Eine Woche nach dem großen Meisterumzug in Bern mit fast 50.000 Fans, die Adi Hütter, den ersten Meistertrainer der Young Boys seit 1958 mit „Trainergott“-Transparenten huldigten, soll in seinem letzten Match vor dem Wechsel zu Eintracht Frankfurt nochmals Geschichte geschrieben werden: Im Cupfinale gegen den FC Zürich soll das erste Double seit 60 Jahren fixiert werden. Der Heimvorteil im Stade de Suisse auf Kunstrasen spricht für einen Triumph zum Abschied vom Trainergott. Sein Gegenspieler auf Zürichs Trainerbank, der ehemalige Schweizer Teamspieler Ludovic Magnin, meinte treffend: „Wenn ein Trainer einen Klub zum ersten Meistertitel nach 32 Jahren geführt hat, dann kann ihm nichts mehr den Abschied versauen Nicht einmal ein verlorenes Cupfinale.“ Doch dazu will es Hütter Sonntag ab 14 Uhr nicht kommen lassen.
Dass seine Spieler den Titel zu ausgiebig feierten, schloss Hütter aus. Von den vier Partien nach dem feststehenden Meistertitel gewannen die Young Boys drei, verlor nur beim entthronten Titelverteidiger Basel: „Alle haben sich auch beim Meisterumzug im Zaum gehalten, wirken fokussiert, konzentriert und hungrig“, versichert Hütter. Die größte Schweizer Zeitung, der „Blick“ , zeigt seit Tagen auf seiner Homepage den Young Boys-Meisterfilm, wählte Hütter wenig überraschend zum Trainer der Saison. Der gab die Auszeichnung bescheiden, wie er ist, sofort an seinen Staff weiter. Von dem er seinen steirischen Assistenten Christian Peintinger mit nach Frankfurt mit.
Auch Deutschland blickt wegen Hütter und einiger interessanter Spieler im Young Boys-Dress zum Cupfinale nach Bern. Die deutschen Medien sezierten seit der Bekanntgabe seines Wechsel zum deutschen Pokalsieger das neue 48jährige Trainergesicht in der deutschen Szene und fanden nur ein Manko: Es sei fraglich, ob er auch mit Krisen umgehen kann. Denn bisher hatte er noch keine zu meistern. Der technische Direktor von Young Boys, der an der Seite von Hütter am Erfolg, am ersten Double arbeitete, prophezeite: „Hütter wird auch in Frankfurt Erfolg haben.“ Das ist Stephane Chapuisat, der in Deutschland als ehemaliger Stürmerstar von Borussia Dortmund vorerst noch besser bekannt ist als Hütter.
„Hütter lässt laufen wie Niko Kovac und spielen wir Roger Schmidt“, titelte „SportBild“ nach der Analyse von Chapuisat. Ein Mix also aus seinen Vorgängern in Frankfurt und bei Red Bull Salzburg vor vier Jahren. „Er mag den schnellen Fußball, hat aber nicht nur einen Plan A“, verriet Chapuisat, „stehen die Gegner tief, setzt er auf mehr Ballbesitz“. Auch, dass Hütter im Umgang mit den Spielern den richtigen Ton zwischen Vertrauen und Druck findet, sehr selbstbewusst, beherrscht und akribisch ist, analytisch handelt, selten emotional, so gut wie nie schreit.
Muss alles stimmen denn sonst könnte Hütter nicht so eine Erfolgsbilanz haben, die auch Frankfurts Sportvorstand Fredy Bobic beeindruckte. Speziell, dass er mit harter Arbeit auch aus geringen Möglichkeiten das Optimismus herausholen kann. Siehe Grödig mit Aufstieg und Qualifikation für die Europa League. Auch in der Schweiz hätten vor Saisonbeginn nicht viele darauf gewettet, dass sich Hütter zum Trainergott krönen kann. Schon mit dem Meistertitel. Und als Draufgabe noch mit dem Double. In Frankfurt sollen 20 Millionen Euro bereit liegen, um den Cupsieger nach den Vorstellungen des Berner Trainergotts aufzurüsten. Aber im Vergleich zur Bundesligaspitze bleiben die Möglichkeiten trotzdem gering.