David Alaba ist mit Bayern München trotz der von Augsburg überraschend gestoppten Siegesserie unangefochten Tabellenführer. Ebenso Thorsten Schick in der Schweiz mit Young Boy Bern, ohne dort wie Alaba zu den Stützen und zum Stamm zu gehören. Es gibt aber noch einen dritten österreichischen Legionär, der Tabellenführer ist. In dem Land, aus dem die nächsten Europa League Gegner von Red Bull Salzburg und Rapid kommen. In Schottland. Dort führt nach sechs Runden Heart of Midlothian mit fünf Punkten Vorsprung auf die Glasgow Rangers, die Donnerstag in einer Woche Rapid empfangen. Bisher immer erste Wahl bei den Hearts im defensiven Mittelfeld mit der Nummer fünf: Peter Haring, letzte Saison noch mit Ried am Aufstieg in die Bundesliga gescheitert. Fünf Siege und ein Unentschieden schaffte der 25jährige bisher mit seiner neuen Mannschaft, spielte dabei immer durch. Das 0:0 am letzten Samstag gegen Livingstone im modernisierten Tynecastle Park von Edinburgh, der 20.000 Zuschauern Platz bietet, meist ausverkauft ist, empfand der Burgenländer als ersten leichten Dämpfer.
Was Haring und Alaba gemeinsamen haben: Beide bestritten kein Spiel in Österreichs höchster Spielklasse. Alaba, weil er schon im Nachwuchs von der Austria zu Bayern wechselte. Haring, weil ihn das Verletzungspech einholte, als er vor sechs Jahren vom ASK Baumgarten wie mehr als ein Jahrzehnt zuvor Andi Ivanschitz, zu Rapid gewechselt war. Der damalige Trainer Zoran Barisic ließ Haring zwar oft bei der Kampfmannschaft trainieren, aber immer, wenn er nahe daran war, den Sprung zu schaffen, kehrten die Knieprobleme zurück. Die Kniescheibe sprang des öfteren heraus, das konnte nur mit einer Operation beseitigt werden. 2015 entschloss er sich dazu, einen Schritt zurück zu machen, neu zu beginnen und durchzustarten. Das gelang in Vorarlberg bei Austria Lustenau, setzte sich dann in Ried fort. In Lustenau wurde Haring als Innenverteidiger „entdeckt“. Als er im Mai mit Ried nicht den Aufstieg schaffte, sagte er seinem Manager Otmar Hackl: „Ich muss wechseln, den nächsten Schritt tun.“ Im Urlaub kam Hackls Anruf mit dem Angebot von Hearts. Haring musste nicht lange überlegen, flog nach Glasgow und unterschrieb bis 2020. Günstig, dass Hackl den 53jährigen Hearts-Trainer Craig Levein persönlich gut kannte. Dessen Assistent Austin McPhee hat diese Funktion auch bei Nordirlands Teamchef Michael O´Neill. Daher sind auch die Nations League-Duelle zwischen Nordirland und Österreich ein Randthema, wenn Haring mit McPhee plaudert.
Bei Hearts ist er der zweite österreichische Legionär in der Klubgeschichte. Der erste war Thomas Flögel in seiner Zeit als Teamkapitän zwischen 1997 und 2002. Flögel schaffte 1998 als erster und bisher einziger Österreicher den schottischen Cupsieg, Haring ist der erste österreichische Tabellenführer in der Premiership. Gekauft hat ihn Levein als Innenverteidiger, während der Vorbereitung stellte er ihn ins zentrale defensive Mittelfeld. Und dort blieb Haring bisher. Hearts kassierte erst zwei Tore, das spricht für gute Defensivarbeit. Gleich in der ersten Runde gelang ihm zum 4:1-Auswärtssieg gegen Hamilton ein Doppelpack, in de zweiten Runde jubelte Hearts im Tynecastle Park über ein 1:0 gegen Meister Celtic, Salzburgs nächsten Gegner. In Schottland wird schon deutlich intensiver, kampfbetonter gespielt als in Österreichs zweiter Liga, aber Haring hat die Umstellung geschafft: „Ich kann zufrieden sein, war ja Beginn darauf eingestellt, dass alles schneller wird, als ich es bisher gewohnt war. Wenn Erfolge da sind, taugt einem alles.“
Unterwegs zu einer unverhofften Traumkarriere? Die Prognose empfindet Haring als etwas übertrieben. Das Ziel von Hearts ist es einmal, unter die Top vier zu kommen, sich für die Europa League zu qualifizieren. Das gelang in den letzten zwei Saisonen nicht, soll kein drittes Mal passieren. Das höchste Budget in der Liga haben eindeutig die Klubs aus Glasgow, zuerst Celtic und dann die Rangers, die Gegner von Rapid und Salzburg: „Ein bisschen länger ärgern wollen wie sie schon“, behauptet Haring. Celtic gibt er in Salzburg trotz des starken belgischen Abwehrorganisators Dedryck Boyata weniger Chancen als den Rangers daheim gegen Rapid: „Celtics Stil ist auf Ballbesitz aufgebaut. Und das kann gegen Salzburg total ins Auge gehen.“ Bei den Rangers ist alles neu: Die Liverpool-Legende Steven Gerrard als Trainer, die von ihm zusammengekaufte Mannschaft: „Die leben vom Kollektiv, steigern sich mit fast jedem Spiel, wie das unerwartete 2:2 in Spanien gegen Villarreal zeigte.“ Den zwei Stürmern aus Kolumbien und Nordirland, Alfredo Morelos und Kyle Lafferty, traut Haring nach seinen bisherigen Eindrücken zu, Rapids Abwehr in Verlegenheit zu bringen. Den 31jährigen Lafferty kauften die Rangers im August um eine 600.000 Euro von Hearts.
Beim Rapid-Spiel wird Haring im Ibrox-Park nicht auf der Tribüne sitzen. Erstens weil seine Schwester zu dieser Zeit auf Besuch kommt, zweitens weil er mit Hearts drei Tage später selbst dort spielen wird. Nach derzeitigem Stand wäre es das schottische Spitzenduell. Das wichtigste Match im Herbst kommt aber erst Ende Oktober: Sein erstes Edinburgh-Derby gegen die Hibernians. Das zu gewinnen ist für die Hearts-Fans.das allergrößte. Erinnert ihn etwas an Wien und Rapid-Austria. Da sass Haring allerdings nur auf der Tribüne.