31 Minuten vor Mitternacht bestätigte Real Madrid am Sonntag die bisher schwerste Verletzung in der Karriere des erfolgreichsten österreichischen Fußballers aller Zeiten: Riss des vorderen Kreuzbands im linken Knie von Abwehrchef David Alaba. Das bedeutete für den 31 jährigen eine Pause von mindestens sechs Monaten. Ein Schock für alle. Für den Wiener, für Real Madrid und Österreichs Nationalteam. Die Mitspieler von Real, von Jude Bellingham bis zu Toni Kroos, twitterten noch Sonntag Genesungswünsche und Sympathiekundgebungen. Alaba ist der dritte Real-Star, der diese Saison einen Kreuzbandriss erlitt. Vor ihm waren es im Sommer der belgische Tormann Thibault Courtois und der brasilianischen Innenverteidiger Eder Militao. Derzeit stehen auch noch Verteidiger Daniel Carvajal, die französischen Mittelfeldspieler Eduardo Camavinga und Aurelien Tchouameni sowie der beste Stürmer, der Brasilianer Vinicius Junior, auf der Verletztenliste. Es wäre keine Überraschung, sollte Real im Jänner einen neuen Innenverteidiger verpflichten. Derzeit hat Trainer Carlo Ancelotti mit dem Deutschen Antonio Rüdiger und Routinier Nacho, der nächstes Monat 34 Jahre alt wird, nur zwei. Bei Real musste Alaba bisher nur wegen einer Adduktorenverletzung pausieren, in seiner langen Bayern-Zeit hatte er einen Bänderriss im Sprunggelenk, einen Ermüdungsbruch, zwei Innenbandrisse im Knie. Die liegen aber acht Jahre zurück.
Seit Sonntagabend fragt sich Fußballösterreich, ob die Europameisterschaft ohne den Teamkapitän über die Bühne gehen wird. So wie bei Real wird er auch als Führungsspieler sehr abgehen. Alabas Ehrgeiz machte seine Superkarriere möglich. Auch ein schnelleres Comeback als erwartet, sein 106. Länderspiel noch am 8. Juni, sechs Tage vor der EM-Start, gegen die Schweiz in St. Gallen? Dazu muss die Operation ebenso perfekt verlaufen wie die Reha. Sollte Alaba in seinem Vertrag eine freie Arztwahl haben, dann könnte auch der Innsbrucker „Kniespezialist“ Christian Fink den Teamkapitän operieren. So wie schon einige Stars wie Bayerns Leroy Sane, Xaver Schlager, die Italiener Giorgio Chiellini und Xavier Zaniolo, den Franzosen Lucas Hernandez oder Niklas Süle. Und jetzt offenbar auch Alaba, wie Montagabend Bayerns Ehrenpräsident Uli Hoeneß bei ServusTV andeutete.
Österreich ohne Alaba im Abwehrzentrum, das gab es schon in der EM-Qualifikation. Etwa zu Beginn in Linz. Beim 4:1 gegen Aserbaidschan hießen die Innenverteidiger Gernot Trauner und Kevin Danso. Als Feyenoord-Legionär Trauner vier Tage später gegen Estland ausfiel, begann Flavius Daniliuc. Zur Pause führte Estland, also musste Alaba, der wegen seiner gereizten Adduktoren eigentlich geschont werden sollte, kommen. Er ersetzte Daniliuc, bereitete den Ausgleich vor, Österreich gewann noch 2:1. Bei der 2:3-Heimniederlage gegen Belgien kamen Danso und Philipp Lienhart zum Zug, Danso wurde nach 66 Minuten ausgetauscht, sein Nachfolger war Samson Baidoo. Bei für das EM-Ticket entscheidenden 1:0 gegen Aserbaidschan in Baku spielte Max Wöber mit Lienhart. Da gab´s keine Probleme.
Lienhart profilierte sich im Laufe der Qualifikation als Fixstarter neben dem Kapitän. Wer ohne Alaba sein neuer Partner im Abwehrzentrum wird? Da Trauner auch nach einer Operation Probleme mit dem Knie hat, sind Danso und Wöber (Bild oben) die ersten Anwärter. Für Wöber spricht, dass er wie Alaba ein Linksfuß ist, er für den Spielaufbau daher die beste Lösung wäre, er jetzt auch bei Mönchengladbach nur auf dieser Position spielt. Allerdings wird er im Team auch als Linksverteidiger gebraucht.