Er ist gebürtiger Salzburger, kam über Austria Klagenfurt 2019 nach Wien zur Austria, ging nach zwei wechselvollen und nicht wirklich erfolgreichen violetten Jahren in die zweite deutsche Liga zu Holstein Kiel, machte dort eine achtmonatige Leidenszeit durch, steht jetzt wahrscheinlich vor der erfolgreichsten Saison seiner Karriere: Benedikt Pichler schoss mit sieben Toren in 14 Runden, darunter zwei letzten Sonntag zum 3:0 am Betzenberg in Kaiserslautern (Bild), die Norddeutschen mitten ins Aufstiegsrennen. Holsten Kiel ist unerwartet Dritter, liegt nur einen Punkt hinter dem Zweiten, dem Hamburger SV, der Freitag das Derby bei Tabellenführer St. Pauli vor der Brust hat. Holstein Kiel empfängt Samstag Aufsteiger Wiesbaden. Pichler scheint in der Torschützenliste auf Rang vier, stand zuletzt erstmals auf der langen Abrufliste von Österreichs Teamchef Ralf Rangnick.
„Eigentlich kommt das alles eher unerwartet“, gibt Pichler zu, „aber niemand hat etwas dagegen!“ Vom Aufstiegschancen redete in Kiel nach Achterbahn-Resultaten der Vorsaison und der Runderneuerung im Sommer mit 16 Abgängen und neun Zugängen im Rahmen begrenzter wirtschaftlicher Möglichkeiten niemand. Jetzt sieht es anders aus. Auch wegen der Nummer neun aus Österreich, Pichler. Er genießt seinen Höhenflug. Verständlich, wenn man die letzten Jahre betrachtet. Die erste Saison bei Austria unter Christian Ilzer verlief durchwachsen. Nur fünf Tore bei 20 Einsätzen. 2020/21 klappte es unter Peter Stöger mit neun Toren und acht Assists schon besser. Als er danach das Gefühl hatte, bei Manfred Schmid nicht wirklich gefragt sein, entschloss er sich noch im August 2022 nach fünf Spielen zum Wechsel. Berater Philipp Mirtl vermittelte die Kontakte nach Kiel, die Austria war wegen der finanziellen Lage froh, eine Million Euro für ihn zu bekommen. Obwohl die Transfersumme eigentlich höher sein müssen.
In Kiel war er dann nach sieben Partien acht Monate von September 2022 bis Mai 2023, außer Gefecht. Eine langwierige Schleimbeutelentzündung in der Ferse. Es gab immer wieder Rückschläge, Zeiten, in denen Pichler jeder Schritt weh tat: „Es war, als würde man einen Messerstich fühlen“. Aber die schweren Zeiten haben ihn auch weiter gebracht: „Irgendwie habe ich gelernt, mit dem zufrieden zu sein, was man gerade hat, nicht erzwingen zu können!“ Mit einem Spezialschuh kam die „Heilung“, in den letzten drei Spielen der vergangenen Saison war er wieder dabei. Den Kopf darüber zu zerbrechen, wie lange er mit Holstein Kiel ganz oben mithalten kann, kommt „Benni“, wie ihn seine Freunde rufen, nicht in den Sinn. Die Devise: Alles versuchen, seinen „Flow“ nicht zu gefährden, sondern fortzusetzen. Bekannte Namen in Kiels Mannschaft? Der 23 jährige Jann Fiete Arp galt in seiner Bayern-Zeit, die bis 2021 dauerte, als größte deutsche Stürmerhoffnung. Routinier Lewis Holtby war in jüngeren Jahren bei Tottenham, spielte zuvor in Mainz mit österreichischen Teamspielern (Christian Fuchs, Andreas Ivanschitz) zusammen.
„Mein Traum war es schon immer, einmal in der deutschen Bundesliga zu spielen“, gesteht Pichler. Wenn es mit Kiel nicht gelingt, könnte ihn vielleicht ein Bundesligaklub am Zettel haben, wenn er so weiter trifft. Aber der Vertrag an der Kieler Förde läuft bis 2025, daher sind Transferüberlegungen kein Thema. Die Europameisterschaft im nächsten Jahr mit Österreich? Die Berufung auf die Anrufliste gab ihm doch den leisen Hinweis, nicht chancenlos zu sin. Auch wenn sich Rangnick bei ihm bisher nicht meldete, es keinen Kontakt gab.
Foto: Holstein Kiel.