Fußball

Deutschland immer irrer: Abbruch wegen Fanprotesten nur eine Frage der Zeit

Zum Glück hat sich Österreichs Bundesliga bisher nicht ernsthaft mit dem Einstieg eines Investors befasst. Sonst würden sich in Wien, Linz, Salzburg, Graz, Klagenfurt usw. ähnliche Szenen abspielen wie in Deutschland seit 11. Dezember, als auf der Mitgliederversammlung der Liga der Antrag zum Einstieg eines Investors mit 24 Ja-Stimmen gerade die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit erhielt. Die Proteste der Fans von den Tribünen in der Bundesliga und zweiten Liga begannen rasch. Zunächst flogen Flummis, Goldtaler, Tennisbälle, am letzten Wochenende  waren es ferngesteuerte Spielzeugautos mit Rauchbomben oder wie in Freiburg ferngesteuerte Modellflugzeuge.  Was vor allem die Ultras oder auch selbst ernannte Besitzer des Fußballs inszenieren, führt immer wieder zu Spielunterbrechungen, zerstört den Spielfluss. Samstag dauerte die erste Hälfte bei Darmstadts 1:2 gegen Stuttgart sogar 70 Minuten. Nur eine Frage der Zeit, bis ein Abbruch folgt. Den soll die Ultras-Szene in Kauf nehmen. Der Abbruch liegt im Ermessen des Schiedsrichters, der Rücksprache mit der Polizei halten muss. Wenn die durch einen Abbruch eine Gefahr erkennt, wird weitergespielt.

Jeder hat zweifelsohne das Recht, sich für etwas einzusetzen, aber schön langsam wird es langweilig, nervt das.  Die Fans sind gegen einen Investor, befürchten dessen Einflussnahme und eine weitere Kommerzialisierung. Der Ligaverband will die Milliardeneinnahme für Weiterentwicklung nützen, 600 Millionen soll in Projekte wie Digitalisierung, bessre Übertragungstechnik, Wachstum im Ausland investiert werden. Die Vereine sollten 300 Millionen bekommen. Die verbleibenden 100 Millionen plant man, auf die Klubs aufzuteilen, die zu Werbezwecken in Ausland reisen. Der Investor soll 20 Jahre lang an den Vermarktungseinnahmen beteiligt werden, keinen Einfluss auf Anstoßzeiten oder Spielorte haben. Der Streit um die Abstimmung, bei der 24 Klubs in der geheimen Abstimmung dafür, zehn dagegen stimmten, sich zwei enthielten, dreht sich um Martin Kind, den Geschäftsführer des Zweitligisten Hannover 96. Er soll mit ja gestimmt haben, obwohl der Verein ihm die Ablehnung aufgetragen hatte. Deshalb sind die Proteste der Hannover-Fans besonders heftig. Vor einer Woche gab es beim Auswärtssieg in Hamburg im Hannovers Fansektor ein Transparent mit dem Foto von Kind im Fadenkreuz, womit zweifelsohne eine rote Linie überschritten wurde. Kind reagierte mit einer Anzeige.

Die Fans fordern eine neue Abstimmung, die offen und transparent sein soll. Das unterstützen auch Klubs, die gegen einen Investor sind, wie der1. FC Köln oder Union Berlin.  Die Liga ging darauf nicht ein, bot den Fans Gespräche an, die von einem Verbund zahlreicher Ultras-Gruppen abgelehnt wurden, weil es sich um eine reine Scheindebatte handle. Eine der zwei Investoren, mit denen verhandelt wurde, die US-Gesellschaft Blackstone, zog sich wegen der Fanproteste zurück. Bleibt somit nur das Finanzunternehmen CVC mit Sitz in Luxemburg, das bereits in die Ligen in Spanien (2,7 Milliarden) und Italien (1,5 Milliarden) investierte und 60 Prozent des Wettanbieters Tipico hält. Der ist Sponsor der DFL und von Bayern. Der saudi-arabische Staatsfonds ist an CVC beteiligt. Auch das ist den Fans ein Dorn im Auge.

Eine Annäherung ist derzeit nicht in Sicht. Die scheint nur möglich zu sein, wenn die Liga auf die Forderung nach einer neuerlichen Abstimmung eingeht. Noch in dieser Woche will das DFL-Präsidium zu dem Thema tagen. Ein erster Erfolg für die protestierenden Fans.

Foto: FAZ.

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