Fußball

Wr.Neustadts Protest schreit nach Konsequenzen in Liga: Wann kommt neuer Präsident?

Montag musste die Ligazentrale einen Zuschauerrückgang in der letzten Saison der Bundesliga um neun Prozent zugeben. Aber was seit Dienstag offiziell ist, bedeutet einen viel schlimmeren Schaden: Wr.Neustadt läutete das Nachspiel zur verlorenen Relegation gegen St. Pölten ein. Das noch Wochen andauern könnte, ganz schlecht für das Image ist. Aus den Verlierern spricht die Frust über die Vorkommnisse der vergangenen Wochen mit der Bundesliga-Lizenz für Hartberg durch das unabhängige Schiedsgericht der Liga, die zweimal zuvor den Steirern verweigert wurde. Vom Senat fünf und vom Protestkomitee. Und dabei dürften so schlimme Verfahrensfehler passiert sein, dass im Schiedsgericht sogar der Vertreter der Bundesliga für die Lizenz von Hartberg stimmte, für ein 3:0-Abstimmungsergebnis sorgte. Das ist nur noch zum Kopfschütteln.

Also suchte  Wr.Neustadt in seinem Ärger einen Ansatz für einen Protest. Sportchef Andreas Schicker fand ihn: David Atanga, der Schütze von St. Pöltens Tor beim 1:1, am letzten Sonntag, hätte dabei gar nicht spielen dürfen. Drei Tage zuvor beim 2:0 in Wr.Neustadt fehlte der 21jährige Salzburg-Leihspieler (Bild oben) verletzt. Grund des Einspruchs: Laut einer FIFA-Regel darf zwar ein Spieler während einer Saison zwar bei drei Klubs gemeldet sein, aber nur für zwei in Aktion treten. Die Daten bei Atanga: Im Sommer kehrte er von Mattersburg nach Salzburg zurück, zog sich einen Mittelfußknochenbruch zu, war damit außer Gefecht. Für den Meister bestritt er danach im Herbst zwei Partien: 96 Minuten lang beim 3:1-Sieg nach Verlängerung  in der zweiten Cup-Runde über Bruck/Leitha in Parndorf sowie nur eine Minute in der Bundesliga beim 2:1 über Wolfsberg am 1. Oktober. Zwischen September und November trug er als Kooperationsspieler in sieben Partien der Ersten Liga den Dress von  Liefering, zweimal gegen Wr.Neustadt.

Da Paradoxe dabei: Nicht nur St. Pölten verstieß in der vergangenen Saison gegen diese FIFA-Regel, auch der LASK, Wolfsberg und selbst Wr.Neustadt. Mit Stürmer Alex Sobczyk, der im Herbst auch bei Rapid und St. Pölten zum Zug gekommen war. Schickers Version: „Wir setzten Sobczyk in den heiklen Partien gegen direkte Konkurrenten um den Aufstieg nicht ein, da wir von der Liga auf Anfrage erfuhren, dass es zu Schwierigkeiten kommen könnte, falls der Gegner protestiert.“ Auch wenn sich die Frage stellt, ob Sobczyk deshalb oder eher aus sportlichen Gründen fehlte, nützte Wr.Neustadt jetzt diese von der Liga ertitelte Auskunft aus. Bisher herrschte halt das Prinzip wo kein Kläger, auch kein Richter. Jetzt gibt es den Kläger erstmals  schon. Ligavorstand Christian Ebenbauer erinnerte sich daran, dass seit den Neunzigerjahren die Kooperationsspieler schon erlaubt waren, um jungen Österreichern mehr Spielpraxis zu ermöglichen, ohne dass dies als Transfer gewertet wurde. Die FIFA-Regel, die dies eigentlich ausschließt, entstand erst später.

Jetzt steht die Liga unter Zeitdruck. Zunächst der Senat eins. Wenn der Wr.Neustadt recht gibt und das zweite Spiel statt mit 1:1 mit einem 0:3 aus St. Pöltener Sicht wertet, heißt das Gesamtscore 3:2 für Wr.Neustadt. Und würde dank des Urteils am grünen Tisch Wr.Neustadt statt St.Pölten in der Zwölferliga spielen. Dann würde St. Pöltens protestieren, die endgültige Klärung noch weiter andauern. Ändert der Senat eins nicht das Ergebnis, wird sich Wr.Neustadt an die zweite Instanz  wenden. Und auch an das Schiedsgericht, falls auch das Protestkomitee beim Urteil der ersten Instanz bleibt. Auch das wird seine Zeit dauern. Jedenfalls unhaltbare Zustände, mit der die Bundesliga zu einer Lachnummern in Europa wird.

Falls Wr.Neustadt nicht in der Zwölfer-Liga vertreten ein wird, folgen happige Schadenersatzklagen gegen die Liga. Wegen der Verfahrensfehler in der Hartberg-Causa. Das ist so sicher wie das Amen im Gebet. Wahnsinn, was sich da abspielt. Auch wenn einige über Wr.Neustadts Protest die Nase rümpfen: Der ist das gute Recht, wenn man sich nicht korrekt behandelt fühlt, wofür es ja einige Ansatzpunkte gibt. Auch das Verhalten von Ligavorstand Reinhard Herovits sorgte in Wr.Neustadts Führungsetage für Verwunderung und Verbitterung. Eines steht aber auch klar fest: Es muss sich nicht nur in punkto Terminsteuerung der Lizenzvergaben, sondern auch an der Ligaspitze etwas ändern. Die Pietät um die Trauerzeit des verstorbenen Präsidenten Hans Rinner in allen Ehren, aber das Führungsvakuum  hat auch seine Nachteile. Wie man in den letzten Tagen erkennt. Und daher sollte vier Monate nach Rinners Tod die Suche nach einem neuen Präsidenten nicht weiter auf die lange Bank geschoben werden. Ein Vereinsvertreter als erster Vizepräsident an der Spitze ist nicht ideal. Das bedeutet nichts gegen Markus Kraetschmer. Aber als Austria-Vorstand hat er derzeit sicher auch genug beim eigenen Klub zu tun.

Seit Dienstag ist die Bestellung des bisherigen Akademiechefs Ralf Muhr zum technischen Direktor perfekt. Kraetschmer spricht von einer klaren Aufgabenverteilung. Muhr soll die Übergänge zwischen Nachwuchs, Akademie, Young Violets, wie die Amateure in der neuen zweiten Liga künftig heißen bis hin zur Kampfmannschaft noch fließender gestalten. In enger Absprache mit Sportchef Franz Wohlfahrt. Die Aussendung ist 41 Zeilen lang. In den letzten drei sagt Wohlfahrt, dass er sich über jede Hilfe freut. Die Klarstellung, ob Wohlfahrt der Chef von Muhr ist oder umgekehrt, sucht man aber vergeblich.

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