Fußball

In Polsters Wohnzimmer erwartet Alaba die echte Hölle

Viertelfinale in Champions und Europa League von Dienstag bis Donnerstag. In drei der acht Partien mit österreichischer Beteiligung: Dienstag Abend David Alaba mit Bayern München beim FC Sevilla, dem Bezwinger von Manchester United, Donnerstag in der Europa League Meister Red Bull Salzburg in Rom gegen Lazio, RB Leipzig daheim mit Ralph Hasenhüttl, Konrad Laimer, Marcel Sabitzer und vielleicht Stefan Ilsanker gegen Olympique Marseille. Bei Sevilla sprachen anfangs viele von einem Glückslos für Bayern, was Alaba nie so sah: Eine Mannschaft, die dreimal von 2014 bis 2016 die Europa League gewann,  in den Endspielen gegen Benfica Lissabon, Dnipropetwosk und den FC Liverpool den Hattrick schaffte, muss  so viel Qualität haben, um weit vom Glückslos  entfernt zu sein. Der 2:1-Sieg über Manchester United in Old Trafford zum erstmaligen Aufstieg unter die letzten acht der Königsklasse sagte schon genug.

Letzten Samstag dann noch ein Beweis für Alabas realistische Einschätzung: Sevilla führte daheim gegen den FC Barcelona bis zur 88.Minute 2:0, hätte dem überlegenen Tabellenführer beinahe die erste Saisonniederlage in der La Liga zugefügt. Die verhinderte danach Luis Suarez und der in der 58. Minute eingewechselte Lionel Messi: „Wir müssen auf einiges gefasst sein“ wusste Alaba. Die Hürde am Weg nach Kiew zum erhofften Endspiel am 26. Mai ist für ihn und seinen Freund Franck Ribery (Bild oben) sehr hoch. Bei der 6:0-Gala gegen Borussia Dortmund am letzten Samstag blieb Alaba zur Pause in der Kabine, weil das Sprunggelenk nach einem Foul von Michy Batshuayi schmerzte. Aber der Einsatz in Sevilla steht nicht in Frage.

„Es wird sich zeigen, ob wir so gut sind, wie uns alle sehen“, unkte Trainer Jupp Heynckes, der auf Grund seiner Spanien-Erfahrungen bei Bilbao, Teneriffa und Real Madrid schon einschätzen kann, wozu der FC Sevilla fähig ist. Vielen hatten den Bayern im Achtelfinale gegen Besiktas in Istanbul die Hölle prophezeit. Die aber nach dem 5:0-Kantersieg im Münchner Hinspiel nur lauwarm war. Die echte Hölle wird es für Alaba & Co erst im Estadio Ramon Sanchez Pizjuan, das rappelvoll sein wird. Das war zwischen 1988 und 1991 das Wohnzimmer für Alabas Landsmann Toni Polster, in dem er die Mehrzahl seiner 55 Tore für den FC Sevilla erzielte. 1989/90 belegte er in Spaniens Torschützenliste mit 33 Treffern hinter Real Madrids Mexikaner Hugo Sanchez Platz zwei. Auch zu Polsters Zeiten sangen vor dem Anpfiff die Fans das Vereinslied, holten sich damit die Emotionen, um eine beeindruckende Atmosphäre zu schaffen. Aber seit 2005 ist da noch mehr Leidenschaft dabei. Bei der Sevilla-Hymne „Himno del Centenario“, die seit der 100-Jahr-Feier 2005 vor jedem Spiel zelebriert wird, für die der Klub 2006 eine Goldene Schallplatte verliehen bekam. Dienstag werden  sie 40.000 Sevilla-Fans singen. Unter Tränen. Kaum ein Stadion bringt mehr Dampf hinter seine Speiler als das Sanchez Pizjuan. In einer heißblütigen Stadt, in der Stierkampf nicht nur stattfindet, sondern auch fast gelebt wird. Um die Osterzeit ist es am emotionellsten. Durch die vielen Osterprozessionen in Sevilla, wo Legionen von Kapuzenträgern unter dumpfen Trommelschlägen und mit rasselnden Ketten durch die Straßen marschieren und sich geißeln.

Drama pur! In diese fast religiös-fanatische Stimmung tauchte Bayern bei der Ankunft am Ostermontag ein. Heynckes wusste, wovon er redete. Sevilla hat das Potenzial, um Bayern in Verlegenheit zu bringen, obwohl Dienstag mit dem Argentinier Enver Baneja ein wichtiger Mittelfeldlenker gesperrt ist: Der Däne Simon Kjaer und Kapitän Sergio Escudero, der  von 2010 bis 2013 bei Schalke gespielt hatte, machen die Abwehr dicht. Im Mittelfeld gilt der nach vier England-Jahre bei Manchester City heimgekehrte Jesus Navas, 2010 in Südafrika Weltmeister mit Spanien,  als andalusischer Wirbelwind und Vorbereiter, der eine ganze Abwehr auseinandernehmen kann, der Franzose  Steven N´Zonzi als Taktgeber. Acht der bisherigen 14 Tore Sevillas in dieser Champions League erzielte sein Landsmann Wissam Ben Yedder. Zwei davon als Joker in Manchester. Samstag gegen Barcelona stand der 27jährige wieder nicht in der Startelf seines italienischen Trainers Vincenzo Montella. Der setzt mehr auf den Kolumbianer Luis Muriel, der  gegen Barcelona für die 2:0-Führung sorgte.

„Bei uns gibt es keine Topstars wie es bei Bayern Robert Lewandowski und viele andere sind. Jeder bei uns hat aber ein ausgeprägtes Wettbewerbs-Gen. Wenn es um etwas geht, sind wir noch mal motivierter. Wir leben vom Miteinander, da rennt jeder gerne bis zur letzten Sekunde für den anderen“, erklärte Escudero. So will man den Bayern zusetzen. Auf seinen Superstar setzt hingegen Titelverteidiger Real Madrid bei der Wiederholung des Vorjahresfinals gegen Juventus. Cristiano Ronaldo soll Dienstag in Turin seinen bisher 117 Toren in der Champions League mindestens noch eines hinzufügen. Bisher bezwang der Portugiese in fünf Spielen gegen Juventus siebenmal die 40jährige Tormannlegende Gianluigi Buffon. Zweimal beim 4:1 im letzten Endspiel in Cardiff.

Meist gelesen

Nach oben