nicht fit wurde: „Er ist mit seinen erst 16 Jahren bereits einer, der den Unterschied ausmachen könnte.“ Je vier Spieler kommen von Austria und Admira. Den violetten Talenten Matthias Braunöder und Stefan Radulovic sollen bei vielen Scouts, die nach Irland kommen, auf der Liste stehen, Ebenso Rapids Mittelfeldspieler Deniz Pehlivan, der nicht mit dem früheren Teamspieler verwandt ist. Zsak hält wenig davon, dass Talente in diesem Alter bereits in Ausland übersiedeln Mit 19 oder 20 wäre das auch noch früh genug.
Zsak, bei seinen 49 Länderspielen auch WM-Teilnehmer 1990, hat einige DVDs von den drei Gegnern analysiert. Da bleibt nur die Marschroute kompakt stehen, die Möglichkeit zum schnell umschalten, nützen: „Auf viel Ballbesitz werden wir nicht ausgerichtet sein.“ Bei Deutschland ist mit Karim Adeyemi auch ein Spieler von Liefering dabei. Dass der mittlerweile 54jährige Ex-Austrianer Zsak bei violetten Trainerentscheidungen bisher nie ein Thema war, auch jetzt keines ist, gehört zu den Dingen, die in Sachen Austria nicht nachvollziehbar sind. Auf die Frage nach dem warum blieb bisher die violette Führungsetage eine schlüssige Begründung schuldig. U 17-Sensationen in Irland würden daran nichts ändern.