Einen Salzburger Triumph über Chelsea gab es nur am Nachmittag in der Youth League. Beim 5:1 (3:1) erzielte Karim Konate, der 18 jährige Stürmer von der Elfenbeinküste, drei Treffer. Am Abend gelang in der Champions League nur ein Tor. Und das war diesmal zu wenig, weil der FC Salzburg im fünften Gruppenspiel trotz einer herausragenden Partie von Tormann Philipp Köhn erstmals mehr als eines bekam. Es bedeutet bei Österreichs Meister etwas Außergewöhnliches, wenn der Keeper der beste Mann ist. Und zeigte zugleich, dass etwas nicht wie geplant lief, daher nicht stimmte. Das führte zur ersten Heimniederlage unter Trainer Matthias Jaissle. Aber das 1:2 (0:1) kostete nicht die Aufstiegschancen, obwohl Milan Salzburg durch ein 4:0 (1:0) bei Dinamo Zagreb überholte, auf Platz zwei liegt. Den kann Salzburg durch einen Sieg beim „Finale“ nächste Woche im Meazza-Stadion zurückholen. Und wenn das nicht gelingt, müsste es zu Platz drei und weiter spielen in der Europa League reichen. Außer Dinamo Zagreb gewinnt bei Chelsea an der Stamford Bridge.
Beeindruckend der einminütige Applaus als Gedenken an Didi Mateschitz vor Anpfiff. Beeindrucken konnten danach auch die starken Reaktionen von Köhn (Bild oben), denen es zu verdanken war, dass Chelsea zur Pause nur 1:0 führte. Innenverteidiger Oumar Solet fiel aus, für ihn begann Bernardo im Abwehrzentrum neben Strahinja Pavlovic. So wie beim 1:1 in London. Nur klappte es diesmal nicht so gut. Bernardos erste Aktion war eine verunglückte Rückgabe per Kopf zu Köhn, der Schweizer verhinderte gegen Kai Havertz das schnelle 0:1. Er zögerte den Rückstand auch einige Male gegen Pierre Emerick Aubameyang hinaus, aber nach 23 Minuten passierte es doch. Mit etwas Pech. Kapitän Max Wöber spitzelte im Strafraum den Ball zwar vom Fuß von Aubameyang, was aber zur Vorlage für Matteo Kovacic wurde, der völlig frei stand. Der in Linz aufgewachsene Kroate übernahm direkt, traf mit links genau ins Eck.
Warum bekam Salzburg bis zur Pause keinen Zugriff auf das Spiel, konnte Chelsea nie wie geplant unter Druck setzen? Lag es an der überraschenden Aufstellung von Chelseas Trainer Graham Potter im 3-4-1-2 mit dem Amerikaner Christian Pulisic und Raheem Sterling als offensive Wing-Backs an den Seiten? Chelsea war bis zur Pause klar besser, kombinierte in aller Ruhe, wodurch die Salzburger kaum in die Zweikämpfe kamen. Das gelang in dieser Saison zuvor keiner Gastmannschaft im Stadion von Österreichs Topklub, auch wenn zuletzt in der Bundesliga weder Rapid noch LASK oder zuletzt Sturm Graz in Salzburg verloren. Im „Sky“-Studio behauptete der selbst ernannte Taktik-Experte Marko Stankovic in der Halbzeit, Jaissle habe die Partie vercoacht, weil er nicht mutig genug spielen haben lassen. Das war aber weit hergeholt.
Drei Minuten nach der Pause sah alles schon viel besser aus: Eine perfekte schnelle Umschaltaktion brachte den Ausgleich. Über Junior Adamu und Noah Okafor kam der Ball in den Lauf von Wöber. Dem gelang eine perfekte Flanke, die der mit gesprintete Junior Adamu im Strafraum direkt übernahm. Das 1:1 entgegen dem Spielverlauf. Es folgte aber kein Salzburger Sturmlauf. Im Gegenteil, Chelsea legte wieder zu. Daher dauerte die Freude nur 18 Minuten. Dann zirkelte Kai Havertz, der im Champions League Finale 2020 gegen Manchester City das goldene Tor erzielt hatte, den Ball nach Pass von Pulisic perfekt ins Kreuzeck. Ein Supertor eines Klassespielers. Auch wenn man bekritteln konnte, dass Pavlovic Havertz zu viel Platz ließ. Danach begnügte sich Chelsea damit, den Vorsprung zu halten. Das gelang, weil Abwehrchef Thiago bei einem Kopfball von Pavlovic nach Fehler von Tormann Kepa vor der Linie rettete. Die Joker Benjamin Sesko (statt Luka Sucic), Roko Simic (für Okafor) und Andreas Ulmer (für Wöber) konnten nichts mehr bewegen, daher steht Chelsea schon im Achtelfinale.
„Wir haben mit der bisher jüngsten Mannschaft in der Champions League einer Mannschaft mit Weltklassespielern einen tollen Fight geliefert. Darauf bin trotz der Niederlage stolz“, meinte Jaissle. Das Durchschnittsalter der Startelf betrug 21,6 Jahre, das von Chelsea 27,2. Am Matchplan habe man laut Jaissle in der Pause nichts geändert: „Der war wie gewohnt. Nur muss man halt berücksichtigen, dass auch ein Gegner mitspielt!“ Laut UEFA-Statistik liefen die Salzburger 113,2 Kilometer. Um 3,4 mehr als die Sieger. Aber das half nicht.
Foto: UEFA.