Deutschlands Ausscheiden bleibt vorerst das beherrschende WM-Thema. Oliver Glasner, der einzige österreichische Trainer in der Bundesliga, meinte in einem Interview für den hessischen Rundfunk, für ihn sei das Ende nicht überraschend gekommen, weil durch die Niederlage gegen Japan das Gesetz des Handelns verloren wurde. Die Schwächen in der Defensivarbeit hätten sich wie ein roter Faden durch die letzten Jahre gezogen. Die deutschen Medien fallen wie erwartet über ihre Versager her, bezeichnen Spieler als überschätzt, die sie zuvor hochgejubelt hatten. „Bild“ ist das beste Beispiel dafür, attackierte namentlich Joshua Kimmich, Leon Goretzka und Ilkay Gündogan: „Weltklasse ist bei uns keiner mehr!“ Kimmich gab zu, emotional am Ende zu sein, weil die Misserfolgsserie seit 2018 mit seiner Person in Zusammenhang gebracht werde. Mag sein, dass Spanier lieber Zweiter wurde, deshalb gegen Japan verlor, um bei einem möglichen Weg ins Finale zunächst nicht auf Vizeweltmeister Kroatien und danach auf Brasilien zu treffen. Mag sein, dass Japans Siegestor gegen Spanien irregulär war, weil der Ball zuvor über der Touroutlinie war, worauf die TV-Bilder mehr schließen lassen als dafür, dass alles korrekt verlief. Aber alles bedeutet keine Entschuldigung für das deutsche Scheitern.
Teamchef Hansi Flick nannte im ARD-Studio die Behauptung von Weltmeister Bastian Schweinsteiger, andere Nationen würden mehr brennen, „völligen Quatsch“ (Bild oben). Schweinsteiger kritisierte, einigen Spielern hätten fünf Prozent Konzentration gefehlt. Brennen bedeute nicht nur zu attackieren, sondern auch mit dem Kopf da zu sein. Das waren einige deutsche Spieler sowohl gegen Japan als auch beim „nutzlosen“ 4:2 gegen Costa Rica nicht. Flick ließ das nicht gelten. Manager Oliver Bierhoff, seit 18 Jahren für das deutsche Team zuständig, wird medial mehr infrage gestellt als Flick. „Bild“ verkündete das Ende einer einst großen und stolzen Fußball-Nation. Der Rückflug am Freitag Nachmittag war übrigens bereits vor dem letzten Gruppenspiel organisiert worden.
Nachbar und Erzrivale Holland sieht das alles natürlich mit Schadenfreude. Brennt selbst auf das Endspiel, eröffnet Samstag das Achtelfinale gegen die ungeschlagene USA. Deren Mannschaft Andi Herzog als talentierter bezeichnet wie jene vor acht Jahren, die mit Jürgen Klinsmann als Teamchef und ihm als Assistent unter die letzten 16 kam. Holland setzt voll auf Cody Gakpo, der als erster Oranje-Teamspieler in drei WM-Partien hintereinander traf. Bei PSV Eindhoven spielt Gakpo Linksaußen, im Team zentral als Nummer 10: „Er wollte es nicht, musste es aber tun“, behauptet Louis van Gaal, „jetzt denkt er, dass ich ein genialer Teamchef bin!“ So sieht sich der selbstbewusste 71 jährige garantiert. Als ein holländischer Journalist nach dem 2:0 gegen Katar zu behaupten wagte, nur die Ergebnisse seien gut, reagierte der Bondscoach irgendwo zwischen schlagfertig und arrogant: „Du guckst wohl anders Fußball als ich. Schreib, dass du alles doof findest. Im Finale wirst du uns sehen!“ Ins zweite Achtelfinale geht Samstagabend Argentinien mit Lionel Messi gegen Australier als haushoher Favorit. Die Quote auf denen Sieg der „Soccceroos“ steht bei tipp3 auf 16,5. Einen krasseren Außenseiter kann´s nicht geben.
Foto: ARD.