Jesse Marsch sagte schon vor Wochen, dass es höchste Zeit wird, dass es auch in Österreichs Bundesliga den Videoreferee geben wird. Am Sonntag schlossen sich Didi Kühbauer und Dominik Thalhammer dieser Meinung an. Nach den falschen Pfiffen bei Rapids Niederlage gegen Wolfsberg und beim Unentschieden des LASK gegen WSG Swarovski Tirol durchaus verständlich. Auch Rieds Trainer Andi Heraf wird Samstag in Hartberg sicher an den Videoreferee gedacht haben, weil der sicher mit dem gezogenen kalibrierten Linie erkannt hätte, das Hartbergs Ausgleich gegen Ried aus Abseitsposition fiel. Aber alle unterliegen einem Irrtum: Auch mit einem Videoreferee, der den Fußball ,fairer machen soll, wird es weiterhin Ärger und Diskussionen geben.
Vielleicht sogar noch einen größeren als nach der „Fehlerorgie“ der Unparteiischen und ihrer Assistenten am letzten Wochenende. Dessen ist sich auch Ligavorstand Christian Ebenbauer vor der wegen Corona um ein halbes Jahr verschobenen Einführung mehr oder weniger bewusst. Wahrscheinlich, sogar ziemlich sicher wird dann weniger der Schiedsrichter am Feld in Zweifel gezogen als der im Übertragungswagen. Dann werden sich in der Saison 2021/22 eben die Diskussionen etwas verlagern. In die Richtung, ob der Videoreferee dies hätte tun dürfen oder nicht. Denn eigentlich ist es ihm nur erlaubt, eine Entscheidung des Referees am Rasen kippen zu lassen, wenn es sich um einen klaren und offensichtlichen Fehler bei Strafraumszenen handelt. Es liegt im Ermessen des Videoreferees, ob ein Fehler klar und offensichtlich war. Damit ist der Streit schon programmiert,
In Deutschland und England gibt es den Videoreferee seit 2017. Die Anlaufschwierigkeiten müssten also eigentlich längst überwunden sein. Aber dennoch vergeht kein Wochenende ohne Diskussionen über das technische Hilfsmittel. Die Zeit der Ungereimtheiten, Irrungen und Wirrungen bleibt prolongiert, der Videobeweis funktioniert auch im vierten Jahr teilweise katastrophal, wird immer nerviger und unverständlicher – warum sollte das ausgerechnet in Österreich anders werden? In Deutschland hört man jetzt Forderungen, bei Hand- oder Foulspiel auf den Videoreferere zu verzichten, gab es Schlagzeilen wie „macht etwas Neues oder schafft ihn ab“, stellen viele fest, dass die minutenlange Warterei, bis im Videokeller strittige Szenen geklärt sind, bis man weiß, ob ein Tor zählt oder nicht, ob man jubeln darf, dem Fußball die Seele raubt. Oder dass mit dem Videobeweis mehr detektivische Arbeit betrieben wird statt zur Beurteilung einer Situation nach Sinn und Geist der Fußball-Regeln beizutragen. Vielleicht werden sich schon im Herbst in Österreich Trainer, die jetzt laut nach dem Videoreferee rufen, bald nach der Zeit ohne ihn sehnen.