Eishockey

Kiew wie Belo Horizonte: Wie schaffte das Bader? Vanek gratulierte

Seit Donnerstag jubeln Österreichs Eishockeydamen, erstmals zu den Top Ten der Weltrangliste zu gehören. Seit Freitag redet aber alles nur über die Herren, wie eindrucksvoll die in Kiew nach zweijähriger Pause in die Gruppe A zurückkehrten. Sie verwandelten die ukrainische Hauptstadt in das Belo Horizonte des Eishockeys. Dort hatte vor drei Jahren Deutschland im Semifinale der  Fussball-WM Brasilien mit dem unglaublichen Ergebnis von 7:1 abgefertigt, in Kiew gab es mit Österreichs 11:0 (3:0, 4:0, 4:0) gegen Polen ein unglaubliches Eishockeyresultat. Verbandsboss Gernot Mittendorfer war nur in den ersten zwei Spielen in Kiew.  Wäre er noch Freitag dort gewesen, hätte er diesmal mit den Fans Polonaise  tanzen können. Was in Riga  bei der völlig verpatzten Olympiaqualifikation nach dem bedeutungslosen Sieg gegen Japan noch Anlass für berechtigte Kritik war, wäre in Kiew völlig gerechtfertigt  gewesen.

Denn man zog aus dem Desaster unter Alpo Suhonen die richtigen Konsequenzen, in dem man  Roger Bader die Chance gab. Das große Vertrauen in den Schweizer war zwar nicht da, man engagierte den Ausbildungschef sozusagen nur auf Probe für die Euro Challenge in Budapest. Weil im Herbst  der Neubeginn mit jungen Spielern  durchaus erfolgversprechend ausfiel, durfte er bis Saisonende bleiben. Die Entwicklung des Teams spricht für die Qualitäten des 52jährigen Schweizers, der eine klare Linie fuhr, die Spieler so kontaktierte, wie sie es in den Jahren zuvor nie erlebten. In der Person von Bader zeigten sich auch die Vorzüge eines hauptamtlichen Teamchefs: Er kann sich auf die Belange der Nationalmannschaft konzentrieren, ist von Beginn an in der Vorbereitung dabei, stösst nicht wie die Vorgänger erst  dazu, wenn sein Job beim Verein erledigt ist.  Das Resultat: Die Mannschaft wirkte top vorbereitet und fitter als die Konkurrenz. So steigerte sie sich von Match zu Match, zerlegte die Polen beim höchsten Sieg seit 91 Jahren in alle Bestandteile. Jene Polen, gegen die Österreich ein Jahr zuvor in Kattowitz kein Tor erzielte, mit dem 0:1 praktisch den Aufstieg verspielte.

Jetzt schaffte es Österreich, ohne dass ein Spieler vom Meister Vienna Capitals nur eine Sekunde zum Einsatz kam. Trotz acht Ausfällen, unter anderem Manuel und  Stefan Geier, Raphael Herburger und  Michael Raffl, trotz Verletzungen wichtiger Spieler wie Kapitän Thomas Raffl und Verteidiger Stefan Ulmer während der WM: „Man kann auf jeden stolz sein, wie er sich hier präsentierte“.  Man wusste, dass Tormann Bernhard Starkbaum der Schlüssel zum Aufstieg ist, aber dreimal hintereinander  zu null zu spielen (1:0 ggen Ukraine, 5:0 gegen Südkorea, 11:0 gegen Polen) , gelang dem 31jährigen Wiener bei einer WM auch noch nie. 133 von 137 Schüssen abgewehrt,  das ist ein Percentage von 97,81%! Das nennt man einen Rückhalt für ein Team, das mit den Verteidigern Dominique Heinrch und Steven  Strong sowie den Stürmern Raffl, Konstantin Komarek (der nächste Saison wieder in Schweden spielen wird, allerdings bei Karlskrona), Brian Lebler,  Lukas Haudum, Fabio Hofer, Martin Ulmer und Daniel Woger neun Torschützen hatte.  Einige haben eine beeinruckende Plus/Minus-Bilanz: Lebler + 16, Heinrich + 12, Haudum und Raffl + 11, Komarek + 10. Verteidiger Martin Schumnig kam auf sechs Assists!

Wie schafft  Bader, dem Thomas Vanek aus Minnesota per SMS zur starken Leistung gratulierte, das alles? Er vertraut vor allem zum Unterschied von den Verein auf junge Österreicher. Bestes Beispiel : Der 21jährige Verteidiger Erik Kirchschläger. In Linz das fünfte Rad am Wagen, im Team als einer von acht WM-Debütanten ohne Fehl und Tadel. Bader meinte schon vor der WM, er würde mit seinen Assistenten Gregor Baumgartner und Markus Peintner sowie Tormanntrainer Reinhard Divis alles nochmals so machen wie in den vier Wochen der Vorbereitung. Sie müssen  alles gut gemacht haben: „Ich wollte als Gruppensieger aufsteigen, Gott sei Dank ist es gelungen. Aber so ein Ergebnis war nie zu erwarten“, gestand Bader.

Groß war das Hallo nachher in der Kabine, als er mit einem Filzstift auf einem an der Wand angebrachten  Poster  einen Formel-1-Kurs abfuhr und das Ziel durchquerte. Bader hatte den Grand Prix von Kiew ausgerufen, für  ein Auto mit den Fotos aller Spieler.  Die erste Etappe gegen Kasachstan gelang nicht, aber dann ging es immer vorwärts. Freitag durch das Ziel mit insgesamt  22:4-Toren. Österreich war der Mercedes beim GP von Kiew!

Die Vorbereitung auf die A-WM 2018 in Dänemark wird für Bader  durch den späteren Termin leichter, obwohl in der Liga wahrscheinlich die Österreicher nicht mehr Eiszeit bekommen werden als bisher.  Wahrscheinlich wird er auch unter mehr Teamkandidaten wählen können. Aber das  wichtigste wird sein, dass der Teamgeist von Kiew  mitgenommen wird. Der kann auch unter den besten 16 der Welt Berge versetzen: „Wir wollen einige Zeit oben bleiben“, bemerkte der Linzer Stürmer Fabio Hofer. Wie eine A-Nation spielte Österreich bereits bei den letzten zwei Siegen. Bader möchte zwar nicht gerne mit seinem Landsmann aus dem Fussball, Marcel Koller, vergleichen werden. Aber er steht  mit seinem Team  jetzt ungefähr dort, wo Koller mit seinem nach der erfolgreichen Qualifikation für die EURO stand. Abwarten, ob es bei den Eishockeyspielern besser weiter geht.

 

 

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