Fußball

Der Ruf nach dem Knipser gehen am wahren Problem vorbei

Franco Foda schien Donnerstag mit der Einwechslung von Marc Janko für die letzten elf Minuten nochmals die erfolgreiche Vergangenheit des Teams vor drei Jahren zurückzuholen oder beschwören zu wollen Vergebliche Liebesmüh. Das änderte nichts mehr an der enttäuschenden Nullnummer gegen Bosnien. Bei der Suche nach den Gründen für den verpassten Gruppensieg kam der fehlende Knipser vom Format eines fitten Janko in der geschafften Qualifikation wahrscheinlich am öftesten ins Gespräch. Aber die Rufe nach einem neuen Knipser gehen am wahren Problemen, die in den letzten vier Spielen das Team bremsten, vorbei: Wenn Chancen reihenweise vergeben werden, dann stimmt das Argument vom fehlenden Torjäger, der im Strafraum die Nerven behält, Sitzer in Tore verwandelt. Aber Österreich spielt keine oder zumindest zu wenige Chancen heraus.  Das war so beim 0:1 in Bosnien, beim 1:0 gegen Nordirland und Donnerstag beim 0:0. Und das gilt auch für das 0:2 in Dänemark. Und droht auch Sonntag beim Finale gegen Nordirland in Belfast, das keines mehr ist, weil Platz zwei einzementiert ist, so zu sein.

„Ich war der einzige, der Chancen hatte. Und da waren keine richtigen“, sagte Marko Arnautovic nachher in der Mixed Zone. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Unter richtig verstand er, alleine vor dem gegnerischen Tormann zu stehen. Wie gegen Nordirland nach dem Pass von Peter Zulj. Das nützte er zum Goldtor. Gegen Bosniens kompakte Abwehr gelang so ein entscheidender Pass in die Tiefe nie. Leider auch nicht Zulj (Bild oben). Die Halbchancen, die Österreich hatte? Vor der Pause nach einem schnellen Outeinwurf von David Alaba, in der zweiten Hälfte im Anschuss an einen Eckball heraus durch eine Alaba-Flanke auf den Kopf von Martin Hinteregger und eigentlich noch in dieser Aktion aus einer Flanke von  Xaver Schlager auf Marko Arnautovic. Bei dessen Seitfallzieher rettete Bosniens Abwehrchef Sunjic auf der Linie auch mit Hilfe seines Ellbogens. Weshalb „Bild“ Freitag schrieb: „Elfer-Klau verhinderte Ösi-Sieg“. Aber darauf alles aufzuhängen, wäre der komplett falsche Weg.

Man muss sich eingestehen, dass irgend etwas nicht stimmt. Und dies rasch beseitigt werden muss. Am 2. Dezember wird in Dublin die Qualifikation für die Euro ausgelost, dort wird Österreich auf Grund der Platzierung in der Nations League im zweiten Topf sein. Zwischen März und November 2019 muss alles besser funktionieren als im Herbst 2018: „Wir haben uns das anders vorgestellt, speziell in der ersten Hälfte. Wir brauchen mehr Überzeugung, müssen offensiv besser werden“, bekannt Teamchef Franco Foda. Die These, wonach Erkenntnisse wichtiger sind als Ergebnisse,kann für Testspiele gelten, aber nicht für die Nations League. Denn durch den verpassten Gruppensieg ist man auf bosnische Hilfe angewiesen, sollte das Team in einem Jahr nicht auf Platz eins oder zwei in seiner Gruppe aufscheinen. Denn nur wenn Bosnien dann das Ticket für die Euro 2020 erobert hat, bekommt Österreich nochmals eine Chance, es via Play-off zu schaffen.

Viele Alternativen zu seinem aktuellen Kader hat Foda nicht. Keine wie Jogi Löw in Deutschland, wo nach dem 3:0 im Test gegen Russland in Leipzig, bei dem das russische Team personell nichts mehr mit dem von der Heim-WM zu tun hatte, alle einen 19jährigen wie Kai Havertz von Leverkusen als Zentralfigur der Zukunft bejubeln, dank Manchester City-Star Leroy Sane, Paris St.Germain-Legionär Thilo Kehrer sowie den „Jung-Bayern“ Serge Gnabry und Niklas Süle fast alle Probleme beseitigt sehen. Personelle Alternativen in dieser Qualität hat Foda nicht in er Hinterhand. Sebastian Prödl, Florian Grillitsch, Marcel Sabitzer und Guido Burgstaller, die gegen Bosnien verletzt fehlten, gehören weiter dazu. Aber neue Namen aus der U 21? Da gibt´s schon einen Max Wöber, Hannes Wolf. Aber ob die das Kreativproblem beheben können? Im Vergleich zu erfolgreicheren Zeiten fehlt im Mittelfeld ein Typ wie Zlatko Junuzovic, ein Mann für entscheidende Impulse. Vielleicht sollt man analysieren, ob Arnautovic an der linken Flanke als „Tandem“ mit Alaba mehr bringen würde wie als vorderste Spitze. Schon weil dadurch auch Alaba mehr und besser ins Spiel kommen würde.

Manche stellten die Frage in den Raum, ob Österreichs Vorzeigetruppe Red Bull Salzburg Bosnien geschlagen hätte. Salzburg wirkt kompakter und eingespielter als das Team, was durch das ständige Training logisch ist. Salzburg kann mehr Power entwickeln, Vollgas geben ergibt bei Salzburg eine andere Intensität als bei der Nationalmannschaft. Ein Argument gegen den Meister: Er konnte Roter Stern Belgrad nicht schlagen Und Bosnien ist garantiert besser als Roter Stern. Einer Frage, der man sich stellen muss, ist auch die nach dem fehlenden Stellenwert des Teams bei den Fans. Die ausverkauften Partien im Mai und Juni gegen Deutschland und Brasilien lag offenbar an den attraktiven Gegnern. Wenn man von den 37.500 Zuschauern vom Donnerstag den Anteil der bosnischen Fans abzieht, bleiben wahrscheinlich nicht einmal 20.000 österreichische Fans. Noch weniger als im Oktober beim 1:0 gegen Nordirland. Am Termin unter der Woche kann es nicht liegen. Früher waren auch Mittwoch-Spiele ausverkauft. Das muss andere Ursachen haben. Zu hohe Kartenpreise? Die Frage, wie das  Team nach außen hin „verkauft“ und dargestellt wird? Vielleicht sollte man auch über mehr Fannähe nachdenken. Auch  bei diesem Thema muss man sich eingestehen, dass irgend etwas nicht stimmt. Bei der zweiten Auflage der Nations League ab 2020 wartet aber möglicherweise in Ticketseller: Deutschland stieg durch das 2:0 (1:0) über Weltmeister Frankreich fix in die Liga B mit Österreich ab. Egal, wie das Spiel gegen Holland am Montag in Gelsenkirchen ausgeht.

Foto: Sport.orf.at.

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