Fußball

Wer ihn kannte, war von ihm fasziniert: Die Fußballwelt trauert um „Kaiser Franz“

Drei Stunden vor dem geplanten Beginn der großen Dokumentation über Franz Beckenbauer im Ersten Deutschen Fernsehen kam die Todesnachricht, die überall einen Schock, der tief sitzt, auslöste, obwohl man wusste, dass es um Deutschlands größten Fußballer aller Zeiten nicht gut stand. Sonntag schlief er mit 78 Jahren im Kreise der Familie in seinem Haus bei Salzburg friedlich ein.  Das Kompliment „Kaiser Franz“ bekam er schon zu aktiven Zeiten in Wien. Als Bayern zu einem Freundschaftsspiel gegen Austria gastierte, er neben der Büste von Kaiser Franz Joseph im Stadtpark fotografiert wurde. Wer ihn etwas näher kennenlernen durfte, der war von ihm fasziniert. Eigentlich in allen Funktionen: Als Spieler, der im Mittelfeld begann, bei Bayern die Position des „offensiven Libero“ sozusagen neu erfand, mit Deutschland 1972 Europameister und 1974 Weltmeister wurde, als Trainer, Teamchef, Präsident, WM-Macher, vor allem als Mensch, als herausragende Persönlichkeit. Für Österreicher hatte Beckenbauer immer eine Schwäche. Mit den Wienern Gustl Starek und Peter Pumm holte er seinen ersten Meistertitel bei Bayern. Insgesamt waren es vier, dreimal gewann er den Europacup der Meister,je einmal den der Cusieger und den Weltpokal, viermal den deutschen Pokal.  Ernst Happel bezeichnete er als besten Trainer, den er kennenlernte. Obwohl er nach der Rückkehr von New York Cosmos, wo er mit Pele zu einem legendären Team gehörte, das dreimal Meister wurde, nur eine Saison, die seine vorletzte war (1981/82), beim Hamburger SV unter ihm spielte. In Hamburg wurde Beckenbauer zum fünften und letzten Mal deutscher Meister.

Wenn Beckenbauer etwas als „Schmarrn“ bezeichnete, dann war klar, dass er überhaupt nichts davon hielt. 1984 übernahm er nach der Pleite bei der Europameisterschaft in Frankreich die Position des deutschen Teamchefs, wurde 1986 in Mexiko Vizeweltmeister, kam 1988 bei der Heim-EM ins Semifinale, wurde 1990 in Italien Weltmeister. Im Finale gegen Argentinien gewann Deutschland in Rom durch ein Elfmetertor von Andreas Brehme 1:0. Wenn Beckenbauer einmal zornig wurde, dann war man besser nicht in seiner Nähe. Die Wutausbrüche waren gefürchtet. Von 1994 bis 2009 war er Präsident von Bayern. Zweimal sprang er als Interimstrainer ein. 1994 und 1996, als die Bayern Meister und zwei Jahre später UEFA-Cup-Sieger wurden. Zu den herausragenden Ereignissen seines Lebenswerks gehörte, dass er die WM 2006 nach Deutschland holte, danach der Macher des Sommermärchens war.

Seit 1982 lebte er in Österreich. Zunächst bei Kitzbühel, ab 2005 in Salzburg. Aus der Öffentlichkeit hatte er sich bereits seit längerem zurückgezogen. Der Tod des von Sohn Stephan, der nur 46 Jahre alt wurde, hatte ihm schon 2015 schwer zugesetzt. Dann kamen die von einigen Medien in die Welt gesetzten Gerüchte um die WM 2006. Da ärgerte er sich über „Zauberer, die etwas aus einem Papierkorb heraus zaubern.“ Auch gesundheitlich ging es nur noch bergab: Augeninfarkt, Herz-Operationen, Parkinson, beginnende Demenz. „Kaiser Franz“ hat ausgelitten. Sonntag schlief er für immer ein.

Foto: FC Bayern Media.

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