Fußball

Louis Schaub hat den jüngsten Doppel-Boss aller Zeiten

Viele bezeichnen die durch die Ausbreitung des Corona-Virus geschaffene Situation des Profifußballs als seine bisher schwerste Krise. Aber selbst Zeiten wie diese verhindern keine absurden Machtkämpfe bei manchen Klubs. Da regiert offenbar Lagerdenken statt Einigkeit. Und deshalb gab´s beim Hamburger SV, dem Klub der Österreicher Louis Schaub, Lukas Hinterseer und Martin Harnik ein größeres Beben, nach dem die Jungen das Ruder übernahmen, damit den norddeutschen Traditionsklubs regieren. Die Krisensitzung dauerte vier Stunden und 19 Minuten, danach hatte Schaub den jüngsten Doppel-Boss aller Zeiten. In Person des ehemaligen deutschen Teamspielers Marcell Jansen (Bild oben). Der ist erst 34 Jahre alt und damit sogar zwei  jünger als Rapids Geschäftsführer Christoph Peschek.

Hintergrund der Grabenkämpfe ist die Angst, dass nach dem verpassten Aufstieg in der vergangenen Saison dies wieder droht. Eine dritte Saison in der zweiten Liga können sich die Hamburger nur schwer leisten. Da stand schon vor der Corona-Krise fest. Jansen ist der große Gewinner der Unstimmigkeiten. Vor einem Jahr wurde er mit 33  bereits Präsident des Gesamtvereins, der 76,2 Prozent Anteile der Fußball-AG hält.  Deren Aufsichtsratschef heißt jetzt auch Jansen, regiert daher als Doppel-Boss. Der Aufsichtsrat entließ den bisherigen Vorstandschef Bernd Hoffmann. Der 57 jährige musste bereits zum zweiten Mal gehen. Seine erste Ära dauerte länger, nämlich acht Jahre lang von 2003 bis 2011, umfasste auch die Zeit, in der ein Österreicher (Kurt Jara) Trainer in Hamburg war. Diesmal stolperte er nach bereits  knapp zwei Jahren vor allem über Differenzen mit dem erst 38 jährigen Sportdirektor Jonas Boldt. Dem Mann, der hinter dem Wintererwerb von Schaub als Leihgabe des 1.FC Köln gestanden war. Schon bemerkenswert. Nicht nur in Österreichs Bundesliga gibt´s keinen Präsidenten, der auch Aufsichtsratschef der für den Profibetrieb zuständigen AG ist. Auch keinen Präsidenten, der 45 Länderspiele bestritten hat und so jung ist. Das Alter der zwölf Bosse bei Österreichs Bundesligaklubs reicht von 46 bis zu 64. Der jüngste ist LASK-Präsident Siegmund Gruber.

Linksverteidiger Jansen gehörte zum deutschen Aufgebot, das 2008 bei der Europameisterschaft das Finale im Wiener Happel-Stadion gegen Spanien 0:1 verloren und zwei Jahre später bei der Weltmeisterschaft in Südafrika Rang drei erobert hatte. Nach elf Jahren in der Bundesliga bei Borussia Mönchengladbach, Bayern München und dem Hamburger SV beendete er mit 29 bereits seine aktive Karriere, was ihm auch einige Kritik eintrug. Vor einem Jahr startete die Funktionärskarriere. So nebenbei ist er auch Geschäftsmann, betreibt mit dem deutschen Haubenkoch Steffen Henssler ein Restaurant in Hamburgs Innenstadt.

Jansen hat einen wichtigen Fan hinter sich: Den 82 jährigen Milliardär Klaus Michael Kühne, der 20,6 Prozent der AG-Anteile besitzt. Er hatte im Vorfeld der Krisensitzung klipp und klar erklärt, dass sich der derzeit eher finanzschwache HSV nur dann Millionenhilfe, die nach Corona sicher nötig sein wird, von ihm erwarten darf, wenn Vorstandschef Hofmann  vorher nicht mehr im Amt ist. Der hatte stets versucht, Kühnes Einfluss etwas zu beschneiden. Das ging nicht gut für ihn aus. Jetzt regieren die Jungen beim HSV, nämlich Jansen und Boldt, mit einem 82 jährigen „Rückhalt. Egal, wann weiter gespielt wird, es ändert sich nichts:  Der Aufstieg muss her. Auch in Schaubs Interesse. Denn ansonst wird ihn der Hamburger SV nicht kaufen, müsste er nach Köln zurück. Was für ihn unvorstellbar ist.

 

Foto: Hamburger SV.

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