Fußball

22 Jahre nach Toni Polster: Louis Schaub als Sechster seit WM 1954 zum Vierten

Weltmeister Deutschland wollte Dienstag Abend laut „Bild“ in Köln das WM-Finale 2018 gegen Frankreich üben, rettete in der Nachspielzeit ein 2:2, fühlt sich daher derzeit als unschlagbar. Irland, der Österreich-Bezwinger in der Qualifikation, verspielte im Aviva-Stadium trotz 1:0-Führung vor den Augen einiger Rapid-Fans, die nach Dublin geflogen waren, seine WM-Chance mit einer 1:5-Debakel gegen Dänemark, zerbrach am dreifachen Torschützen, Tottenham-Star Christian Eriksen. Die Dänen sind damit erstmals seit 2010 wieder bei einer WM-Endrunde dabei. Und Österreich? Das Beste am Neubeginn unter Franco Foda war das Resultat, das glückliche 2:1 (1:1) gegen WM-Teilnehmer Uruguay. Die 11.700 Zuschauer, die schlechteste Kulisse bei Länderspielen im Happel-Stadion seit 1.März 2006 (9000 beim 0:2 gegen Kanada) zeigte, was die Fans vom ausgerufenen Neustart unter dem neuen Teamchef  hielten. Noch wenig. Und wer  nicht in den Prater kam, hatte ehrlich gesagt auch nicht viel versäumt.

Das Ereignis des Spiels hieß Louis Schaub. Es verwunderte, dass einer, der in den letzten drei Partien unter Marcel Koller gegen Georgien, Serbien und in Moldawien jeweils einmal getroffen hatte, auf der Bank beginnen musste. Als der Rapidler nach 59 Minuten seinen ehemaligen Mitspieler Florian Kainz ersetzte, sorgte er für neuen Schwung und das Siegestor. Fast eine Kopie seines Siegtreffers gegen Serbien, nur zwei Minuten früher: Wieder ein Freistoss von rechts mit links, wieder fast von der Outlinie, der  den Torhüter überraschte. Zweimal ins lange Eck. Sein drittes Siegestor hintereinander für Österreich. Danach wieder der Blick mit erhobenen Händen zum Himmel, das Gedenken an seinen verstorbenen Vater. Viermal hintereinander im österreichischen Teamdress zu treffen, das gelang nicht vielen Spielern. Schaub, den sein Wunsch,  die Viererserie bald einmal auch bei Rapid zu wiederholen, mit dem auf der Tribüne sitzenden grün-weißen Trainer Goran Djuricin verband, ist der erste im Team seit 22 Jahren, dem dies gelang. Insgesamt schafften es nur 13 Spieler, darunter vor dem zweiten Weltkrieg der legendäre Rapidler „Rigo“ Kuthan, in den Wunderteamzeiten auch der weltberühmte Matthias Sindelar. In  der Nachkriegszeit hat der 22jährige Schaub nur acht Vorgänger, mit Österreichs größtem WM-Erfolg 1954 als Dritter in der Schweiz nur fünf:

Vor  Schaub war das 1995 Teamrekordschütze Toni Polster in der Ära von Herbert Prohaska. Zwischen März und August sieben Tore in vier Spielen der verpassten Qualifikation zur EM 1996: Je zwei beim 5:0 gege Lettland und 7:0 gegen Liechtenstein in Salzburg, zwei in Dublin beim 3:1 gegen Irland, eines in Riga beim 2:3 gegen Lettland.

15  Jahre vor Polster traf unter Karl Stotz Kurt Welzl, damals Legionär in Holland bei AZ Alkmaar, viermal. Zwischen September und Dezember. Beim 2:0 in Finnland, 3:1 gegen Ungarn, beim 5:0 gegen Albanien in Wien und zum Goldtor in Tirana. Finnland und Albanien zählten zur erfolgreichen Qualifikation zur WM 1982.

