Mit dreijähriger Verspätung betrat er Freitag zum ersten Mal den Presseraum im Hütteldorfer Allianz-Stadion. Im neuen Job als Geschäftsführer Sport. Daher trug Zoran Barisic noblen dunklen Zwirn und weißes Hemd, als er auf der Bühne zwischen Präsident Michael Krammer und Wirtschafts-Geschäftsführer Christian Peschek sass. Dank Pressechef Peter Klinglmüller lief alles so ähnlich ab wie zu früheren Zeiten, als „Zoki“ Trainer war, im Trainingsanzug Rede und Antwort stand. Den Sportchef empfingen Vorschusslorbeeren in Form von Applaus der Journalisten. Und durch Lobeshymnen von Präsident Michael Krammer, in denen er die Arbeit von Barisic als Trainer lote, ihn als bestmögliche Wahl für seinen neuen Job bezeichnete, auch wegen dessen Rapid-Verbundenheit. Je länger man dies hörte, desto mehr musste man sich fragen, wieso Rapid und Krammer vor drei Jahren lieber dem damaligen Sportchef Andreas Müller folgten und nicht Barisic.
Beim ersten öffentlichen Auftritt als Sportchef wagte er sich klarerweise nicht aus der Deckung. In Wahrheit ist er bei der Erstellung des Ist-Zustands, für den er noch um Geduld bat, viel weiter als er es zugeben wollte. In Wahrheit hat er schon viel konkretere Pläne als er behauptete. Aber die will er zuerst den davon Betroffenen intern mitteilen. Einige werden ohnehin schwer schlucken müssen, wenn sie erfahren, wie sich Barisic die Zukunft vorstellt. So viele Freiheiten wie unter dem von Barisic geschätzten Fredy Bickel werden sie bei der Bewältigung ihrer Aufgaben nicht haben. Und das kann nur gut für Rapid sein.
Krammer gestand, bei der Nachfolge von Bickel wegen des großen Aufgabengebiets an eine Doppelspitze gedacht zu haben. Abgebracht hat das Präsidium ausgerechnet einer, der an der Seite von Barisic dafür eingeplant war, nämlich Helmut Schulte, der vor sechs Jahren in seinem Job als Sportchef den Trainer Barisic installiert hatte. Jetzt macht es Barisic allein, was Krammer nicht stört: „Er kann auch sehr gut delegieren.“ Der neue Geschäftsführer setzte damit sein Rückkehr-Ziel, das er bei der Trennung 2016 schon hatte, rascher um als von ihm selbst erwartet. Bei aller Hochachtung vor Red Bull Salzburg, die er wirklich für den Erfolgsweg des Serienmeisters hat, eine Kopie davon will er nicht versuchen. Rapid sieht er erstens als etwas ähnliches wie ein Organ von ihm, zweitens vor allem noch immer als den größten und besten Klub Österreichs: „Wir müssen schon unseren eigenen Weg finden. Das wird nicht von heute auf morgen gehen, aber es muss gelingen.“ Zwischen den üblichen Meinungen, dass Rapid immer unter den ersten drei landen müsse, ließ ein Satz aufhorchen: „Ich hab schon damals als Trainer die Meinung gehabt, dass Platz zwei nicht das Ende meiner Mission sein darf!“ Das bedeutet nichts anderes, als dass er Rapid wieder zur Nummer eins machen will. Wenn er das in den drei Jahren seines Vertrags als Sportchef schafft, dann müsste sofort ein „Zoki-Denkmal“ enthüllt werden. Gleich neben dem des legendären Dionys Schönecker vor dem Stadion.
Vorerst geht es an die Arbeiten für den Kader in der kommenden Saison. Da will er den von Bickel gelegten Spuren in Sachen Verkleinerung trotz 24 laufender Verträge folgen. Etwa bei Matteo Barac. Auch bei Deni Alar? Barisic betonte zwar, in Freund Didi Kühbauer in erster Linie einen Partner zu sehen, mit dem die Ansichten über Fußball nicht weit auseinandergehen. Aber jeder weiß, dass der Sportchef von Alar mehr hält als Trainer Kühbauer.. Einen Unterschied zu Bickel wird sichtbar sein: Barisic will bei den Spielen nicht auf der Bank neben dem Trainer sitzen, sondern alles von der Tribüne aus beobachten. Dass im November die Welt für ihn in Hütteldorf komplett anders aussehen könne, wenn ein neuer Präsident gewählt, ein neues Präsidium installiert wird, glaubt er nicht. Die coole Barisic-Ansage: „Dann muss ich eben die neue Führungsgarnitur so überzeugen wie die aktuelle.“
Ach ja, Fußball spielt Rapid auch noch. Samstag in Mattersburg. Abwarten, wie Kühbauer mit der Situation umgeht, dass Rapid Platz sieben bereits fixiert hat, den Fokus schon auf das Play off um den letzten Europa League Platz legen kann. Wird interessant, wie er das macht. Wie er die Tormannfrage entscheidet Ob Tobias Knoflach nochmals spielt oder Richard Strebinger wieder zurückkehrt. Wer Kühbauer kennt, weiß, dass er nicht zu seinem Ex-Klub Mattersburg fährt, um zu verlieren. Die Niederlage im März, die Rapid mit der schwächsten Frühjahrsleistung die Meisterrunde kostete, ärgert ihn noch immer. Ein anderer Ex-Klub von Kühbauer kann sich Samstag retten: Die Admira mit einem Heimsieg über Schlusslicht Wacker Innsbruck.