Hans Krankl erzielte 1976 in fünf Spielen hintereinander Tore für Rot-Weiß-Rot, der Teamchef hieß Helmut Senekowitsch: Beim 3:1 gegen die Schweiz in Linz, beim 2:4 gegen Ungarn, das fast zum Teamchefwechsel geführt hätte, in Wien zweimal, beim 3:0 über Griechenland in Kavala, dann beim 1:0 zum Start der erfolgreichen WM-Qualifikation für Argentinien noch am Hartplatz von La Valetta, anschließend beim 3:1 gegen Israel in Tel Aviv.

Krankls Vorgänger hießen  Erich Hof und Erich Probst. Die Sportklub-Ikone  Hof sorgte 1960 für sechs Tore in vier Spielen zwischen Mai und Oktober: Zweimal beim 4:1 gegen Schottland, Siegestor zum 2:1 gegen Norwegen in Oslo, zweimal gegen den berühmten russischen Torhüter Lew Jaschin beim 3:1 im Praterstadion, einmal beim 3:0 gegen Spanien. Probst sorgte 1954 zwischen Mai und Juli für acht Tore in fünf Spielen hintereinander: Zweimal zum 5:0 gegen Norwegen, Siegestreffer zum 1:0 gegen Schottland, Hattrick beim 5:0 gegen Tschechien,  je einmal beim 7:5 gegen die Schweiz und dem 1:6-Debakel gegen Deutschland. Die letzten vier Partien  gehörten zu Österreichs bisher erfolgreichster WM.

Schaub schoss sich daher Dienstag in die Geschichtsbücher von Österreichs Team. Die sonstigen Erkenntnisse beim Debüt von Teamchef Foda, das auch ehemalige Mitspieler aus der Jahrhundertmannschaft von Sturm Graz wie  Ivica Vastic und Markus Schopp live vor Ort verfolgten? Nicht nur Schaub, auch Alessandro Schöpf und Valentino Lazaro sorgten nach ihren Eintausch in der letzten Viertelstunde für eine Steigerung der Mannschaft. Ebenso wie Foda in der Pause mit dem Wechsel des Systems von 4-4-2 auf 4-2-3-1. Das ist die Flexibilität, die er predigt. Aber trotzdem  gab´s zu viele, bei denen auf grosse Worte zu wenige Taten folgten. Stichwort Marko Arnautovic. Und es gibt eigentlich wie erwartet noch viel zu verbessern.

Es beginnt nach Heinz Lindners Fehler beim Tor von Uruguay, der schnellen Antwort auf Österreichs rasche Führung durch eine gelungene Aktion der Ex-Rapidler Kainz, Guido Burgstaller und  Marcel Sabitzer,  mit der Tormannposition. Dann sollten im Abwehrzentrum im Interesse der Spieleröffnung je ein Rechts-und Linksfuss spielen. Mit zwei „Rechten“ fehlte eigentlich komplett die Spielverlagerung.  Manche Fehler von Kevin Danso  hatten etwas von Slapstick an sich, erinnerten an verunglückte Auftritte  des Austrianers Mohammed Kadiri an gleicher Stelle.  Zum Glück besserte Aleksandar Dragovic nach seinem einzigen schweren Patzer vor der Pause wieder vieles aus. Das Comeback von Andreas Ulmer verdrängte nicht die „Sehnsucht“ nach David Alaba als linker Verteidiger in seiner aktuellen Bayern-Form. Das würde am meisten helfen. Wenn Stefan Ilsanker nächstes Jahr wieder fit ist, wäre er sicher in der Lage, im zentralen Mittelfeld für mehr Power zu sorgen als  Florian Grillitsch.

Bei allen guten Ansätzen, von denen Foda sprach, erkannte er auch vieles, was verbessert gehört. Aber dazu hat er 2018 noch ein halbes Jahr Zeit, ehe es mit der Nations League ernst wird. Damit sich das Team nach Schlusspfiff auch dann in  neuer Gratulationsformation zu Siegen beglückwünschen kann so wie  am Dienstag. Davor will sich  Foda im Frühjahr  bei den Test nur mit den Besten messen. Abwarten, wie sehr  Österreich bei WM-Teilnehmern als Sparringspartner gefragt sein wird.

 

 

 

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